Der Teufel trägt Prada
schaffen, das Lily und ich gemietet hatten. Um mein Monstrum von Bett sollte sich die Spedition kümmern.
»Oh, hi Mom«, murmelte ich und schaltete wieder auf Schläfrig-Modus. »Ich dachte schon, sie wär’s.«
»Nichts da, heute hast du Pause. Wo sollen wir denn parken? Gibt es da irgendwo eine Tiefgarage?«
»Ja, direkt unterm Haus, die Zufahrt geht rechts von der Third ab. Gebt meine Apartmentnummer an, dann kriegt ihr Ermäßigung. Ich muss mich noch schnell anziehen. Bis gleich.«
»Okay, Schätzchen. Dann mal ran an die Arbeit!«
Ich ließ mich aufs Kissen zurückfallen und rechnete durch, ob ich Chancen hatte, noch ein bisschen weiterzuschlafen. Aber nachdem sie nun schon die ganze Strecke von Connecticut bis hierher gefahren waren, um mir zu helfen... Genau in dem Moment fing der Wecker an zu tröten. Aha! Also war mir der Umzugstag doch nicht ganz entfallen. Ich schloss daraus, dass ich noch nicht komplett reif für die Klapsmühle war. Ein kleiner Trost, immerhin.
Aus dem Bett zu kommen war womöglich noch schwerer als unter der Woche, obwohl ich ein paar Stunden später dran war. Mein müdes Gestell, das ich nun aus den Federn hievte, war nämlich kurzzeitig der Illusion erlegen, es würde aufholen und das berüchtigte »Schlafdefizit«, von dem in jedem Grundkurs für Psychologie die Rede war, abbauen können. Neben dem Bett lag ein kleiner Stapel zusammengefalteter Klamotten – außer der Zahnbürste das Einzige, das ich noch nicht in Kisten gepackt hatte. Ich zog die blaue Adidas-Jogginghose, das Kapuzensweatshirt von Brown und die schmutzstarrenden, grauen Turnschuhe von New Balance an, die mich rund um die Welt begleitet hatten. Keine Sekunde, nachdem der letzte Schluck Mundspülung gurgelnd im Abfluss verschwunden war, schnarrte der Summton.
»Hi, ihr. Ich lasse euch rauf, kleinen Moment bloß.«
Zwei Minuten später klopfte es, und vor der Tür stand – Alex, zerzaust, im Knitterlook, aber hinreißend wie eh und je. Die verwaschenen Jeans hingen ihm von den nicht vorhandenen Hüften, und sein langärmliges, marineblaues T-Shirt saß genau richtig knapp. Die klitzekleine Nickelbrille, die er nur trug, wenn seine Kontaktlinsen ihn in den Wahnsinn trieben, prangte vor rot entzündeten Augen, und seine Frisur ließ an einen wild gewordenen Mop denken. Ihn sehen und umarmen war eins. Seit unserem kurzen Kaffeetreff am letzten Sonntagnachmittag hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Eigentlich hatten wir den ganzen Tag plus die Nacht miteinander verbringen wollen, doch Miranda machte uns einen Strich durch die Rechnung, weil sie mit Caroline zum Notarzt musste und mich ad hoc als Babysitter für Cassidy rekrutierte. Bis ich heimkam, war es zu spät, um noch etwas Sinnvolles mit ihm zu unternehmen, und seit neuestem hatte er es aufgegeben, in meinem Bett auf Vorposten zu lagern, bloß um einen Blick auf mich zu erhaschen, was ich gut verstehen konnte. Eigentlich hatte er gestern bei mir übernachten wollen, aber meinen Eltern gegenüber pflegte ich immer noch diese halbherzige So-tun-als-ob-Haltung: Obwohl sämtliche Beteiligten wussten, dass Alex und ich miteinander schliefen, sollte kein Umstand und kein Sterbenswörtchen darauf hindeuten. Also hatte ich ihn nicht in der Wohnung haben wollen, wenn meine Eltern eintrudelten.
»Hey, Babe. Ich dachte, ihr könntet heute vielleicht ein bisschen Hilfe brauchen.« Er hielt ein paar große Kaffeebecher und eine Tüte hoch, die mit Sicherheit Salzbagels enthielt, meine Lieblingssorte. »Sind deine Eltern schon da? Ich hab für sie auch Kaffee mitgebracht.«
»Ich dachte, du müsstest heute den beiden kleinen Mädchen Nachhilfe geben«, sagte ich. In dem Moment kam Shanti in einem schwarzen Hosenanzug aus ihrem Zimmer. Mit gesenktem Kopf lief sie an uns vorbei, murmelte irgendwas, von wegen sie müsse den ganzen Tag arbeiten, und verließ die Wohnung. So
selten, wie wir miteinander redeten, hatte sie womöglich gar nicht mitgekriegt, dass ich heute zum letzten Mal hier war.
»Müsste ich auch, aber ich habe bei ihren Eltern angerufen, und die meinten, morgen Vormittag würde es genauso gut passen, also stehe ich ganz zu deiner Verfügung!«
»Andy! Alex!« Hinter Alex tauchte mein Vater im Flur auf und strahlte, als wäre dies der schönste Morgen seit Menschengedenken. Auch meine Mom sah so unverschämt wach aus, dass ich mich fragte, ob sie irgendwas genommen hatte. Ich checkte kurz die Lage und kam zu dem Schluss, dass sie völlig zu
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