Der Teratologe (German Edition)
begegnen.
Langsam drehte er den Türknauf, während sein Herz wie rasend in der Brust hämmerte und sein Körper zitterte, als hätte man ihn zuerst in Eiswasser getaucht und dann an eine Steckdose angeschlossen. Bryant atmete tief durch, löste den Sicherheitsbolzen der 9-Millimeter-Beretta und wappnete sich für das Kommende, als mit einem gewaltigen Schlag das Holz der Tür zerbarst, ein Körper hindurchschoss und als dampfender Haufen im Flur landete. Bryant besah sich den Mann, der mit Blasen und Verbrennungen dritten Grades übersät war. Sein Penis ragte als schwarzer Stumpf in die Höhe und ähnelte mehr einem abgebrannten Streichholz als menschlichem Fleisch. Es handelte sich um Sato Masaaki.
»Böse. Es ist alles böse!«, verkündete der Buddhist durch aufgebrochene, verbrühte Lippen und starrte dabei wie gebannt in die weiße, lodernde Feuersbrunst im Inneren des Zimmers. Die Feuchtigkeit auf seiner Netzhaut kochte und brutzelte, aber es gelang ihm nicht, den Blick von dem gleißenden Licht abzuwenden. Bryant schattete seine Augen ab und betrat den Raum.
Es dauerte einen Moment, bis er überhaupt etwas erkennen konnte. Dann erspähte er Farrington, der Jubelschreie ausstieß und sich aufrappelte. Gleichzeitig schoss Sperma in einem ausdauernden Schwall aus seinem Steifen. Das Ejakulat badete das verzückte Antlitz des gelatinösen, missgestalteten Blobs von einer Frau, die unter ihm hockte. Ihr Gesicht war auf sein Geschlecht gerichtet, und sie streckte die Zunge aus, um seinen Samen wie bei einer verdrehten Heiligen Kommunion zu empfangen.
Farringtons Blick fixierte sich unterdessen auf eine Frau am anderen Ende des Zimmers. Von dort schien auch das geheimnisvolle Leuchten auszugehen. Ihr Körper sah aus, als hätte ihn jemand wie einen Spüllappen ausgewrungen. Ihre Gliedmaßen waren verdreht wie außer Kontrolle geratene Strohhalme. Aber sie gebar ein Wesen, das viel zu groß für ihre vaginale Öffnung war und sie in seinem Drängen regelrecht auseinanderriss. Es schien aus reinem Licht zu bestehen.
»Gott! Gott ist gekommen!«
Bryant hörte Farrington aufgeregt brabbeln.
Das – das kann nicht Gott sein. Auf keinen Fall würde Gott zulassen, dass jemand bei seinem Erscheinen entzweigerissen wird, dachte Bryant, als sich die Entität aus der bedauernswerten Sharon herauskämpfte und dabei den gewaltigen Abriss kauterisierte, den es aus ihrem Torso fetzte. Dabei zuckte es durch ihr Fleisch wie ein Taucher, der sich aus einem Neoprenanzug schälte und dabei dessen Inneres nach außen kehrte. Das Licht gleißte so strahlend, dass Bryant fühlen konnte, wie es seine Haut verbrannte.
Bryant war angesichts dieser Szene sprachlos vor Entsetzen. Er hatte nicht gewusst, was ihn erwartete, als er in das Zimmer stürmte, aber das hier warf ihn definitiv komplett aus der Bahn. Wie angewurzelt stand er auf der Stelle, die Beretta in seiner Hand zielte in einer resignierenden Geste auf den Boden. Die lodernde Phosphoreszenz nahm die gesamte Umgebung für sich ein. Wände, Decken und Böden – das gesamte Anwesen verschwand wie eine Fata Morgana und hinterließ ausschließlich Licht, so spektakulär und rein wie eine Supernova. Es war, als wäre die Sonne selbst vom Himmel herabgekommen, zu ihnen in dieses Zimmer. Bryant glotzte nur. Sein Verstand brach zusammen, weil die Logik ihren Dienst versagte. Er sah sich nicht in der Lage, etwas wegzudiskutieren, was sich nicht wegdiskutieren ließ.
(XVII)
Farrington stolperte vorwärts und stieß die fette Frau ohne Gliedmaßen achtlos zur Seite, als er auf das Licht zuschritt und ehrfürchtig auf die Knie sank. Das war es! Das war das, wofür er all diese Jahre so hart gearbeitet hatte. Endlich war Gott ihm erschienen. Zu ihm gekommen. Sein Kopf füllte sich mit einem Universum aus Farben, wie Sternenlicht, das ihn umspülte und in seinen Körper eindrang.
»Es ist so wunderschön! Mein Gott! Endlich! Du bist mir erschienen!«
Der Milliardär zitterte in absoluter Verzückung, als er seine Augen gegen das sengende, blendende Licht richtete und den Versuch unternahm, das Wesen in seinem Zentrum zu erkennen.
»ICH BIN ALLES! ICH BIN DIE GESAMTHEIT! ICH BIN DIE WAHRHEIT!« Die Stimme ließ die Wände erzittern und schien durch jedes einzelne Molekül zu vibrieren.
»Zeig dich! Lass mich einen Blick auf dich werfen!«, kreischte Farrington in orgiastischer Verklärung, während sich seine Tränenkanäle entleerten und Tränen der Freude seine Wangen
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