Der Teufel mit den blonden Haaren
zitterte über den Schnee...da waren ein paar rote Tupfen... Blut...
Sabine stieß einen Schreckensschrei aus, als sie Gaby entdeckte.
Wie von Furien gehetzt, jagte sie zu ihrem Wagen, wendete auf der Straße, raste zurück in Richtung München. Ich muß zu Walther... ich muß es Walther sagen... du lieber Gott, wenn uns jetzt noch jemand helfen kann, dann ist es Walther.
Ich bin nicht traurig um Gaby, sie hat es nicht anders verdient, aber daß es meine Mutter… oh du lieber Gott, warum mußte es so weit kommen...
*
Als die beiden Männer nochmals vor das Haus traten, stand Frau Mercker totenblaß vor ihnen.
„Ein Mann“, sagte sie tonlos, „ein Mann hat angerufen. Ich dachte zuerst, daß du es sein könntest, Harald... er wollte das Mädchen sprechen. Ich habe gehört, wie das Mädchen ihm sagte, es sei alles aus zwischen ihnen, und dann hat sie eingehängt.“
„Und dann?“ fragte der Richter und machte eine fast hilflose Handbewegung, „willst du nicht hereinkommen und uns sagen, wo du gewesen bist?“
Sie folgte gehorsam wie ein Kind. Er nahm ihr den Mantel ab, hängte ihn sorgfältig an die Garderobe, als komme es jetzt darauf an und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. „Komm, wir müssen endlich Klarheit haben, was nun eigentlich geschehen ist.“ Er gab sich Mühe, seine Worte leicht klingen zu lassen, als er fortfuhr: „Wir sind völlig durchgedreht und nehmen immer an, es sei Gab... es sei dem Mädchen etwas zugestoßen. Vorerst wissen wir doch alle nicht, was passiert ist. Ich jedenfalls habe nur einen Schuß gehört, sonst nichts.“
„Sie ist tot“, sagte Frau Ingrid ruhig. „Ich habe sie gesehen, sie liegt in einem Gebüsch oder einer kleinen Fichtenschonung an der Straße. Jemand hat sie erschossen und dorthin geschleift.“
Es war ganz still im Zimmer, man hörte nur das Atmen dieser drei Menschen.
„Gib mir eine Zigarette“, sagte Frau Ingrid endlich, und als sie ein paar Züge geraucht hatte, fuhr sie ruhig und beinahe überlegen sachlich fort: „Wir müssen Sabine helfen. Sie darf nicht wegen dieses Mädchens vor Gericht gestellt werden, — das war das Mörderliebchen nicht wert.“
Der Richter und Toni starrten sie sprachlos an.
„Ja“, sagte sie, „es ist gekommen, wie es kommen mußte. Dieses Mädchen hat Sabine bis aufs Blut gereizt, Sabine hat wohl gemeint, sie müsse uns alle vor diesem Teufel bewahren. Ich kann sie verstehen und ich werde alles tun, um ihr Schwierigkeiten zu ersparen. Bist du etwa anderer Meinung, Harald?“
„Ich?“ Der Richter schien noch nicht ganz zu erfassen, was seine Frau da sagte. „Ich... aber Ingrid... bist du denn sicher, daß Sabine... ich meine, hast du es denn gesehen?“
„Ich stand am Waldrand, als sie an mir vorbeifuhr, sie kann mich unmöglich im Scheinwerferlicht erkannt haben. Plötzlich hielt sie, stieg aus und schlich sich in den Wald zurück, wo das tote Mädchen lag. Wahrscheinlich kontrollierte sie noch einmal, ob sie nichts Verdächtiges zurückgelassen hatte, und dann machte sie kehrt und jagte an mir vorbei in Richtung München. Woher sollte sie gewußt haben, wenn sie nicht selbst das Mädchen erschossen hat, wo es lag? Wie sollte sie so genau diese Stelle gekannt haben? Und warum fuhr sie nach München zurück?“ Sie lächelte abwesend. „Oh, Bine ist klug — sie fährt zu ihren Freunden zurück und wird ein einwandfreies Alibi haben.“
Ihr Gesicht änderte sich, wurde wieder aufmerksam und gespannt. Es war das Gesicht einer für Harald Mercker ganz fremden, sehr tatkräftigen und zielbewußten Frau. Er hatte dieses Gesicht noch nie an ihr gesehen. „Wenn wir drei den Mund halten, wird man ihr nichts nachweisen können. Harald — mach kein so verzweifeltes Gesicht: Sabine hat das für uns getan, sie hat uns von diesem Alptraum befreit, der sonst alles zerstört hätte, was uns lieb und heilig gewesen ist — auch unsere Liebe, Harald“, schloß sie leise.
Die beiden Männer konnten ihre Augen nicht von dieser Frau wenden, die in dieser Nacht ein anderer Mensch geworden war.
In Wirklichkeit aber war Ingrid Mercker keine andere Frau geworden, sie sah sich nur zum ersten Male in ihrem Leben vor eine wirkliche Aufgabe gestellt: die Aufgabe, ihre Tochter und ihre Familie vor einem Verhängnis zu bewahren. Ruhig und mit klarem Blick glaubte sie zu sehen, was zu tun oder zu unterlassen war, ebenso ruhig und klar gab sie den beiden Männern, die immer noch verwirrt schwiegen, ihre Anweisungen.
„Du,
Weitere Kostenlose Bücher