Der Teufel mit den blonden Haaren
wohin.“
Ich weiß es, dachte Sabine verzweifelt, sie ist oben in unserem Gästezimmer, ich brauchte jetzt Walther nur ein Wort zu sagen. Was würde er tun, wenn er wüßte, daß mein Vater dann erledigt ist. Du lieber Himmel, es gibt also wirklich eine Situation, wo man zwischen dem Verlobten und dem Vater wählen muß? Entweder den Verlobten anlügen oder den Vater ans Messer liefern?
„Und der Mantel?“ fragte Sabine.
Walther richtete sich auf.
„Der Mantel? Woher weißt du — ach ja, natürlich, ich habe dich ja am Telefon nach dem Modehaus Willig gefragt. Ja, in dem Wagen fanden wir einen todschicken Mantel von Willig. Morgen werde ich dort nachfragen, vielleicht haben die eine gute Kundenkartei, der Mantel ist Maßarbeit. Du läßt dort auch arbeiten, nicht?“
„Ja.“
„Was ist los mit dir? Heute keine Lust, Detektiv zu spielen?“
Soll ich es ihm sagen? Darf ich schweigen? Himmel, was soll ich nur...
„Und das andere Mädchen?“ fragte sie matt.
„Die Kleine? In Conega schrecklich verknallt. Ich muß vorsichtig sein, ihre Angabe kann Eifersucht sein, vielleicht hat diese Urban mit der ganzen Geschichte nichts anderes zu tun, als daß sie früher einmal die Freundin Conegas gewesen ist. Wenn ich die Urban hätte... sie ist der Schlüssel zu dieser ganzen Geschichte.“
Sie stand auf und trat ans Fenster, am tiefblauen Abendhimmel standen schon Sterne, der Föhn hatte sich gelegt, es wurde wieder kälter.
Sabine drehte sich um, goß sich ein Glas halb voll, trank es aus und sagte, sonderbar erregt:
„Du, Walther — eine Frage. Eine Gewissensfrage, sie fällt mir gerade so ein: was würdest du tun, wenn diese Gabriele Urban… wenn sie also meine Freundin wäre?“
Walther lächelte nachsichtig.
„Ich würde sie vernehmen, und wenn ich hinreichenden Verdacht hätte, würde ich sie in Untersuchungshaft nehmen.“
„Ja“, nickte Sabine nervös, „ja, natürlich. Aber angenommen, diese Gabriele wäre zu mir gekommen, hätte mich um Unterschlupf gebeten, und ich hätte es ihr nicht abgeschlagen — was würdest du dann tun?“
„Das gleiche, Liebling. Aber wozu diesen Quatsch, du würdest weder mit einer Urban befreundet sein, noch ihr Unterschlupf gewähren. Laß dir was Aufregenderes einfallen, mein Schatz.“
Sabines Wangen röteten sich. Sie goß sich und Walther noch einmal ein und fuhr fort:
„Ich weiß etwas noch Aufregenderes. Nimm einmal an, Papa hätte irgendwas getan, was nicht recht war, und wenn es herauskäme, würde es ihn seine Stellung kosten, und wenn nun diese Gabriele Urban davon etwas wüßte und wäre deshalb zu uns gekommen, und wir hätten sie bei uns versteckt, damit sie nichts gegen meinen Vater aussagen kann — was würdest du dann tun, wenn ich es dir sagte?“
Walther Scheurich beugte sich vor.
„Was ist los mit dir? Hast du Fieber? Deine Augen glänzen so merkwürdig? Regt dich das auf? Reden wir doch von etwas anderem.“
„Nein“, antwortete Sabine verbissen, „jetzt will ich von dir eine Antwort. Was würdest du tun? Würdest du schweigen, um meinen Vater zu schonen—oder würdest du Gaby—Gabriele festnehmen?“
Walther legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich.
„Kindchen, laß doch diesen Unsinn. Das führt doch zu nichts.“
Sie machte sich aus seiner Umarmung frei.
„Was würdest du tun? Würdest du Papa opfern, um einen Erfolg zu haben?“
„Blödsinn, es ginge da gar nicht um meinen Erfolg, sondern um Recht und Gerechtigkeit. Außerdem wäre dein Vater selbst der letzte, der da mitspielen würde. Ich müßte...“
„Versteh mich doch, Walther!“ rief sie. „Ich meine nicht Recht und Gerechtigkeit — ich will nur wissen, ob es für euch Juristen auch mal eine rein menschliche Entscheidung gibt. Du würdest also meinen Vater opfern — um des Rechtes willen?“
Er stand auf und lächelte.
„Würde ich, Liebling, würde ich eiskalt tun.“
Sabine wurde blaß, starrte ihn sekundenlang abwesend an, dann senkte sie den Kopf.
„Und du würdest damit auch unsere Verlobung aufs Spiel setzen? Ich könnte dich nicht mehr lieben, wenn du meinen Vater…“
Er beugte sich zu ihr hinunter, riß sie hoch und schüttelte sie.
„Jetzt ist aber Schluß mit diesem Irrsinn! Wach doch endlich auf! Zum Teufel, was soll das denn? Wenn dein Vater und du einer solchen Person helfen... natürlich würde ich sie festnehmen, und natürlich wäre mir das wichtiger als eine Verlobung... mit deinem Vater hätte ich keinen
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