Der Teufel mit den blonden Haaren
hinüber. Sie soll kommen — komisch, das finde ich weniger peinlich — oder ist das Feigheit? Und wie wird sie erscheinen? Ganz bestimmt mit irgend etwas Schwarzem an — ich kann schwarze Unterwäsche an Frauen auf den Tod nicht ausstehen, da sehen sie alle aus wie Huren —
Gaby kam durch die Balkontür, sie war angezogen und wirkte kühl und frisch wie am Morgen.
„Gut, Liebling“, sagte sie „Gut, daß du noch nicht im Bett bist. Ich finde einen Mann, der erwartungsvoll im Bett liegt, einfach abscheulich.“
Sie setzte sich zu ihm, nahm ihm die Zigarette aus den Fingern und rauchte sie weiter.
„Ich habe unten angerufen und eine Flasche Rheinwein mit zwei Gläsern bestellt. Ist es dir recht?“
„Ja, sehr“, sagte er erleichtert.
Gaby schaute ihn voll an.
„Weißt du, wir sind ja schließlich keine Kinder und brauchen uns nichts vorzumachen. Ich bin glücklich, daß du mich liebst. Alles andere ist doch eigentlich Nebensache, findest du nicht?“
„Ja“, sagte er zögernd, aber er spürte ihre Nähe, roch ihr Parfüm und fühlte, wie er den Boden verlor.
Gaby nahm seine Hand und streichelte sie.
„Darf ich mal etwas fragen, Harald?“
„Natürlich.“
„Auch indiskret?“
Er mühte sich um ein Lächeln. „Bitte, auch indiskret.“
„Sag mal, hast du deine Frau schon oft betrogen?“
„Ich... äh... ich...“
Sie legte ihm rasch ihre kühle Hand auf die Lippen.
„Ich finde es großartig, daß du es noch nicht getan hast. Ich finde Männer ekelhaft, die ihre Frauen betrügen.“
Er schwieg verstört, wußte nicht, worauf sie hinauswollte, und Gaby fuhr im Plaudertone fort:
„Ich mag Männer nicht, die es ohne Liebe tun. Und ich könnte es ohne Liebe auch nie tun. Aber wenn man sich liebt, Harald, dann ist es doch nicht unsauber, oder?“
„Ich... nein, eigentlich nicht...“
Sie trat an seine Seite, drückte ihre Zigarette über seine Schulter geneigt im Ascher aus, so daß er ihren Körper spürte.
„Tut es dir leid?“ flüsterte sie.
„Was?“
„Daß du mit mir hier bist? Bereust du es?“
Er schüttelte den Kopf, dann drehte er sich um, schlang seine Arme um sie und küßte sie.
Es klopfte, und sie fuhren auseinander wie ertappte Kinder.
Der Kellner brachte den Wein im Kühler und stellte die Gläser auf den Tisch, dann goß er einen Schluck ein und gab dem Richter das Glas.
Dr. Mercker probierte, nickte, der Kellner füllte beide Gläser voll, ging zur Tür und sagte, ohne sich umzudrehen:
„Gute Nacht, die Herrschaften.“
Als der Kellner das Zimmer verlassen hatte, hob Gaby ihr Glas.
„Wollen wir auf gute Freundschaft trinken?“
„Gern“, sagte er konventionell. Sie tranken sich zu, dann öffnete Gaby die Balkontür. „Komm Harald, schau dir das mal an.“
Er trat neben sie, die kalte Winterluft drängte sie eng zusammen, sie schauten zu dem funkelnden Sternenhimmel hinauf.
„Einen Augenblick“, sagte Gaby, löste sich aus seiner Umarmung und löschte das Licht im Zimmer aus. Dann verkroch sie sich wieder unter seinen Arm.
„Ist das nicht wunderschön?“ flüsterte sie.
„Wunderschön“, sagte er und dachte: warum verlernen sie das alle, wenn sie erst verheiratet sind? Oder hat es nur Ingrid verlernt? Oder hat sie das nie gekonnt?
Was dieses Mädchen tut, ist natürlich, sie hat den natürlichen Instinkt — es ist stockdunkel — man braucht sich vor nichts mehr zu schämen, vor den langen Unterhosen nicht, vor dem Bett nicht und nicht vor sich selbst, die Dunkelheit macht alles einfach —
Seine Hand glitt über ihre runde Mädchenschulter.
Die Dunkelheit müßte ein Milderungsgrund sein — die Dunkelheit öffnet das Herz — man hört es klopfen — es verlangt nach Liebe...
„Komm“, sagte er, „es ist zu kühl für dich...“
Auch Gaby fühlte ihr Herz klopfen, aber nicht aus Liebe. Solche und ähnliche Situationen waren ihr nicht neu, im Gegenteil, es war immer das gleiche uralte Theater, das die Menschen sich selbst und dem Partner vorspielen, ein verächtliches und verlogenes Theater. Aber nun hatte sie ihn wirklich da, wo sie ihn haben wollte, oder fast da... noch nicht ganz. Der letzte kleine Triumph fehlte ihr noch.
Leise, mit fast gebrochener Stimme sagte sie, während sie sich von ihm ins Zimmer führen ließ:
„Harald, bitte nicht.“
Sie spürte, wie er sich versteifte, zu sicher war er schon gewesen.
„Nicht?“ fragte er. „Aber...“
„Ich kann nicht“, sagte sie. „Deine Frau steht zwischen uns —
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