Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
näherten sich Schritte. Erik trat schwankend an die Tür.
Die Schritte wurden lauter und verstummten schließlich direkt vor der Zelle. Erik drückte sein Gesicht an die Öffnung in der Tür und blickte hinaus auf den Gang. Der Keller lag verlassen vor ihm. Auf dem Tisch an der gegenüberliegenden Wand brannte eine Petroleumlampe. Erik hielt den Atem an.
Eine Stimme erklang vor der Tür. Sie war leise und sanft, und dennoch klang sie, als wäre sie direkt in seinem Kopf.
„Herr Strauss“, sagte die Stimme. „In was für eine unangenehme Situation Sie sich gebracht haben.“
Erik presste sein Gesicht gegen das Gitter. Kein Mensch war zu sehen. Dabei klang die Stimme so nah. „Wer ist da?“
„Spielt das denn eine Rolle?“
„Wrede, sind Sie das?“
Die Stimme antwortete nicht.
Erik spürte eine Bewegung an seiner Seite. Gutenberg war neben ihn getreten und sah ihn seltsam an. „Wer ist da draußen?“, fragte er leise.
Erik schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.“
„Es ist ein Jammer“, sagte die Stimme. „Es ist ein Jammer, dass diese Menschen ein unschuldiges Kind töten wollen. Jetzt, in diesem Moment, während wir miteinander sprechen.“
„Was haben sie vor? Wo bringen sie es hin?“, keuchte Erik.
„Sie bringen es auf den Gletscher. Sie werden das Kind in eine Spalte schleudern, die sie den großen Graben nennen. Sie werden es dem Gletscher opfern. Schon viele Kinder sind diesen Weg gegangen.“
Erik drehte sich zu Gutenberg um. „Wir müssen das Kind retten!“, flüsterte er.
„Aha.“ Gutenberg nickte langsam.
„Angesichts Ihrer momentanen Situation werden Sie nicht allzu viel ausric hten können“, sagte die Stimme.
„Dann holen Sie uns endlich hier raus, verdammt!“, schrie Erik und schlug gegen die Tür.
„Sie hier herausholen?“ Die Stimme schwieg für einen Moment. „Sind Sie sicher, dass Sie dem gewachsen sind?“
„Natürlich sind wir sicher!“, schrie Erik.
„Ich fürchte nur, dass Sie noch nicht bereit sind, bis zum Äußersten zu gehen, Herr Strauss. Sie verhalten sich passiv, sind nicht bereit, sich auf Konfrontationen einzulassen. Vielleicht sind Sie hier drin am sichersten aufgehoben.“
„Blödsinn!“, zischte Erik. „Ich bin bereit. Jetzt bin ich es! Holen Sie uns hier raus!“
„Werden Sie das Kind retten?“
„Ja!“
„Werden Sie die bösen Menschen zur Rechenschaft ziehen?“
„Ja!“, schrie Erik, und in seinem Inneren fühlte er einen heulenden, tobenden Sturm aufziehen.
„Dann gehen Sie“, sagte die Stimme. „Und tun Sie, was Sie tun müssen. Sie können sie noch einholen.“
Metall schabte auf Metall. Ein lautes Klacken erklang, als die Tür entriegelt wurde. Erik warf Gutenberg einen Blick zu. Der Arzt rückte die Brille auf seiner Nas e zurecht. Seine Hand zitterte.
Erik drückte gegen die Tür, und sie schwang quietschend auf. Er trat hinaus auf den Gang. Der Keller war leer.
Gutenberg folgte ihm und packte ihn am Arm. „Wie haben Sie das gemacht? Mit wem zur Hölle haben Sie geredet?“
„Ich weiß es nicht.“ Erik sah Gutenberg benommen an. „Wir müssen das Kind retten.“
„Wovon sprechen Sie, Mann?“, rief Gutenberg.
„Sie bringen es auf den Gletscher.“
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Er hat es mir gesagt.“
„Wer?“
„Ich weiß nicht.“ Erik schluckte.
„Sie haben mit sich selbst geredet, Mann!“ Gutenberg packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. „Was in Gottes Namen geht hier vor? Wer hat diese Tür geöffnet?“
„Ich weiß es nicht!“, schrie Erik.
Marie erschien hinter ihnen im Eingang der Zelle. Wagner stützte sich auf ihre linke Schulter. An der anderen Hand führte sie Albert.
Erik nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. „Jetzt wird alles gut. Ich verspreche es.“
Er legte Gutenberg eine Hand auf den Arm. „Wir können sie noch einholen!“
Der Arzt schüttelte ungläubig den Kopf. „Wenn Sie es sagen.“ Dann sah er Erik herausfordernd an. „Worauf warten wir noch?“
„Wir kommen ein Stück weit mit und warten dann im Schneepflug auf euch“, keuchte Wagner. Er warf einen Blick auf Albert und Marie, und Marie nickte langsam. „Dort sind wir in Sicherheit. Sollte Gefahr drohen, können wir fliehen.“ Er schluckte. „Wir geben euch bis zum Morgengrauen. Wenn ihr bis Sonnenaufgang nicht zurück seid, fahren wir.“
„Hältst du so lange durch?“, fragte Gutenberg.
Wagner sog Luft ein, und es klang wie Wasser, das eine Regenrinne
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