Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
hinabläuft. „Mach dir um mich keine Sorgen.“
„Es ist eiskalt da draußen“, sagte Erik.
„Wir haben genug Benzin.“
Erik ließ den Blick noch einmal durch den Keller schweifen. Dann nahm er die Lampe vom Tisch. „Gehen wir.“
Kapitel 5 0
Sie erklommen die Kellertreppe und durchquerten die Eingangshalle. „Einen Augenblick!“, rief Erik und rannte die Treppe nach oben ins Zimmer des Pfarrers. Er durchwühlte das Nachtkästchen neben dem Bett, und kurze Zeit später fand er, wonach er gesucht hatte. Seine Finger schlossen sich um den Knauf der Pistole. Er zog sie heraus und betrachtete sie für einen Moment. Die Initialen CP hoben sich im Schein der Lampe schwarz vom Metall der Waffe ab. Erik zog das Magazin heraus und vergewisserte sich, dass die Pistole geladen war. „Danke, Cornelius“, murmelte er. Dann sprang er die Stufen nach unten und schloss zu den anderen auf. Die Stille dröhnte laut in seinen Ohren. Erst als sie die Tür fast erreicht hatten, wurde ihm bewusst, dass sämtliche Uhren im Pfarrhaus verstummt waren.
Sie stürzten hinaus in die Dunkelheit und das Schneetreiben. Der Sturm schlug ihnen entgegen, als versuchte er, sie zurück ins Pfarrhaus zu drängen, zurück in den Keller und in die Dunkelheit ihrer Zelle. Sie stemmten sich mit aller Macht gegen die Windböen und bahnten sich einen Weg durch den hüfthohen Schnee. Das Gewitter war weitergezogen. In der Ferne zuckten Blitze über den Himmel und erleuchteten die Bäuche der dunklen Wolken wie zitternde Suchscheinwerfer. Der Pfarrhof lag verlassen vor ihnen.
Erik spürte Gutenbergs Hand auf seiner Schulter. „Was haben Sie da oben gemacht?“
Erik zeigte ihm die Pistole. Gutenberg nickte. „Warten Sie hier.“ Er lief auf das Gästehaus zu. Ohne Dach wirkte es klein und schutzlos. Als er es fast erreicht hatte, brauste eine heftige Sturmböe über den Pfarrhof. Die vordere Wand des Gästehauses löste sich krachend aus ihrer Verankerung, neigte sich nach vorn und stürzte mit einem dumpfen Aufprall in den Schnee. Eine weiße Wolke explodierte in den Himmel und stob über den Pfarrhof. Gutenberg rannte über die umgestürzte Wand ins Gästehaus. Er zerrte seinen und Wagners Rucksack ins Freie und wühlte darin herum. Schließlich zog er zwei Pistolen hervor und reichte eine davon Wagner. „Das hier wird helfen, wo Worte versagen.“ Wagner steckte die Pistole in seine Manteltasche. Er verzog das Gesicht. „Worte werden versagen, soviel ist sicher.“
Nachdem Gutenberg sich seinen Rucksack umgeschnallt hatte, liefen sie los. Mit jedem Schritt versanken sie so tief im Schnee, dass es Erik schien, als sei der feste Boden darunter verschwunden. Die Anstrengung brachte sie zum Keuchen. Erik konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzten. Er hatte das Gefühl, als wollte der Schnee ihn hinunterziehen in eine dunkle Tiefe, in der nur die Kälte wohnte. Erik streckte die Petroleumlampe mit steifen Fingern von sich. Ihr Lichtkegel tanzte über den Schnee und schnitt einen kleinen hellen Kreis aus der endlosen weißen Fläche vor ihnen und die Dunkelheit, die darüber lag.
Bald waren das Dorf und der Pfarrhof, die Überreste des Gästehauses und der vom Blitz gespaltene Kirchturm hinter ihnen in der Finsternis verschwunden. An seiner rechten Hand führte Erik Marie, und Marie führte Albert. Wagner stützte sich auf Gutenbergs Schulter und quälte sich unter Schmerzen vorwärts.
Auf der Straße ins Tal hinunter folgten sie den Spuren, die andere vor ihnen in den Tiefschnee gepflügt hatten. Der Sturm schleuderte ihnen Schnee und Eiskristalle ins Gesicht und hüllte ihre Mäntel in eine weiße Eiskruste, die von Minute zu Minute dicker und schwerer wurde.
„Den Spuren nach sind es vier!“, schrie Gutenberg über das Heulen des Sturms hinweg.
„Es könnten auch mehr sein“, keuchte Erik.
„Angerer, die Wirtschafterin und dieses schreckliche kleine Weib. Wer noch?“, rief Gutenberg.
„Was ist mit dem Pfarrer?“, fragte Marie.
„Er ist tot!“, schrie Erik. „Aber wo sind all die anderen? Wo sind sie hin?“
„Wir werden sehen“, keuchte Gutenberg.
Sie ließen die Abzweigung zum alten Bergarbeiterdorf hinter sich und hasteten weiter durch die Nacht. Windböen fuhren mit solcher Gewalt in die Schneise zwischen den Tannen, dass sie mit aller Kraft dagegen ankämpfen mussten. Die Stoffschichten ihrer Kleidung konnten der Kälte nichts mehr entgegensetzen. Sie kroch darunter und entzog ihren
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