Der Teufel mit den blonden Haaren
Reiz des Pokerspiels, den Reiz des großen Bluffs um hohen Einsatz. Ich passe nicht, noch nicht — einer von uns beiden wird verlieren — er oder ich?
Der Wagen hielt, Dr. Mercker stieg aus, kam auf Gabys Seite, öffnete die Tür.
Blaß ist sie, dachte er...
Blaß sieht er aus, dachte sie...
„Kommen Sie...“ Er räusperte sich, seine Stimme hatte keinen Ton, er streckte ihr die Hand hin. „Kommen Sie, Gaby — ich — ich habe Respekt vor Ihnen.“
Sie stieg aus, stand dicht vor ihm, so dicht, daß sie ihn fast berührte. Eine Sekunde lang schaute sie ihm ruhig in die Augen, dann sagte sie leise:
„Respekt? Schade, ich hatte gehofft, es sei mehr.“ Sie wandte sich ab und ging mit sicheren Schritten auf das große Tor zu. Als sie nach dem Türgriff faßte, spürte sie eine harte Hand an ihrem Arm... seine Hand!
„Gaby —“
Sie fühlte, daß sie gewonnen hatte. Langsam drehte sie sich um, schaute ihm in gleicher Höhe in die Augen, weil sie eine Stufe höher stand als er, und sah das aufgewühlte Gesicht eines Mannes, der bereit war zu kapitulieren, vor sich und der Welt, vor allem...
„Komm“, sagte er heiser. „Mein Gott bin ich froh, daß du mich nicht angelogen hast.“
Gaby vermied es, ihn anzuschauen, damit er den Triumph in ihrem Gesicht nicht lesen konnte. Er hat du zu mir gesagt... jetzt kann er nicht mehr zurück... ich habe es endgültig geschafft...
XI
Sabine schaltete die Stehlampe in der Couchecke ein, die Abenddämmerung stand blau vor den kleinen Fenstern des Hauses Sonneck. Vor wenigen Minuten war Walther Scheurich aus München gekommen.
„Trink einen Schluck“, sagte Sabine und holte den Korb mit einigen Flaschen aus dem Schrank. „Und mach endlich ein anderes Gesicht. Ich bin doch nicht schuld daran, daß sie dir den Sonntag so verpatzt haben. — Whisky? Oder einen Klaren?“
Trotz seiner siebenundzwanzig Jahre zeigte sich bei dem Kriminalassistenten bereits ein hoher Haaransatz. Er kleidete sich auch sportlich, aber peinlich korrekt, hatte für saloppe Anzüge und saloppes Benehmen nichts übrig. Tüchtig und fleißig, aber kein Streber, war er rasch vorwärtsgekommen, aber insgeheim befürchtete er, gesellsaftlich nicht ganz anerkannt zu werden, weil sein Vater kein Akademiker war.
„Einen Whisky, bitte“, sagte er und lehnte sich in dem breiten Klubsessel weit zurück. „Verzeih, es war ein harter Tag für mich.“
Er nahm ihr das Glas aus der Hand, trank einen Schluck und sagte:
„Ein Kerl ist zu einer Bankfiliale am Stadtrand gefahren, hat einen Wagenheber mitgebracht, damit das Gitter aus einem Fenster gebrochen und wollte gerade einsteigen, als er von einem Nachtwächter überrascht wurde. Zufällig war auch ein Polizeibeamter in der Nähe. Der Bursche griff den Nachtwächter sofort an, der pfiff, und der Bursche kam frei. Er rannte dem Polizisten fast in die Arme, und dann schoß er. Der Polizist ist inzwischen gestorben, der Bursche entkam mit einem Auto. Es melden sich haufenweise Zeugen, es scheint festzustehen, daß ein Mädchen beteiligt war, vermutlich die Geliebte dieses Burschen.“ Er zündete sich eine Zigarette an und fuhr fort: „Und nun kommt das Sonderbare. Bei mir erscheint ein junges Mädchen, um mir klarzumachen, daß ihr Freund, ein einschlägig vorbestrafter Bursche, nicht beteiligt sei. Sie schwört, dieser Friedrich Conega sei in der fraglichen Nacht bei ihr gewesen, außerdem haben sie noch einen weiteren Zeugen, der das ebenfalls beschwört. Sie sagt aber, ein anderes Mädchen, eine frühere Geliebte dieses Conega, werde sicherlich versuchen, den Ehemaligen bei uns anzuschwärzen und zu belasten. Es handelt sich um eine gewisse Gabriele Urban. Inzwischen haben wir den Wagen des Conega gefunden, er stand auf einem Schrottplatz, und es ist Conega nicht nachzuweisen, daß er ihn selber dort abgestellt hat. Conega behauptet, der Wagen müsse ihm zur Tat gestohlen worden sein. So weit sind wir bis jetzt. Was meinst du dazu?“
Es kam öfters vor, daß Walther einen Fall mit Sabine durchsprach, das Urteil einer Frau hören wollte oder die Meinung eines Unbeteiligten.
Sabine hatte sich, als Gabys Name fiel, abgewandt, so daß ihr Gesicht im Dunkel lag.
„Hallo!“ rief Walther. „Wovon träumst du denn? Ich möchte dein Urteil hören.“
„Ich...“ begann Sabine zögernd, „ich... was sagt denn diese...Gabriele Urban dazu?“
„Das ist ja der Haken, die haben wir nicht. Ist ausgezogen, ihre Wirtin weiß angeblich nicht,
Weitere Kostenlose Bücher