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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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nur“, sagte sie leichthin. „Aber meinst du wirklich, daß es nicht erst recht auffällt, wenn ich da draußen so plötzlich verschwinde? Deine Frau ist harmlos, aber deine Tochter nicht. Meinst du wirklich, daß sie sich nicht schon längst einen Reim auf unser gemeinsames Ausbleiben heute nacht gemacht hat?“
    „Sabine?“ fragte er verblüfft.
    „Genau. Sie haßt mich, weil sie weiß, daß sie mir einmal, als wir noch zusammen in die Schule gingen, bitter Unrecht getan hat. Und sie durchschaut mich. Sie ist die einzige im ganzen Haus, die es gemerkt hat, daß ich dich liebe.“
    Er starrte sie mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzen an.
    „Bist du sicher, daß Sabine...?“
    „Ganz sicher. Sie hat es mir sogar auf den Kopf zugesagt“, log Gaby. „Sie sagte, wenn ich versuchen würde, dich zu verführen, würde sie die ganze Geschichte ihrem Verlobten sagen und uns alle auffliegen lassen, das sei sie ihrer Mutter schuldig.“
    Dr. Mercker legte die Hand über die Augen. Plötzlich spürte er auch den Schmerz in den Schläfen: er hatte zuviel geraucht, oder der Wein war nicht sauber gewesen. Endlich schaute er auf die Uhr.
    „Gut“, sagte er, „ich bringe dich zum Bus. In zwei oder drei Tagen habe ich etwas für dich gefunden, und du wirst unser Haus verlassen. Einverstanden?“
    „Natürlich, Liebster“, nickte Gaby und war sicher, daß ihr diese kurze Zeit genügte, um die Familie Mercker vollends aufzulösen. „Selbstverständlich. Ich werde sagen, daß ich den letzten Bus versäumt und bei einer Freundin übernachtet habe.“

    *

    Eine Viertelstunde später saßen sie in Dr. Merckers Wagen. Und doch gibt es einen Ehebruch, dachte der Richter. Es ist nicht die Sache an sich, sondern das, was daraus folgt. Meine Ehe liegt in ihren Händen, ist von ihrer Gnade abhängig, und sie kann sie zerbrechen, wenn sie will.
    „Bis heute abend“, sagte er, als er sie in der Nähe der Bushaltestelle absetzte.
    Sie stand vor ihm und schaute mit gut gespieltem kindlichem Vertrauen zu ihm auf.
    „Ich vertraue dir, Harald, und was immer du mit mir vorhast, ich werde es akzeptieren, weil du es so willst.“
    „Danke, Gaby“, sagte er kurz.

    *

    Der Schuldirektor schaute den jungen Mann mißtrauisch an.
    „Und wozu wollen Sie Einsicht in unsere Schülerlisten? Ich kann doch nicht einfach jedem...“
    „Verzeihung, Herr Direktor“, sagte Kriminalassistent Walther Scheurich, „es handelt sich um den Herzenswunsch meiner Frau. Sie ist eine geborene Mercker und erinnert sich, mit einer gewissen Gabriele in die Schule gegangen zu sein. Aber wie junge Mädchen nun einmal sind: sie hat den Familiennamen vergessen. Ich möchte sie damit überraschen, verstehen Sie?“
    Das Gesicht des alten Herrn hellte sich auf.
    „Ich verstehe. Na, dann wollen wir mal sehen. Der Schuldiener wird Sie auf den Speicher begleiten, dort liegen diese alten Schülerlisten. Um welche Jahre handelt es sich denn?“
    Walther Scheurich hatte sich das Datum ungefähr ausgerechnet, und wenige Minuten später blätterte er auf dem eiskalten und zugigen Speicher in den säuberlich gebündelten Listen.
    Nach einer halben Stunde hatte er gefunden, was er suchte.
    Eine Gabriele Urban war drei Jahre zusammen mit einer gewissen Sabine Mercker in die gleiche Klasse gegangen.
    Walther wußte nicht, ob er sich über diese Entdeckung freuen oder ärgern sollte. Aber eins stand für ihn jetzt fest: Sabine wußte mehr, als sie ihm gesagt hatte, und wahrscheinlich hatte sie ihm auch kein Theater vorgespielt. Diese Gabriele Urban, die Freundin, oder ehemalige Freundin des Bankräubers und Mörders Friedrich Conega, mußte sich tatsächlich im Haus „Sonneck“, bei der Familie Mercker aufgehalten haben. Und war dort verborgen worden, vor ihm, Walther Scheurich — und damit vor der Polizei.
    Walther verließ den Speicher und traf im Obergeschoß ein ältliches, vertrocknetes Wesen, das sicherlich ein Fräulein war.
    „Sind Sie der junge Mann, der eine Freundin meiner ehemaligen Schülerin Sabine Mercker sucht?“
    „Ja.“
    „Ich war damals Klassenleiterin“, sagte sie. „Ich habe Sabine Mercker in bester Erinnerung. Ihr Vater ist Jurist, wenn ich mich nicht irre.“
    Walther machte eine leichte Verbeugung.
    „Ihr Gedächtnis ist bewundernswert. Ich suchte nach Gabriele Urban.“
    Das spitznäsige, hagere Gesicht des alten Fräuleins zog sich in die Länge.
    „Nach der Urban? Merkwürdig. Das — hätte ich nicht

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