Der Teufel trägt Prada
daherkam. Herz, was willst du mehr? Eben durchwühlte ich die Taschenkollektion nach einem passenden Begleitstück, als die bärbeißige Friseurin und Visagistin eintrudelte und sich stirnrunzelnd daran machte, die Katastrophe, die ich in ihren Augen ganz offensichtlich darstellte, auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
»Äh, meinen Sie, Sie könnten das da unter meinen Augen vielleicht ein bisschen aufhellen?« Ich formulierte meinen Vorstoß bewusst zaghaft, um nur ja nicht den Eindruck zu erwecken, ich wollte ihr ins meisterliche Handwerk pfuschen. Wahrscheinlich wäre es schlauer gewesen, ich hätte selbst zu Pinsel und Schwamm gegriffen, vor allem, nachdem mir mehr Arbeitshilfen und Instruktionen zur Verfügung standen als den NASA-Wissenschaftlern zum Bau der Space Shuttle. Aber dieser weibliche Dragoner vom Schminkregiment war auf Knopfdruck zur Stelle, ob es mir nun passte oder nicht.
»Nichts da!«, bellte sie, offensichtlich nicht von dem gleichen Wunsch nach feinfühligem Vorgehen getrieben wie ich. »So sieht es besser aus.«
Sie betonte meine Augenringe mit einem letzten, balkendicken schwarzen Strich und verschwand so fix, wie sie gekommen war. Ich schnappte mir die Gucci-Tasche im Alligator-Look und fand mich 15 Minuten vor der mutmaßlichen Abfahrtszeit im Foyer ein, um doppelt und dreifach sicherzugehen, dass der Fahrer bereitstand. Ich debattierte gerade mit Renaud, ob wir wohl getrennt fahren sollten, damit Miranda nicht in die Verlegenheit kam, mit mir sprechen zu müssen, oder ob sie das Risiko eingehen würde, mit ihrer Assistentin zusammen auf dem Rücksitz zu hocken und sich am Ende von ihr etwas einzufangen – da erschien sie. In aller Ruhe musterte sie mich von Kopf bis Fuß – und verzog keine Miene. Ich hatte bestanden! Zum ersten Mal, seit ich für sie arbeitete, weder der übliche, zutiefst angewiderte
Blick noch zumindest ein ätzender Kommentar – und das ohne größeren Aufwand: ein Spezialeinsatz der Moderedakteurinnen in New York, ein Trupp Pariser Haarkünstler und Visagisten sowie der Großteil dessen, was die Welt derzeit an Haute Couture zu bieten hatte, mehr war dazu nicht nötig gewesen.
»Ist der Wagen schon da, Aan-dreh-aa?« In ihrem kurzen, gesmokten Cocktailkleid aus Samt sah sie umwerfend aus.
»Ja, Ms. Priestly, bitte hier entlang«, schaltete Monsieur Renaud sich gewandt ein und geleitete uns an einer Gruppe vorbei, die offensichtlich ebenfalls zu den Modenschauen aus Amerika angereist war: superhippe Redaktionstypen, die in ehrfürchtiges Schweigen verfielen, als wir an ihnen vorbeimarschierten, Miranda zwei Schritte voraus, eine dünne, auffallende und hoffnungslos verkniffene Erscheinung. Ich musste beinahe rennen, um hinterherzukommen, obwohl ich 15 Zentimeter größer war als sie. Beim Wagen angekommen, zögerte ich, bis ihr Blick »Na? Worauf zum Teufel warten Sie noch?« signalisierte, erst dann schlüpfte ich nach ihr auf die Rückbank der Limousine.
Gott sei Dank schien der Fahrer zu wissen, wo es hinging: In der letzten Stunde hatte mich die Schreckensvision geplagt, dass Miranda mich am Ende fragen würde, wo die geheimnisvolle Cocktailparty eigentlich stattfand. Doch sie ließ mich in Ruhe und schärfte stattdessen Mr. BTB übers Handy ein, am Samstag ja so rechtzeitig einzutreffen, dass noch reichlich Zeit zum Umziehen und für einen Drink vor der großen Party blieb. Im Weiteren ging es darum, ob er Caroline und Cassidy im Privatjet seiner Firma nach Paris mitnehmen solle oder nicht: Da er erst Montag zurückflog, würden sie einen Tag Schule verpassen, wovon Miranda nichts wissen wollte. Als wir am Boulevard Saint Germain vor einem überaus edlen Apartementhaus hielten, stellte ich mir erstmals die Frage, was ich hier heute Abend eigentlich verloren hatte. Miranda hütete sich stets, Emily, mich oder sonst jemanden vom Personal in aller Öffentlichkeit zu schikanieren (womit sie in gewisser Hinsicht erkennen ließ, dass
sie grundsätzlich sehr wohl wusste, was sie uns antat). Nachdem sie mich also nicht gut herumscheuchen konnte, um ihr Drinks zu holen, jemanden an die Strippe zu kriegen oder ihr Zeug zur Reinigung zu schaffen – was wurde dann, außer gepflegtem Herumstehen, von mir erwartet?
»Aan-dreh-aa, die Gastgeber sind ein befreundetes Ehepaar aus unserer Zeit in Paris. Sie haben mich gebeten, eine Assistentin mitzubringen, die sich um ihren Sohn kümmern soll, damit er sich nicht wie üblich bei solchen Anlässen langweilt. Sie
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