Der Teufel trägt Prada
und davon, nicht mal am Wochenende. Fändet ihr es denn sinnvoll, dass ich einmal quer über den Kontinent – und gleich wieder zurück jette, nur falls Miranda mich Samstagmorgen dazu verdonnert, ihr Zeug von der Reinigung zu holen?«
»Nein, natürlich nicht, Andy, ich dachte bloß, das heißt, wir beide dachten bloß, dass du in den kommenden Wochen vielleicht ein paar Tage bei ihnen einschieben könntest, nachdem Miranda jetzt doch weg ist und so weiter, und wenn, dann hätten Dad und ich die Gelegenheit auch gleich zu einem Besuch wahrgenommen. Aber jetzt fliegst du ja nach Paris.«
Aus ihrem Tonfall klang heraus, was sie wirklich dachte. »Aber jetzt fliegst du ja nach Paris« hieß so viel wie: »Du düst ab nach Europa und scherst dich einen Dreck um all deine familiären Verpflichtungen.«
»Mutter, damit ein für alle Mal klar ist: Ich fliege nicht in Urlaub.
Ich würde 1000-mal lieber meinen kleinen Neffen kennen lernen als Paris. Die Entscheidung darüber liegt absolut nicht in meiner Hand, wie ihr wohl wisst, auch wenn ihr euch damit schwer tut. Die Sache ist ganz einfach die: Entweder fliege ich überübermorgen auf eine Woche zu Miranda nach Paris, oder ich fliege aus dem Job. Seht ihr eine Alternative? Falls ja, wüsste ich sie gerne.«
Nach geraumem Schweigen sagte sie: »Nein, natürlich nicht, Schätzchen. Wir verstehen dich ja. Ich hoffe bloß – na ja, ich hoffe bloß, dass es dir gut dabei geht.«
»Was soll denn das wieder heißen?«, blaffte ich.
»Nichts weiter«, setzte sie rasch nach. »Wirklich nur, dass es Dad und mir einzig darum zu tun ist, dass es dir gut geht, und dass du in letzter Zeit, äh, den Eindruck gemacht hast, als würdest du dich, äh, ziemlich unter Druck setzen. Ist denn so weit alles okay?«
Sie klang so offenkundig bemüht, dass ich ein bisschen Leine ließ. »Ja, Mom, alles so weit, so gut. Wenn du’s genau wissen willst, ich bin wirklich nicht scharf darauf, nach Paris zu fliegen. Die Woche wird höllisch, und zwar rund um die Uhr. Aber mein Jahr ist ja bald um, und dann ist Schluss mit frustig.«
»Ich weiß, Liebes, ich weiß, dass du hart zu knabbern hattest in diesem Jahr. Ich hoffe ja nur, dass es sich am Ende für dich auszahlt. Nichts weiter.«
»Ja. Ich auch.«
Wir legten in gegenseitigem Einvernehmen auf, trotzdem wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass meine eigenen Eltern von mir enttäuscht waren.
Die Gepäckausgabe in Paris war der Albtraum, doch hinter der Zollkontrolle stach mir sogleich ein elegant gekleideter Chauffeur ins Auge, der ein Schild mit meinem Namen durch die Gegend schwenkte. Sobald die Fahrertür ins Schloss gefallen war, versah er mich mit einem Handy.
»Ms. Priestly hat darum ersucht, dass Sie sich gleich nach
Ihrer Ankunft bei ihr melden möchten. Ich habe mir erlaubt, die Nummer des Hotels in das Kurzwahlverzeichnis einzugeben. Sie logiert in der Coco-Chanel-Suite.«
»Ähm, oh, okay. Danke. Dann rufe ich wohl mal gleich an«, äußerte ich überflüssigerweise.
Und wie überflüssigerweise – bevor ich überhaupt auf die Sterntaste und die Eins drücken konnte, plärrte das Handy schon los und blinkte rot wie bei einem Großalarm. Ohne den Fahrer und seinen erwartungsvollen Blick hätte ich den Anruf vermutlich stumm geschaltet und fürs Erste ignoriert, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er geheißen war, mich scharf im Auge zu behalten. Irgendwas an seiner Miene suggerierte, dass ich mir nichts Gutes tat, wenn ich den Anruf schlicht überging.
»Hallo? Hier spricht Andrea Sachs«, sagte ich in meinem professionellsten Tonfall und schloss gleichzeitig Wetten mit mir selbst ab, wer, außer Miranda, es wohl noch sein konnte.
»Aan-dreh-aa! Welche Zeit zeigt Ihre Armbanduhr momentan an?«
War das eine Fangfrage? Kam als Nächstes der Vorwurf, ich sei zu spät dran?
»Öh, lassen Sie mich nachsehen. Sie steht auf Viertel nach fünf morgens, aber ich habe sie natürlich noch nicht auf Pariser Zeit umgestellt. Also sollte sie Viertel nach elf vormittags anzeigen«, sagte ich gut gelaunt in der Hoffnung, damit einen gelungenen (und nicht zu kühnen) Auftakt zur ersten von vielen Unterhaltungen in dieser endlosen Woche gesetzt zu haben.
»Danke für Ihre epischen Ausführungen, Aan-dreh-aa. Und darf ich weiter fragen, was genau Sie in den letzten 35 Minuten getrieben haben?«
»Ja, also, Miranda, der Flug hatte ein paar Minuten Verspätung und dann musste ich noch -«
»Darf ich Sie darauf hinweisen,
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