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Der Tempelmord

Der Tempelmord

Titel: Der Tempelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mich, die Gesandte des Ptolemaios, abgewiesen hast, dann wird er dir den Kopf vor deine Füße legen lassen. Ich bin nicht den weiten Weg von Ephesos gekommen, um mich von dir aufhalten zu lassen. Glaube mir, ich werde einen Weg finden, um den Magister equitum zu sprechen. Nenn mir deinen Namen, Soldat. Der Feldherr soll wissen, wer mich aufgehalten hat.«
    Der Mann kratzte sich unbehaglich hinter dem Kinnriemen seines Helms, ganz so, als fühle er bereits das Schwert des Henkers an seinem Hals. Dann lächelte er verlegen. »Ich denke, der wachhabende Centurio soll entscheiden, ob Ihr vorgelassen werdet. Ich werde ihn holen.« Er drehte sich zu einem Mann um, der ein Stück weiter im Schatten einer Palme saß.
    »Marius! Bring den Gesandten frisches Wasser und kümmere dich um ihre Reittiere!« Der Legionär nickte Samu noch einmal kurz zu und entfernte sich dann eilig.
    Samu ließ ihr Kamel niederknien und sprang ungelenk aus dem Sattel. Sie hatte schon für Pferde nicht viel übrig, doch Kamele waren noch erheblich unkomfortablere Reittiere. Um richtig im Sattel sitzen zu können, hatte sie ihr Chitonion bis weit über die Knie raffen müssen.
    Sie nahm die kleine, lederne Tasche vom Sattelhorn, in der die drei Schrifttafeln verwahrt waren, die ihr Haritat vor der Abreise gegeben hatte. Sie stammten aus dem Archiv Elagabals. Der Beduine hatte die Tafeln von Hophra mit der Anweisung bekommen, er solle sie an die Priesterin aushändigen, sobald sie Jerusalem erreichten. Es handelte sich um die Frachtliste des Schiffes, das unter dem Kommando von Oiagros nach Ephesos gesegelt war. Auf ihr waren all jene Geschenke verzeichnet, die man an den Hof des Ptolemaios gebracht hatte. Doch wichtiger noch war der Name, der auf den Tafeln stand. Der Name des Mannes, der das Schiff von Elagabal gemietet hatte. Es war der gleiche Name, den Haritat ihr genannt hatte, als sie zum Abschied nach dem Mann fragte, der die Luxusartikel aus Ägypten hatte kommen lassen.
    Der Soldat, der davongeeilt war, um seinen Centurio zu holen, kehrte mit einem bulligen, rotgesichtigen Krieger an seiner Seite zurück. Schnaufend blieb der Kerl vor Samu stehen.
    »Du behauptest also, eine Gesandte des Königs Ptolemaios zu sein?« Der Offizier musterte sie eingehend. »Ich habe schon ägyptische Hofdamen gesehen. Für mich hast du nicht sehr viel Ähnlichkeit mit ihnen. Aber wenn man dich wäscht, magst du vielleicht ganz ansehnlich sein. Mach dich daraufgefaßt, daß, wenn du dir hier einen Spaß erlaubst, der Praefectus equitum ein Mann ist, der sich herausnehmen könnte, auch seinen Spaß mit dir zu haben.« Der Centurio lächelte anzüglich und wischte sich mit dem Arm über das verschwitzte Gesicht.
    Samu nickte ihm zu und erwiderte sein Lächeln. »Dann hoffen wir, daß auch du deinen Spaß haben wirst, nachdem ich Marcus Antonius erzählt habe, auf welche Weise du mich empfangen hast.« Die Priesterin drehte sich um und nickte dem Beduinen, der sie begleitet hatte, kurz zu. »Du kannst jetzt zu Haritat zurückkehren und ihm sagen, daß ich den Fluch von ihm genommen habe.« Dann folgte sie dem römischen Offizier in das Lager.
    Die Legionäre hatten ihr Nachtlager nahe der Küstenstraße um einen Brunnen herum gebaut. Es war von einem hüfttiefen Graben umgeben und zusätzlich durch einen niedrigen Erdwall geschützt, der von einer Holzpalisade gekrönt wurde.
    Ein Teil der Legionäre war noch damit beschäftigt, Zelte aufzuschlagen. Der Duft von frisch gebackenem Brot lag in der Luft. Einige großgewachsene, blonde Reiter striegelten ihre Pferde. Sie verfolgten Samu mit Blicken und machten Späße in einer Sprache, die die Priesterin nicht verstand, doch war sie sicher, daß diese Barbaren sich nicht daran störten, daß sie zerzaust und ungewaschen war.
    Die Priesterin folgte dem Centurio auf einer Straße, die durch die Mitte des Lagers direkt zum Praetorium führte. Dort war ein großes Zelt aus rot gefärbtem Leder aufgeschlagen, vor dem ein Trupp fremdländischer Soldaten mit struppigen, rotblonden Schnauzbärten auf Wache stand.
    »Warte hier«, brummte der Centurio und bedachte sie mit einem hämischen Blick. »Ich will sehen, ob der Praefectus equitum Zeit für dich hat.« Der Offizier grüßte die Wachen und verschwand dann im Zelt.
    Es verging eine ganze Weile, bis er in Begleitung eines jungen Soldaten wieder heraustrat. Fast hätte Samu in ihm nicht mehr den Mann wiedererkannt, von dem sie sich vor mehr als einem halben Jahr im Hafen

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