Der Teufel trägt Prada
Einiges wegen der Verlobungsparty meines Bruders mit ihr durchgehen, aber wie mir scheint, ist es dafür wohl noch ein bisschen zu früh, oder?«
Einen Augenblick lang dachte ich, sein »zu früh« bezöge sich auf die Tageszeit, und wollte schon »Ja!« schreien, doch dann ging mir auf, dass er meinte, die Planungen seien noch nicht weit genug gediehen, um Einzelheiten festzulegen.
Zu Emily gewandt, sagte er: »Was haben Sie da bloß für ein Prachtexemplar von Assistentin an Land gezogen!?«
»Absolut«, presste Emily durch fest zusammengebissene Zähne hervor. »Die beste überhaupt.« Sie grinste.
Ich grinste auch.
Mr. Tomlinson grinste hoch drei; konnte es eine Stoffwechselstörung sein? Vielleicht eine leichte Manie oder irgendwas in der Richtung.
»Na, dann macht sich Mr. T. wohl mal wieder auf den Weg, Mädels. Es war wie immer ganz reizend, mit Ihnen zu plaudern. Einen schönen Morgen Ihnen beiden, und auf Wiedersehen.«
»Wiedersehen, Mr. Tomlinson!«, rief Emily ihm nach, als er um die Ecke in Richtung Empfang verschwand.
»Warum warst du so unhöflich zu ihm?«, fragte sie. Unter dem dünnen Lederblazer, den sie nun ablegte, trug sie ein noch dünneres Chiffonoberteil mit U-Ausschnitt, das vorne wie ein Korsett durchgeschnürt war.
»Unhöflich? Ich habe ihm Mirandas Klamotten abgenommen und mich mit ihm unterhalten, bis du gekommen bist. Was ist denn daran unhöflich?«
»Du hast zum Beispiel nicht auf Wiedersehen gesagt. Und dann dein Blick.«
»Mein Blick?«
»Ja, dein Blick, mit dem du jedem klar machst, wie hoch erhaben du über alles bist, wie verhasst dir das Ganze hier ist. Das kannst du vielleicht bei mir bringen, aber nicht bei Mr. Tomlinson. Er ist Mirandas Ehemann , und du darfst ganz einfach nicht so mit ihm umspringen.«
»Em, findest du ihn denn nicht auch ein bisschen, ich weiß nicht... seltsam? Er redet ohne Punkt und Komma. Wieso ist er so nett, wenn sie so... so überhaupt nicht nett ist?« Emily warf einen prüfenden Blick in Mirandas Büro, wo ich die Zeitungen bereits vorschriftsmäßig zurechtgelegt hatte.
»Seltsam? Wie kommst du darauf, Andrea? Er zählt zu den bekanntesten Steueranwälten in Manhattan.«
Es war sinnlos. »Schwamm drüber – was rede ich da überhaupt. Was läuft bei dir? Wie war dein Abend?«
»Ach, gar nicht so übel. Ich habe mit Jessica Geschenke für ihre Brautjungfern besorgt. Wir haben alles abgeklappert – Scoop, Bergdorf’s, Infinity, einfach alles. Und ich hab einen Haufen Klamotten anprobiert, die für Paris passen könnten, aber dafür ist es wohl wirklich noch zu früh.«
»Für Paris? Du fährst nach Paris? Heißt das, du lässt mich hier allein mit ihr sitzen?« Der letzte Satz war mir wider Willen herausgerutscht.
Wieder dieser Blick, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. »Ja, ich fahre im Oktober mit Miranda nach Paris, zu den Modenschauen für die Frühjahrskonfektion. Dazu nimmt sie immer ihre Seniorassistentin mit, damit die hautnah bei allem dabei ist. Ich habe zwar hier schon ungefähr eine Million Modenschauen mitgemacht, aber die in Europa sind doch noch was anderes.«
Ich rechnete rasch nach. »Im Oktober – bis dahin sind es ja noch sieben Monate. Du probierst jetzt Kleider für eine Reise an, die in sieben Monaten stattfindet?« Es hatte nicht so grob klingen sollen, wie es herauskam; aber Emily ging prompt in die Defensive.
»Ja, schon. Ich hatte ja auch gar nicht vor, etwas zu kaufen – bis dahin wird sich im Stil schon wieder viel geändert haben. Aber ich wollte mich einfach mal umschauen. Verstehst du, das ist ein Riesending. Wohnen im Fünf-Sterne-Hotel, abends auf die verrücktesten Parties. Und, mein Gott, du bist bei den schärfsten, exklusivsten Modenschauen dabei, die es überhaupt gibt.«
Emily hatte mir schon erzählt, dass Miranda drei- bis viermal pro Jahr zu Modenschauen nach Europa flog. London ließ sie grundsätzlich aus, das taten alle, aber in Mailand und Paris
begutachtete sie im Oktober die Frühjahrskollektion, im Juli die neue Wintermode und im März die nächste Herbstkollektion. Manchmal hängte sie noch ein paar Tage Urlaub dran. Wir hatten uns halb tot geschuftet, um alles für die bevorstehenden Modenschauen am Monatsende vorzubereiten. Mir schoss die Frage durch den Kopf, warum Miranda dabei offenbar keine Assistentin brauchte.
»Wieso nimmt sie dich nicht überallhin mit?« Ich wagte mich einfach mal vor, obwohl ich mir mit der Antwort garantiert eine weitschweifige
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