Der Teufel trägt Prada
Modebranche, das kann doch nicht so wild sein? «, zitierte ich und fand mich dabei selbst zum Kotzen. »Entschuldige, aber es sind nun mal nicht alle Leute Gutmenschen oder Doktoranden! Entschuldige, falls -«
»Melde dich wieder, wenn du dich beruhigt hast«, sagte er. »Das muss ich mir nicht länger anhören.« Klick. Weg war er! Ich ging davon aus, dass er wieder anrufen würde, aber als ich so gegen drei endlich einschlief, hatten weder Alex noch Lily von sich hören lassen.
Eine volle Woche war das jetzt her, und die beiden waren zwar nicht mehr erkennbar sauer, aber dennoch irgendwie verändert. Ich war nicht dazu gekommen, bei ihnen persönlich Abbitte zu leisten, weil wir mitten in der Endredaktion der neuesten
Ausgabe steckten, hoffte jedoch, es würde sich alles einrenken, wenn Lily und ich erst zusammen wohnten. In unserer neuen, gemeinsamen Wohnung, wo alles wieder so laufen würde wie damals im College, als das Leben so viel freundlicher zu uns war.
Die Spediteure, die um elf endlich eintrudelten, brauchten genau neun Minuten, um mein heiß geliebtes Bett auseinander zu nehmen und die Einzelteile hinten in den Möbelwagen zu knallen. Mom und ich quetschten uns zu ihnen ins Führerhaus. In der Eingangshalle meiner neuen Behausung waren Dad und Alex in eine angeregte Unterhaltung mit dem Portier vertieft, der eine geradezu fatale Ähnlichkeit mit John Galliano hatte; meine Kisten standen aufeinander gestapelt an der Wand.
»Gut, dass du kommst, Andy. Das ist Mr. Fisher, und er besteht – natürlich völlig zu Recht – darauf, die Wohnung nur in Anwesenheit eines Mieters aufzuschließen«, sagte mein Vater mit einem breiten Lächeln und zwinkerte dem Portier dabei zu.
»Nanu, ist Lily denn noch nicht da? Sie wollte gegen zehn, halb elf hier sein.«
»Nein, bis jetzt nicht. Soll ich sie anrufen?«, fragte Alex.
»Ja, wäre wohl besser. Ich kann ja schon mal mit Mr. – äh – Fisher raufgehen, damit wir hier loslegen können. Frag sie, ob sie Hilfe braucht.«
Mr. Fishers Lächeln troff vor Geilheit. »Ich bitte Sie, Sie gehören doch jetzt quasi zur Familie«, schleimte er und taxierte dabei meinen Busen. »Nennen Sie mich einfach John.«
Fast hätte ich mich an dem mittlerweile kalten Kaffee verschluckt, den ich immer noch im Becher mit mir herumschleppte. Hatte ich am Ende nicht mitbekommen, dass der allseits verehrte Retter des Hauses Dior heimlich, still und leise den Geist ausgehaucht hatte und in seinem nächsten Leben mir als Portier zugeteilt worden war?
Alex nickte und polierte seine Brille mit einem Zipfel seines T-Shirts – dafür hätte ich ihn regelmäßig küssen können. »Geh du mit deinen Eltern rauf. Ich rufe Lily an.«
Ich war mir nicht so ganz sicher, was ich davon halten sollte, dass mein Vater spontan dicke Freundschaft mit meinem neuen Designer-Portier geschlossen hatte, immerhin dem Mann, der unweigerlich über alle Details meines Lebens unterrichtet sein würde. Die Eingangshalle war ganz nett, wenn auch nicht gerade der letzte Schrei. Sie bot eine helle Steinverkleidung und ein paar wenig einladende Sitzgelegenheiten vor den Aufzügen und hinter dem Abteil mit den Postfächern. Unser Apartment, Nr. 8C, ging nach Südwesten, was, soweit ich gehört hatte, als Pluspunkt galt. John öffnete die Tür mit seinem Hauptschlüssel und trat, stolzgeschwellt wie ein frischgebackener Vater, einen Schritt zurück.
»Da wären wir«, sagte er mit großer Geste.
Ich wagte mich als Erste hinein, auf alles gefasst: doch weder stank es durchdringend nach Schwefel noch flatterten Fledermäuse unter der Decke. Alles war überraschend sauber und hell. Zur Rechten lag die Küche, ein weiß gefliestes, handtuchschmales Kämmerchen mit halbwegs weißen Resopalschränken und Arbeitsflächen in geflecktem Granitimitat. Über dem Herd prangte eine eingebaute Mikrowelle.
»Das ist ja toll«, sagte meine Mom nach einem Blick in den Kühlschrank. »Schon mit Eiswürfelbehältern.« Die Möbelpacker kämpften sich mit meinem Bett ächzend durch den Flur.
Von der Küche ging es ins Wohnzimmer; die Zwischenwand zur Gewinnung des zweiten Schlafzimmers war bereits eingezogen. Die Operation hatte den Wohnraum zwar sämtliche Fenster gekostet, aber das war letztlich halb so wild. Das dadurch abgeknapste Zimmer war von annehmbarem Format (auf alle Fälle größer als mein letztes), und die Wand zum Balkon wurde komplett von einer hohen Glasschiebetür eingenommen. Das Bad bot Kitsch hoch zwei:
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