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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Also spazieren wir einfach ins Dorf, schnappen uns den Schlitten und gondeln gemütlich ins Tal!“
    „Haben Sie einen besseren Vorschlag?“, schrie Erik.
    „Nein. Es klingt verrückt genug, dass wir es auf jeden Fall versuchen sollten! Aber, Herr Strauss, vergessen Sie endlich das Kind. Es geht um unser Leben!“
    Erik presste die Lippen aufeinander. „Es geht um weit mehr als das. Ich werde dieses Kind retten. Ich muss es tun! Und wenn Sie mir nicht dabei helfen, werde ich es alleine tun.“
    „Ich werde mit dir kommen“, sagte Marie.
    Er strich mit seinen von der Kälte gefühllosen Fingern über ihre Wange. „Nein, Marie. Geh mit Wagner. Bring dich in Sicherheit! Und pass auf Albert auf. Ich werde zurückkommen und dich holen. Bei Sonnenaufgang brechen wir auf ins Tal. Ich weiß, dass wir es schaffen werden. Ich weiß es!“
    Gutenberg legte eine Hand auf seine Schulter. „Haben Sie sich das gut überlegt? Was, wenn sie den Fußspuren folgen?“
    Erik schüttelte den Kopf. „Der Wind wird die Spuren verwischen. Der Schnee wird sie auslöschen.“
    Marie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. „Versprich mir, dass du zu uns zurückkommst. Und zu deinem Kind! Wir brauchen dich.“ Sie sah ihn flehend an.
    „Und ich brauche euch“, sagte er mit erstickter Stimme. „Ich verspreche, dass ich zurückkommen und euch holen werde.“ Er sah tief in ihre braunen, glänzenden Augen. „Ich verspreche es.“ Dann küsste er sie auf den Mund, und sie schmeckte so warm und weich und süß, dass er seine Lippen nie mehr von ihren lösen wollte. „Marie, ich liebe dich so sehr“, flüsterte er.
    Sie drückte ihn an sich. „Und ich liebe dich. Mehr als du ahnst. Komm zu mir zurück. Zu mir und zu deinem Kind.“ Sie löste sich widerstrebend von ihm.
    „Passen Sie auf sie auf“, sagte Erik zu Wagner. „Und wenn es sein muss, knallen Sie diese Irren einen nach dem anderen über den Haufen.“
    Wagner lächelte grimmig. „Verlassen Sie sich drauf.“
    Dann gingen sie. Mit der einen Hand stützte Marie Wagner, an der anderen führte sie Albert durch den Tiefschnee. Sie drehte sich ein letztes Mal um und bedachte Erik mit einem innigen Blick, der ihm das Herz zusammenschnürte. Bald war sie im dichten Schneetreiben verschwunden.
    Erik wandte sich Gutenberg zu. „Sie sind ja immer noch hier“, sagte er.
    „Ich bin immer noch hier. Und ich werde Ihnen helfen.“ Gutenberg sah ihn ernst an. „Im festen Glauben, das Richtige zu tun.“
    Erik nickte. „Danke, Doktor.“
    Gutenberg deutete auf die Gletscherzunge. Eriks Augen folgten der imaginären Linie, die Gutenbergs ausgestreckter Arm in die Luft schnitt. Zunächst konnte er nichts erkennen als Dunkelheit und Schneetreiben, doch dann fanden seine Augen einen winzigen, flackernden Lichtpunkt, der über den Rücken der Gletscherzunge tanzte.
    „Dort oben sind sie“, sagte Gutenberg. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Kapitel 51
     
    Sie hasteten durch den Tiefschnee, und sie schonten sich nicht. Der Speichel in ihren Mündern wurde sauer und trocknete aus. Blut rauschte donnernd durch ihre Arterien. Der Sturm zerrte an ihnen, doch sie trotzten ihm Meter um Meter an Boden ab. Direkt über dem Gletschertor stiegen sie auf die rechte Gletscherzunge auf. Unter ihnen verschwand der Schmelzwasserfluss tosend unter dem Eis. Hinter ihnen brannte der Schneepflug hell in der Nacht.
    Nachdem sie den steilsten Teil des Aufstiegs auf die Zunge hinter sich gebracht hatten, holte Wagner zwei Paar Schneeschuhe aus seinem Rucksack und reichte eines davon Erik. Als er Eriks fragenden Blick sah, sagte er: „Ich bereite mich gern vor, Herr Strauss. Und das gründlich.“
    Sie schnallten sich die Schneeschuhe um und liefen weiter. Der Weg führte steil bergauf. Die Schneeschuhe fühlten sich schwer und klobig an seinen Füßen an. Trotzdem hatte Erik das Gefühl, dass sie jetzt deutlich schneller vorankamen.
    Der Wind riss ihr Keuchen mit sich in die Finsternis, presste neuen, kalten Atem in ihre Lungen. Bald hatten sie die Baumgrenze unter sich zurückgelassen. Als Erik den Kopf hob, sah er über sich den Gipfel des Großen Kirchners aufragen, ein schwarzer Schattenriss vor den dunklen Wolken. Blitze zuckten in der Ferne auf, brannten den Umriss des Berges in seine Netzhaut. Und irgendwo in der Dunkelheit, Hunderte Meter vor ihnen, schwankte eine Lampe über den Gletschergrat wie ein Irrlicht. Erik glaubte, gebeugte Gestalten in ihrem Schein erkennen zu können, die sich

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