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Der Tempelmord

Der Tempelmord

Titel: Der Tempelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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angelangt, legte er seine Last auf den gepflasterten Boden und löste die Lederschnüre, mit denen die Decken umschlungen war. Dann rollte er sie aus, und sechs gut eingefettete Kurzschwerter kamen zum Vorschein. Philippos nahm eine der Waffen und wog sie prüfend in der Hand. Das Schwert war gut ausbalanciert. Seine Klinge war so lang wie sein Unterarm und etwas weniger als drei Finger breit. Das letzte Drittel des Stichblatts verjüngte sich langsam zu einer schlanken Spitze. Beide Seiten der Schwertklinge waren scharf geschliffen. Am Ende des lederumwickelten Griffs saß ein schwerer, kugelförmiger Bronzeknauf, der als Gegengewicht diente und dafür sorgte, daß die Waffe nicht kopflastig war.
    Philippos vollführte mit dem Schwert einige Schläge in die Luft und trat dann ein wenig zurück. »Ich habe meine Wahl getroffen. Such du dir nun die Waffe aus, die dich in deinen Tod begleiten soll.«
    Der Söldner lachte laut. »Wie ich sehe, bist du um Worte nicht verlegen, doch das allein wird dir nicht helfen.« Der Söldner gab dem Mann, der die Waffen gebracht hatte, ein Zeichen. Dieser rollte die Decke wieder auf und nahm die Schwerter mit. »Du gestattest, daß ich mit meinem eigenen Schwert kämpfe? Du weißt ja, Söldner sind eigen in solchen Dingen.«
    Hinter dem Krieger trat ein Sklave aus der Finsternis auf, der ein großes Schwert trug.
    Philippos traute seinen Augen kaum. Die Waffe seines Gegners war fast doppelt so lang wie sein Gladius. Der Arzt hatte von solchen Schwertern schon gehört. Angeblich führten die Gallier solche Waffen. Tatsächlich gesehen hatte er aber noch nie ein Schwert von dieser Größe.
    »Eine ungewöhnliche Waffe. Gestattest du, daß ich sie mir näher ansehe?«
    »Warum nicht?« Der Söldner zog das Schwert aus seiner bronzebeschlagenen Scheide und reichte es Philippos. Die Spitze der Klinge war sehr kurz. Das Schwert war nur auf einer Seite geschliffen. Sein Griff war aus Horn geschnitten und wie Bienenwaben gemustert. Dicht unter dem Heft war der Schwertgriff eingekehlt, so daß der Zeigefinger von den übrigen Fingern der Hand getrennt war, wenn man die Waffe umschloß.
    Vorsichtig führte der Grieche zwei Schläge in die Luft. Das Schwert war sehr kopflastig. Eine reine Hiebwaffe, die ihre tödliche Wirkung durch ihr Gewicht und durch Schläge entfaltete, die aus der Schulter heraus geführt wurden.
    Philippos gab dem Söldner sein Schwert zurück. Wenn er gegen diese Klinge bestehen wollte, dann müßte er dicht an seinem Gegner bleiben. Jetzt wußte Philippos, warum in diesem Kampf keine Schilde zugelassen waren. So gewappnet, wäre es ein leichtes gewesen, den Söldner auszumanövrieren.
    »Eine prächtige Waffe.«
    Der Krieger nickte. »Ich habe sie von einem Parther, der sie nicht mehr braucht. Bist du bereit?«
    Philippos überlegte fieberhaft, ob es irgendeine Ausrede gab, mit der er den Beginn des Duells noch ein wenig hinauszögern konnte. Er wollte seinen Gegner studieren ... wissen, was für eine Art von Kämpfer er war, kühn, berechnend, impulsiv ... Der Grieche hatte nicht den geringsten Zweifel daran, in dem Mann einen erfahrenen Soldaten vor sich zu haben. Der Söldner hatte genau jene Art von Selbstbewußtsein, die aus Erfahrung im Töten resultierte. Wahrscheinlich hatte sein Gegner gerade in diesem Augenblick ganz ähnliche Gedanken wie er selbst und versuchte, sich ein Bild von ihm zu machen.
    »Nun?« Die Stimme seines Gegenüber klang überheblich, fast schon verächtlich. »Was ist mit dir, alter Mann? Ziehst du den schnellen Tod vor?«
    Philippos versuchte, halbwegs zuversichtlich zu lächeln. »Wenn du gestattest, möchte ich mich auf meine Art vorbereiten. Es dauert nur einen Augenblick. Dann können wir beginnen.«
    Der dunkelhäutige Söldner runzelte die Stirn, dann zuckte er mit den Schultern. »Ich sehe schon, du möchtest deinen Tod noch ein wenig hinausschieben. Mach deinen Frieden mit deinen Göttern und bereite dich darauf vor, schon in einer Stunde im Hades zu sein.«
    Der Arzt verzichtete auf eine Antwort. Statt dessen kniete er nieder und begann, die Riemen seiner Caligae zu lösen. Die mit Eisennägeln beschlagenen Sandalen hatten ihn durch ein halbes Dutzend römischer Provinzen getragen. Jetzt würden sie ihm vielleicht das Leben retten.
    »Was machst du da, alter Mann? Glaubst du, Charon wird dich freundlicher empfangen, wenn du mit nackten Füßen vor ihn trittst?«
    »Du wirst schon noch sehen, was ich hier mache, junger Mann.«

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