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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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ersten Kaffeegang machte, waren sie noch da. Es tat mir richtig gut, dafür zu sorgen, dass dieser sündhaft teure, von Elias-Clark finanzierte Kaffee den ärmsten und unerwünschtesten Personen der Stadt zu Gute kam. Dabei ging ich immer nach einem ganz genauen Plan vor:
    Der nach Urin stinkende Mann, der vor der Chase Bank schlief, bekam Morgen für Morgen den Mocha Frappucino. Er wachte nie auf, wenn ich ihm den Becher hinstellte (mit Strohhalm selbstverständlich), aber wenn ich ein paar Stunden später die nächste Runde absolvierte, war der Kaffee weg – und der Mann ebenso.
    Der Caramel Macchiato ging an die alte Frau mit dem Einkaufswagen und dem Schild: OBDACHLOS/SUCHE ARBEIT/ HABE HUNGER. Sie hieß Theresa, wie ich inzwischen wusste. Anfangs hatte ich ihr immer einen großen Milchkaffee gebracht. Sie bedankte sich zwar, trank aber nie einen Schluck, so lange ich noch dabeistand. Irgendwann fragte ich sie, ob sie vielleicht gar keinen Kaffee mochte. Da schüttelte sie energisch den Kopf und sagte, sie wolle ja nicht wählerisch sein, aber ihr sei der Milchkaffee einfach zu stark und nicht süß genug. Am nächsten Tag brachte ich ihr einen Kaffee mit Vanillearoma und Sahnehäubchen. Ob es so besser sei? Ja, schon sehr viel besser, bloß jetzt vielleicht ein kleines bisschen zu süß. Noch einen Tag später hatte ich ihren Geschmack endlich getroffen: Ohne Aroma, mit einem Klacks Schlagsahne und einem Schuss Karamellsirup. Theresa griente mich aus ihrem fast zahnlosen Mund dankbar an und ließ von diesem Morgen an ihren Kaffee nie mehr kalt werden.

    Den dritten Becher bekam Rio, der Nigerianer, der verkaufte CDs von seiner Decke aus. Obdachlos schien er nicht zu sein, aber er kam eines Morgens angedackelt, als ich Theresa mit ihrer Tagesration versorgte, und sagte beziehungsweise trällerte: »Yo, yo, yo. Bist du die gute Starbucks-Fee? Darf ich mir auch einen Kaffee wünschen?« Am nächsten Tag spendierte ich ihm auf Elias-Clark-Kosten einen Grande Amaretto Cappucino, und wir wurden Freunde.
    Als ich wieder in die Lobby am, hielt Pedro, der mexikanische Bote von Mangia, vor den Fahrstühlen ein Schwätzchen mit Eduardo.
    »Hi, da ist ja unser Goldstück«, begrüßte er mich, während sich ein paar Klapperschnepfen neugierig die mageren Hälse nach uns verdrehten. »Alles da, wie immer. Speck, Würstchen und das eklige Käseteil. Sie haben heute nur ein Frühstück bestellt. Wo Sie das bloß alles lassen, so dünn wie Sie sind.« Er grinste. Dünn, ich? Der Mann hatte ja keine Ahnung. Pedro wusste ganz genau, dass die Bestellung nicht für mich bestimmt war. Aber genau wie alle anderen, mit denen ich vor acht Uhr morgens zu tun hatte, kannte er keine Details. Ich drückte ihm einen Zehner in die Hand – das Frühstück kostete 3,99 Dollar – und machte mich auf den Weg nach oben.
    Miranda telefonierte, als ich ins Büro kam. Ihr Gucci-Trenchcoat aus Schlangenleder lag quer über meinem Schreibtisch. Mein Blutdruck schoss in die Höhe. War es wirklich zu viel verlangt, dass ihre Hoheit zwei Schritte extra machte und ihren Mantel in den Schrank hängte? Warum musste sie ihn auf meinen Tisch schmeißen? Ich stellte den Kaffee ab, warf einen Blick auf Emily, die mit drei Telefonaten gleichzeitig beschäftigt war, und hängte den Schlangentrenchcoat auf. Meinen eigenen Mantel stopfte ich unter den Schreibtisch. Wir wollten ja schließlich nicht, dass er im Schrank einem Gucci-Modell zu nahe kam, oder?
    Dann nahm ich zwei Stücke Rohrzucker, einen Löffel und
eine Serviette aus der Schublade. Ich konnte mich gerade noch beherrschen, ihr nicht in den Kaffee zu spucken. Nachdem ich den fettigen Speck, die prallen Würstchen und das »eklige Käseteil« auf einen Porzellanteller gepackt hatte, wischte ich mir die Hände an den Sachen ab, die für die Reinigung bestimmt waren. Sie waren ebenfalls unter meinem Schreibtisch verstaut, damit Miranda nicht sah, dass sie noch nicht abgeholt worden waren. Theoretisch hätte ich den Teller jeden Tag in der Teeküche heiß abspülen müssen, aber ich konnte mich einfach nicht dazu überwinden. Es wäre zu erniedrigend gewesen, vor allen Augen auch noch Mirandas private Tellerwäscherin zu spielen. Deshalb wischte ich ihn immer nur mit einem Kosmetiktuch ab und kratzte eventuelle Käsereste mit dem Fingernagel herunter. Wenn der Teller heillos verdreckt oder verkrustet war, weichte ich ihn vorher mit einem Schuss San Pellegrino ein. Miranda konnte froh und dankbar sein,

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