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Der Teufel in der Weihnachtsnacht

Titel: Der Teufel in der Weihnachtsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Lewinsky
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Mode, zu den Chancen der Fußball-Nationalmannschaft und zum Schutz der Delphine zu sagen hat, das erfahren Sie gleich nach dieser kurzen Unterbrechung. Bleiben Sie dran, ich zähl auf Sie!»
    Ein neuer Brecher aus Applaus und Getrampel schlug über dem Papst zusammen, eine fremde Frau tupfte ihm das Gesicht mit Puder ab, und der Teufel flüsterte ihm vorwurfsvoll ins Oh: «Sie müssen lockerer sein, viel lockerer!»
    «Aber …»
    «Ab und zu ein Scherzchen machen. Eine Anekdote erzählen. Vielleicht die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Tiere kommen immer gut an.»
    «Wo bin ich hier?»
    «Die erfolgreichste Talkshow des deutschenFernsehens. Manche Leute würden ihre Seele verkaufen, um hier sitzen zu dürfen. War nur ein Scherz.»
    «Ich kann doch als Nachfolger Petri nicht in einer solchen Sendung …»
    «Denken Sie an die Demographie! Talkshows werden erfahrungsgemäß gerade von Hausfrauen besonders gerne gesehen. Und das ist doch Ihr Stammpublikum.»
    «Keiner meiner Vorgänger hat jemals …»
    «Keiner Ihrer Vorgänger hatte die Möglichkeit dazu. Hier tut sich ein völlig neues Feld für Sie auf. Unbeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten! Stellen Sie sich zum Beispiel vor: eine tägliche Talkshow auf Radio Vatikan. Vom Papst persönlich moderiert! Ich hab auch schon einen schlagkräftigen Titel dafür: ‹Der Heilige Stuhl›.»
    «Ich werde niemals zulassen …», setzte der Papst an, aber da ertönte aus einem Lautsprecher die Durchsage: «Noch zehn Sekunden,noch fünf, vier, drei, zwei, eins», eine neue Applauswoge ließ ihn vergessen, was er hatte sagen wollen, und die gnadenlos freundliche Stimme, deren Ursprung er immer noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, verkündete: «Bevor ich unserem heutigen Stargast, dem Papst, einige intime Fragen stelle, möchte ich Ihnen zeigen, wie man es auch im Vatikan versteht, mit der Zeit zu gehen. Bühne frei für unsere kleine Modeschau!»
    Und dann trippelten sie herein, die Nonnen und Mönche, in Kutten aus Mohair und Hauben aus Alcantara. Ihre Sandalen hatten sie mit Pfennigabsätzen versehen und statt des Büßerstricks nietenbesetzte Gürtel umgeschnallt. In durchbrochenen Leggings und schwarzledernen Miniskirts stöckelten sie über den Laufsteg, mit den schwesterlichen Hüften schwingend, mit den brüderlichen Hintern wackelnd, und was das Allerschlimmste war: Auch Schwester Innocentia war dabei, seine Schwester Innocentia!Sie hatte sich die Lippen rot geschminkt und den kleinen Schnurrbart entfernen lassen, sie blinzelte unter künstlichen Wimpern hervor ins Publikum, sie warf Kusshände und Kuchenstücke in die Menge, und der Papst schrie auf und wollte sich aus seinem Designersessel herauskämpfen, aber der hatte sich in ein Federbett verwandelt, ein Federbett, das seltsamerweise nach Marzipan und Bittermandeln duftete, und als der Papst es endlich, endlich geschafft hatte, sich zu befreien, da stand schon wieder der Teufel vor seinem Bett, hatte eine Fernbedienung in der Hand und sagte: «Ist nicht weiter schlimm, wenn Ihnen das nicht gefällt. Das Fernsehen bietet noch ganz andere Möglichkeiten.»
    Der kleine Altar mit dem Madonnenporträt, das, wie ihm der Kurator der vatikanischen Museen glaubhaft versichert hatte, mit großer Wahrscheinlichkeit von Michelangelo persönlich stammte, war verschwunden. Die kostbare Bibelausgabe mit ihren handschriftlichen Randnotizen,die, da waren sich die Experten fast einig, die Handschrift des heiligen Ignatius von Loyola aufwiesen, lag nicht mehr da. Auf dem antiken Spitzentuch, dem Geschenk einer belgischen Pilgergruppe, stand jetzt etwas ganz anderes: ein Fernsehapparat. Und über dessen Bildschirm flimmerte ein Werbespot.
    Eine Frau, deren Gesicht tiefste Konzentration auf eine schwierige Aufgabe ausdrückte, schob einen Einkaufswagen vor sich her. Die unendlich langen, vom Boden bis zur Decke mit Waschmittelpaketen der verschiedensten Hersteller gefüllten Regale, die links und rechts ihren Weg säumten, schienen sich bis in die Ewigkeit fortzusetzen. Die Frau griff hier nach einer Packung, nahm dort einen Weichspüler heraus und stellte die Produkte jedes Mal wieder kopfschüttelnd und seufzend an ihren Platz zurück. Sie verglich Megapearls mit Superkonzentrat, wog Farbverstärker gegen Weichmacherwirkstoffe ab, prüfte, überlegte, zögerte. Ihre Haare zeigtenschon die ersten grauen Strähnen und ihr Gesicht die ersten Falten, aber noch immer konnte sie sich nicht entscheiden. Immer kleiner wurde

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