Der Teufel trägt Prada
Miranda bestimmt war, sondern für mich? Schließlich war Smith and Wollensky kein Pizzaservice, sondern ein Sternerestaurant, das nur für Ihre Majestät eine Ausnahme machte.
»Sie gehen recht. Gerade eben hat sie verlauten lassen, dass ihr der Sinn nach einer Köstlichkeit aus Ihrer Küche steht. Und sie lässt Sie ganz herzlich grüßen.« Ein solches Gesülze wäre Miranda im Leben nicht über die Lippen gekommen. Aber Sebastian war so ein großer Fan von ihr, dass ich ihm gern diese kleine Freude machte. Er lachte entzückt auf.
»Fantastisch! Einfach fantastisch! Wir machen uns gleich ans Werk. Sie können das Essen jederzeit abholen«, trällerte er ausgelassen. »Und bitte richten Sie ihr doch meine besten Grüße aus.«
»Aber natürlich, wird gemacht. Bis gleich dann.« Es lohnte sich, ihm ein bisschen um den Bart zu gehen, denn er tat sehr viel für mich und erleichterte mir die Arbeit. Wenn Miranda nicht auswärts aß, servierte ich ihr das Mittagessen am Schreibtisch und hielt im Vorzimmer für diesen Fall einen kleinen Vorrat an Tellern bereit. Die meisten waren Muster neuer Geschirrkollektionen, die wir von den Designern geschickt bekamen, der Rest stammte aus der Cafeteria. Da es zu aufwändig gewesen wäre, sich auch noch um Saucieren, Steakmesser und Leinenservietten zu kümmern, ließ ich mich von Sebastian damit versorgen.
Und wieder zog ich mir an diesem kalten, trüben Februartag meinen schwarzen Wollmantel über, steckte Handy und Zigaretten ein und brach zur nächsten Expedition auf. Obwohl es bis zu
dem Restaurant zu Fuß nur 15 Minuten waren, spielte ich mit dem Gedanken, mir einen Wagen kommen zu lassen. Erst als mir der frische Wind um die Nase wehte, überlegte ich es mir anders, steckte mir eine Zigarette an und stapfte los. Ach, wie gut mir der Spaziergang tat.
Um diese Jahreszeit kamen einem nicht so viele ziellos umherbummelnde Touristen in die Quere. Früher hatte ich mich über die Leute aufgeregt, die beim Gehen telefonierten, doch inzwischen war ich dieser Unart selbst verfallen. Ich zückte mein Handy und rief in Alex’ Schule an, wo er, wenn mich mein lahmes Gedächtnis nicht täuschte, zu dieser Zeit möglicherweise gerade im Lehrerzimmer saß und Mittagspause machte.
Nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine schrille Frauenstimme.
»Grundschule 277, Mrs. Whitmore am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
»Könnte ich bitte Alex Fineman sprechen?«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«
»Ich bin Andrea Sachs, seine Freundin.«
»Ach, Sie sind das! Wir haben schon so viel von Ihnen gehört.« Besonders angetan klang sie allerdings nicht, eher das Gegenteil.
»Tatsächlich? Das freut mich aber. Ich habe natürlich auch schon viel von Ihnen gehört. Alex ist ganz begeistert von seinen Kollegen.«
»Das hört man gern. Aber was ich noch sagen wollte, Andrea. Sie scheinen ja wirklich einen tollen Job zu haben. Es muss sehr interessant sein, für so eine begnadete Persönlichkeit zu arbeiten. Sie können sich wirklich glücklich schätzen.«
Ja, Mrs. Whitmore. Ja, ja. Was meinen Sie, wie glücklich ich mich schätze. Wenn Sie wüssten. Erst gestern, dieses Gefühl der Erfüllung, als ich meiner Chefin Tampons besorgen durfte und mir hinterher anhören musste, dass es die Falschen waren und dass ich überhaupt nichts richtig machen könne. Glück ist vermutlich das einzige
Wort, das die Empfindung beschreibt, mit der ich jeden Morgen die bekleckerte, versiffte Wäsche meiner Chefin für die Reinigung aussortieren darf. Oder noch ein schönes Beispiel. Ich kann mir kaum etwas Befriedigenderes vorstellen, als geschlagene drei Wochen lang die besten Hundezüchter in New York und Umgebung abzuklappern, um zwei perfekte französische Bulldoggenwelpen zu finden, damit die zwei verwöhntesten, krätzigsten Gören der Welt ihre eigenen Haustiere bekommen. Ja, Glück ist gar kein Ausdruck!
»Ja, es ist eine einmalige Gelegenheit«, plapperte ich wie ein Papagei. »Ein Job, für den Millionen junger Frauen ihr Leben geben würden.«
»Das können Sie laut sagen, meine Beste! Ach, wen haben wir denn da? Gerade kommt Alex herein. Ich gebe Sie ihm.«
»Andy, mein Schatz! Wie geht’s, wie steht’s?«
»Frag lieber nicht. Ich bin gerade auf der Lunchexpedition. Und wie hat sich dein Tag so angelassen?«
»Kann bis jetzt nicht klagen. Meine Klasse hat nach dem Mittagessen Musik, das heißt, ich habe anderthalb Stunden frei. Und dann müssen wir noch mehr Sprechübungen mit ihnen
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