Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
Vom Netzwerk:
am Vormittag verlauten lassen, dass sie heute schon gegen vier gehen würde, um vor der großen Reise noch ein paar Stunden mit den Zwillingen zu verbringen. Also sagte ich zur Erleichterung der gesamten Abteilung die Features-Besprechung ab. Exakt um zwei Minuten vor vier begann sie zusammenzupacken – keine allzu große Anstrengung, da ich ihr alles Wichtige und Gewichtige abends rechtzeitig vor dem Abflug in die Wohnung bringen sollte. Im Grunde hatte sie nichts weiter zu tun, als die Gucci-Brieftasche und das Motorola-Handy in die Fendi-Tasche zu werfen, die sie ständig zweckentfremdete. In den vergangenen Wochen hatte dieses 10 000-Dollar-Prachtstück übrigens Cassidy als Schultasche gedient und dabei etliche Perlen sowie einen Griff verloren. Zum Schluss war es auf meinem Schreibtisch gelandet: Ich sollte es, so Mirandas Anweisung, entweder reparieren lassen oder wegwerfen, wenn nichts mehr zu retten war. Tapfer hatte ich der Versuchung widerstanden, ihr weiszumachen, die Tasche sei hin, damit ich sie mir unter den Nagel reißen konnte. Stattdessen machte ich eine Lederwarenreparatur ausfindig, die ihr das Ding für lächerliche 25 Dollar wieder instand setzte.
    Nachdem sie endlich draußen war, griff ich unwillkürlich zum Telefon, um mich bei Alex auszuheulen. Die halbe Nummer war schon eingetippt, als mir einfiel, was wir vereinbart hatten. Der erste Tag seit über drei Jahren, an dem wir nichts voneinander hören würden. Ich saß da, den Hörer in der Hand, starrte auf
eine E-Mail, die er noch tags zuvor geschickt und mit »Alles Liebe« unterschrieben hatte, und fragte mich, ob es nicht ein entsetzlicher Fehler gewesen war, in diese Auszeit einzuwilligen. Dann wählte ich erneut, um ihm zu sagen, dass wir noch mal über alles reden und herausfinden sollten, wo was schief gelaufen war – und dass ich bereit war, die Verantwortung für meinen Anteil am schleichenden, stetigen Niedergang unserer Beziehung zu übernehmen. Doch bevor es am anderen Ende überhaupt klingeln konnte, stand schon Stef vor meinem Schreibtisch, nach überstandener Durchsicht auf Hochtouren und bewaffnet mit dem ultimativen Accessoires-Schlachtplan für Paris. Es galt, Schuhe und Taschen, Gürtel und Schmuck, Strumpfwaren und Sonnenbrillen durchzudiskutieren, also legte ich den Hörer zurück auf die Gabel und versuchte konzentriert ihren Instruktionen zu lauschen.
     
    Ein siebenstündiger Flug im Zwischendeck, dazu die Kluft aus hautengen Lederhosen, offenen Riemchensandalen, Blazer und Tank-Top – doch nein: Wider Erwarten war es reisetechnisch nicht der unterste Kreis der Hölle, sondern im Gegenteil die entspannteste Zeit seit langem. Nachdem Miranda und ich beide gleichzeitig auf unterschiedlichen Wegen – sie von Mailand, ich von New York – Paris ansteuerten, war ich unversehens in der einmalig glücklichen Lage, sieben Stunden ganz und gar für mich zu haben: Unerreichbar zu sein, einen gesegneten Tag lang.
    Aus mir immer noch unverständlichen Gründen hatten meine Eltern auf die Neuigkeit meiner Paris-Reise nicht halb so begeistert reagiert wie erwartet.
    »Ach ja?«, lautete der berüchtigt knappe – und vielsagende – Kommentar meiner Mutter. »Du fliegst ausgerechnet jetzt nach Paris?«
    »Was meinst du mit ›ausgerechnet jetzt‹?«
    »Je nun, der Termin für eine Reise nach Europa scheint augenblicklich nicht ganz glücklich gewählt, weiter nichts«, – eine vage
Formulierung, hinter der sich die übliche jüdische Mutter-Tochter-Schuldzuweisung auftürmte.
    »Und wieso, wenn ich fragen darf? Wann wäre es denn genehm?«
    »Nun sei doch nicht gleich so gereizt, Andy. Du hast dich bloß einfach so lange nicht mehr blicken lassen – das soll kein Vorwurf sein, Dad und ich wissen schon, dass du mehr als genug zu tun hast -, aber willst du dir nicht wenigstens mal deinen neuen Neffen begucken? Er ist schon ein paar Monate auf der Welt, und du hast noch keinen Blick auf ihn geworfen?!«
    »Mom! Hör auf, mir Schuldgefühle einzureden. Ich möchte ja liebend gern Bekanntschaft mit Isaac schließen, aber zurzeit geht es einfach nicht, du weißt schon -«
    »Dad und ich zahlen dir auch das Ticket nach Houston, das haben wir dir doch gesagt?«
    »Ja! Ungefähr 1000-mal. Ich weiß es, und ich weiß es zu schätzen. Ich weiß bloß nicht, wie ich es arbeitsmäßig auf die Reihe kriegen soll, nachdem jetzt auch noch Emily ausgefallen ist. Es geht nicht ums Geld – ich kann einfach nicht so mir nichts, dir nichts auf

Weitere Kostenlose Bücher