Der Teufel trägt Prada
schinden kannst, wenn du dazu noch weiter diese gammelige Botentasche mit dir rumschleppst?«
Die zweite, noch praller gefüllte Tüte spuckte ein Wahnsinnssortiment von Schuhen, Taschen und etlichen Mänteln aus. Hochhackige Stiefel von Jimmy Choo, mal bis zum Knöchel, mal bis zum Knie reichend, zwei Paar offene Sandalen mit Pfennigabsätzen von Manolo, klassische schwarze Pumps von Prada und Loafers von Tod, die ich auf keinen Fall im Büro anziehen durfte, wie Jeffy mir sogleich einschärfte. Ich hängte mir eine anschmiegsame rote Wildledertasche um, die vorne unübersehbar mit dem verschlungenen Doppelinitial »CC« versehen – und trotzdem nicht halb so schön war wie das kaffeebraune Shopping-Teil aus Leder von Celine, das ich mir über den anderen Arm streifte. Krönung des Ganzen war ein langer Trench im Military-Look mit den unverkennbaren Riesenknöpfen von Marc Jacobs.
»Du machst doch Witze«, sagte ich leise und griff nach einer Sonnenbrille von Dior, die er offenbar noch in letzter Sekunde dazugestopft hatte. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
Zufrieden grinsend zog er den Kopf ein. »Tu mir bloß einen Gefallen und zieh das Zeug auch an, o.k.? Und erzähl ja keiner Menschenseele, dass du dir als Erste was davon aussuchen durftest – die reißen sich doch alle um die Ausmistaktionen in der Kleiderkammer.« Wie der Blitz war er aus der Tür, als er Emily hinten im Flur etwas rufen hörte, und ich schob meine neue Garderobe mit dem Fuß unter den Schreibtisch.
Emily brachte das Übliche aus der Cafeteria mit: einen Fruchtmilchshake ohne Zusatzstoffe und ein Plastikschüsselchen Eisbergsalat mit Broccoli und Balsamico. Keine Vinaigrette, bloß purer Essig. Miranda würde jede Minute wieder da sein – Uri hatte eben angerufen und gemeldet, dass er sie gleich abladen würde – was hieß, dass mir nicht die üblichen, üppigen sieben
Minuten blieben, in denen ich zur Suppentheke sausen und mir den Inhalt des Schälchens am Schreibtisch in den Schlund gießen konnte. Die Zeit verstrich, ich war halb verhungert, aber ich brachte einfach nicht die Energie auf, mich zwischen den Klapperschnepfen durchzuschlängeln, mich von der Frau an der Kasse taxieren zu lassen und mich dann noch zu fragen, ob ich es ohne bleibende Schäden überstehen würde, siedend heiße (und dick machende!) Suppe in solcher Schallgeschwindigkeit zu schlucken, dass sie mir fast die Speiseröhre verbrannte. Lohnt sich nicht , dachte ich. Mal eine Mahlzeit auszulassen, bringt dich nicht um , sagte ich mir. Im Gegenteil, wenn du all deinen geistig wie körperlich fitten und stabilen Kolleginnen glauben willst, macht es dich bloß stärker. Und außerdem sehen 2000-Dollar-Hosen an Mädchen, die sich permanent den Bauch voll stopfen, nicht gerade heiß aus , machte ich mir klar. Also ließ ich mich auf den Stuhl fallen und tröstete mich damit, wie mustergültig ich Runway soeben vertreten hatte.
11
Irgendwo tief in meinen Träumen klingelte das Handy – so hartnäckig, dass ich dann doch wach wurde und mich fragte, ob sie es war. Nach einer verblüffend kurzen Orientierungsphase (Wo bin ich? Wer ist »sie«? Welcher Tag ist heute?) war mir klar, dass es nichts Gutes bedeuten konnte, wenn an einem Samstagmorgen um acht das Telefon klingelte. Von meinen Freunden stand keiner auch nur annähernd so früh auf, und nachdem meine Eltern oft genug durchs Netz gefallen waren, hatten sie sich zähneknirschend damit abgefunden, dass ihre Tochter vor Mittag nicht zu erreichen war. In den sieben Sekunden, die ich für diesen Gedankengang brauchte, überlegte ich außerdem, warum zum Teufel ich den Anruf überhaupt entgegennehmen sollte. Bis mir Emilys gute Gründe vom ersten Tag wieder in den Sinn kamen, woraufhin ich einen Arm aus meinem gemütlichen Bett streckte und damit über den Fußboden fegte. Ich erwischte das Teil gerade noch, bevor es aufhörte zu klingeln.
»Hallo?« Wow, meine Stimme klang klar und kräftig, als hätte ich die letzten paar Stunden konzentriert auf irgendeine sinnvolle Tätigkeit verwandt und nicht praktisch im Koma vor mich hin gedämmert.
»Morgen, Schätzchen! Schön, dass du schon wach bist. Ich wollte dir bloß sagen, dass wir in ungefähr zehn Minuten bei dir sind, okay?«, dröhnte mir die Stimme meiner Mutter ins Ohr. Der Umzug! Heute war mein Umzugstag! Ich hatte komplett verschwitzt, dass meine Eltern mir dabei helfen wollten, die Kisten
mit meinen Kleidern, CDs und Fotoalben in das neue Apartment zu
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