Der Teufel kommt raus: Kriminalroman
jemand, den ich dir vorstellen möchte«, sagt sie und zupft an meinem J.C.Penney-Sportjackett.
Ein niedergeschlagener Ausdruck huscht über Monicas hübsches Gesicht.
»Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Monica«, sage ich und trete langsam den Rückzug an. »Machen Sie’s gut.«
»Vielleicht treffen wir uns irgendwo mal wieder?«
»Nun, wie Sie wissen, arbeitet Darryl beim
Herald
«, sagt Camille spitzbübisch. »Wenn Sie ihn dort anrufen, können Sie sich vielleicht mal treffen.«
Monicas Miene hellt sich wieder auf. »Das würde ich sehr gerne«, sagt sie und sieht mich hoffnungsvoll an.
»Äh, ja, ähhhmmm, man weiß ja nie«, murmele ich, rudere hastig zurück und verfehle nur knapp einen Kellner mit einem Silbertablett voller Horsd’œuvres.
Zu diesem Zeitpunkt lacht Camille laut, was mir nicht mal auffällt. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, entsetzt zur Eingangstür zu sehen.
Cornelius Lawrence!
Was zum Teufel macht der denn hier?
Der Clarence Thomas des Journalismus schreitet erhaben in den Saal und schüttelt übertrieben freundlich Hände, als kandidiere er für ein öffentliches Amt. Ich weiß nicht, was ein größerer Schock ist – ihm hier in die Arme zu laufen, obwohl ich angeblich angeschlagen bin, oder ihn in Gesellschaft anderer Schwarzer zu erleben, statt ihm dabei zuzusehen, wie er irgendeinem weißen Redakteur in den Arsch kriecht.
»Wer hat den denn eingeladen?«, blaffe ich und drehe Cornelius den Rücken zu, der einen dunkelgrauen Anzug, schwarze Budapester und eine Hose mit leichtem Hochwasser trägt.
»Wen?«, fragt Camille und sieht sich um.
»Den da! Den großen, dicklichen Kerl im grauen Anzug.«
»Kenn ich nicht. Ich habe seine Begleiterin eingeladen, Stephanie Lawrence. Sie arbeitet im Büro des Bürgermeisters. Warum? Was hast du?«
Ich verstecke mich hinter Camille, um Cornelius zu entrinnen. Wenn die in der
Herald-
Redaktion erfahren, dass ich auf einer Party war, gehen sie davon aus, dass ich auch zur Arbeit hätte erscheinen können, statt krankzufeiern.
»Kann ich dir jetzt nicht erklären«, sage ich schnell. »Ich muss los. Tschau.«
Ich tauche in der Menge unter und schiebe mich in Richtung Tür, während Cornelius und seine Frau sich auf Camille zubewegen.
»Darryl! Darryl Billups!«, ruft jemand laut. Es ist Fredi Norment, die Unfallärztin, die mich heute Vormittag aus dem Krankenhaus entlassen hat.
Jetzt sieht Cornelius mit wissendem Grinsen zu mir rüber.
»Ich bin wirklich überrascht, Sie hier zu sehen«, sagt Dr. Norment. »Ich dachte, Sie wären zu Hause im Bett und schonen sich.«
»Das wäre
auf jeden Fall
schlauer gewesen«, antworte ich und gucke Cornelius böse an. »Ich fühle mich wirklich noch leicht angeschlagen, deshalb gehe ich jetzt nach Hause. Danke für alles, was Sie im Krankenhaus für mich getan haben.«
Bevor Dr. Norment antworten kann, bin ich zur Tür raus und fliehe zum Fahrstuhl.
Ich weiß genau, dass Cornelius es gar nicht abwarten kann, den hochnäsigen Darryl Billups zu verraten: ein drückebergerischer Querulant, wie er im Buche steht. Merriwether wäre über diese Information hocherfreut. Das könnte der letzte Nagel in dem kunstvollen Sarg sein, den er mit hundertprozentiger Sicherheit schon für mich zimmert. Als ich zu meinem Wagen auf dem Parkplatz komme, hat eine bange Ahnung die fröhliche Stimmung bei Camille vertrieben. Etwas Böses ist im Gange, und es hat es auf das NAACP und auf Sheldon Blumberg abgesehen. Und vielleicht auch auf Darryl Billups.
Da ich es auf der Heimfahrt überhaupt nicht eilig habe, in meine Loftwohnung zu kommen, erstrahlt jede Ampel, zu der ich komme, in loderndem Grün.
Diesmal werde ich weder den Briefkasten noch meinen Anrufbeantworter kontrollieren. Wenn ich nach oben komme, werde ich mir das Gesicht waschen, mir die Zähne putzen und mich bäuchlings aufs Bett plumpsen lassen.
Als ich den Schlüssel in der Tür zum Eingangsbereich umdrehe, fällt mir auf, dass sowohl die Pendellampe dort als auch das Licht auf dem Treppenabsatz im ersten Stock erloschen sind und das Innere des Gebäudes in tiefste Schwärze getaucht ist. Ich erinnere mich nicht, dass je beide Lichter gleichzeitig aus gewesen wären.
Die schwere Innentür schwingt wie immer mühelos in ihren gut geölten Angeln auf. Als ich langsam auf die hintere Wand zugehe, verstärkt die Dunkelheit jedes noch so kleine Geräusch. DieMünzen, die in meiner Hosentasche klimpern, klingen wie eine Massenkarambolage.
Ich
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