Der Teufel trägt Prada
beide werden sicherlich gut miteinander auskommen.« Sie wartete, bis der Fahrer ihr die Tür aufhielt, und entstieg sodann mit ihren göttlichen Jimmy-Choo-Pumps anmutig dem Wagen. Während ich noch mit dem Griff an meiner Seite kämpfte, war sie schon die drei Stufen hinauf und überließ ihren Mantel dem erwartungsvoll dreinblickenden Butler. Also ließ ich mich für einen Augenblick auf den weichen Ledersitz zurückfallen und kaute auf dem Leckerbissen von Information herum, den sie mir eben so lässig hingeworfen hatte. Die Frisur, das Make-up, die Umplanung, die panische Suche nach dem richtigen Look, die Motorradbrautstiefel – dafür, dass ich den ganzen Abend auf irgendeinen stinkreichen, verwöhnten Rotzlöffel (noch dazu einen französischen ) aufpassen sollte?
Wieder und wieder hielt ich mir vor, dass mich nur noch wenige Monate vom New Yorker trennten; bald erhielt ich den Lohn für mein Sklavenjahr, und auf dem Weg zu meinem Traumjob würde ein öder Abend mehr oder weniger mich nicht umbringen. Doch es half nichts. Plötzlich wollte ich bloß noch zusammengerollt bei meinen Eltern auf der Couch liegen und mir von meiner Mom einen Becher Tee in der Mikrowelle wärmen lassen, während Dad das Scrabble-Spiel aufbaute. Wollte auch Jill und Kyle dabeihaben, mit dem Baby, das vor sich hin gluckste und mich angrinste, wollte von Alex am Telefon hören, dass er mich liebte. Niemand würde sich über meine fleckigen Jogginghosen oder meine schockierend unpedikürten Zehen aufregen, und ich
würde in aller Ruhe ein dickes, fettes Schokoladeneclair vertilgen dürfen. Keine Menschenseele dort wusste etwas von Modenschauen irgendwo überm großen Teich oder wollte auch nur eine Silbe davon hören. Aber all das schien unendlich fern, Lichtjahre weit weg; momentan musste ich mich stattdessen mit einem Rattenschwanz von Leuten herumschlagen, die für den Laufsteg lebten und starben. Und mit einem garantiert hoffnungslos verzogenen kleinen Bengel, der auf Französisch in der Gegend herumplärrte.
Endlich schleppte ich meinen spärlich, aber schick bekleideten Leib durch den kleinen Vorgarten zum Eingang, vor dem kein Butler mehr wartete. Aus einem offenen Fenster drang durchaus flotte Live-Musik, es roch nach Duftkerzen. Ich holte einmal tief Luft und griff nach dem Klopfer, doch da schwang die Tür wie von selbst auf. Eins steht fest: nie, niemals in meinem jungen Leben war ich so verdutzt wie an jenem Abend, als Christian mich lächelnd in Empfang nahm.
»Andy, mein Herz, wie schön, dass du kommen konntest.« Er beugte sich vor und küsste mich auf den Mund – reichlich frech, wenn man bedenkt, dass ich ihn in ungläubigem Staunen sperrangelweit aufgerissen hatte.
»Was tust du denn hier?«
Grinsend schob er sich die unvermeidliche Locke aus der Stirn. »Das könnte ich genauso gut dich fragen. Nachdem du mir überallhin nachzulaufen scheinst, drängt sich mir der Verdacht auf, dass du etwas von mir willst.«
Ganz Dame, wurde ich erst rot und schnaubte dann laut. »Ja, wahrscheinlich. Allerdings bin ich hier nicht zu Gast, sondern lediglich ein pikfein angezogener Babysitter. Miranda hat gesagt, ich solle mitkommen, und mir erst in letzter Sekunde eröffnet, dass ich heute Abend auf den Sohn der Gastgeber aufpassen darf. Wenn du mich also bitte entschuldigen willst, damit ich mich vergewissere, ob der kleine Teufelsbraten genügend Milch und Buntstifte zur freien Verfügung hat.«
»Ach, ich bin mir ziemlich sicher, ihm fehlt nichts zu seinem Glück, höchstens noch ein Kuss von seiner Babysitterin.« Er nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und küsste mich erneut. Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, was zum Teufel hier eigentlich vorging, doch er verstand meinen Protestversuch als Entgegenkommen und ließ seine Zunge in meinen Mund wandern.
»Christian!«, zischte ich gedämpft; Miranda würde vermutlich nicht lange fackeln, wenn sie mich dabei erwischte, wie ich auf einer ihrer Partys mit irgendeinem hergelaufenen Kerl herummachte. »Was soll der Scheiß? Lass mich los!« Ich wand mich aus seinem Griff, doch er ließ ungerührt weiter dieses anbetungswürdige Lächeln sehen, das mich zur Weißglut brachte.
»Meine liebe Andy, du scheinst mir heute ein klein wenig schwer von Begriff. Das hier ist mein Haus, und die Gastgeber sind meine Eltern. Schlau wie ich bin, habe ich ihnen aufgetragen, deine Chefin zu bitten, dass sie dich mitbringen soll. Hat sie etwa behauptet, ich wäre erst zehn? Oder
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