Der Teufel trägt Prada
Ich weiß, dass ich für alle spreche, wenn ich sage, dass wir uns sehr geehrt fühlen.« Gott im Himmel, was war das bloß für ein idiotisches Gestammel! Und trotz meiner alles beherrschenden Nervosität, entging mir nicht, dass sich im Publikum Unruhe breitmachte. Ohne ein weiteres Wort stieg ich so würdevoll wie möglich vom Podium herunter und merkte erst beim Hinterausgang, dass ich die Plakette liegengelassen hatte. Eine Hotelangestellte trug sie mir gnadenlos bis ins Foyer nach und drückte sie mir in die Hand. Kaum war sie weg, ersuchte ich einen der Portiers, mir das Ding aus den Augen zu schaffen. Achselzuckend steckte er es in seine Tasche.
Dieses Biest! , war alles, was ich in meiner Wut und Erschöpfung noch denken konnte. Wie gern hätte ich abgefeimte Wege ersonnen, sie vom Leben zum Tode zu bringen. Mein Handy klingelte – wer konnte das wohl sein? Ich stellte es auf »stumm« und bestellte an der Rezeption einen Gin Tonic. »Bitte, und zwar jetzt und gleich und hier. Bitte.« Die Frau musterte mich kurz und nickte. Ich kippte mir den Drink in zwei langen Zügen hinter die Binde und begab mich zurück in die oberen Etagen unter die Knute meiner Herrin. Zwei Uhr nachmittags, mein erster Tag in Paris und ein Gefühl, als wollte ich am liebsten sterben. Bloß dass Sterben nicht in Frage kam.
17
»Hotelsuite von Miranda Priestly«, machte ich von meinem neuen Pariser Büro aus Meldung. Die grandiosen vier Stunden, die mir zum Ausschlafen bewilligt worden waren, hatten um sechs Uhr morgens mit dem Notruf eines Lagerfeld-Assistenten ein jähes Ende gefunden. Bei der Gelegenheit ging mir auf, dass offenbar sämtliche Anrufe für Miranda direkt in mein Hotelzimmer umgeleitet wurden. Seit ich den Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, klingelte das Telefon ohne Unterlass, die zwei Dutzend bereits vorhandenen Botschaften auf dem Anrufbeantworter einmal außer Acht gelassen. Ganz Paris mitsamt dem Umland wusste anscheinend, dass Miranda anlässlich der großen Modenschauen hier logierte.
»Hi, ich bin’s. Wie geht’s Miranda? Ist alles okay? Schon was in die Hose gegangen? Wo ist sie, wieso bist du nicht bei ihr?«
»Hey, Em! Danke für deine freundliche Anteilnahme. Wie geht’s denn dir überhaupt?«
»Was? Ach, ganz gut. Noch ein bisschen wacklig, aber es wird allmählich wieder. Egal. Was ist mit ihr ?«
»Ja, danke, mir geht’s auch gut, lieb, dass du dich erkundigst. Ja, der Flug war elend lang, und ich habe noch keine 20 Minuten am Stück geschlafen, weil dauernd das Telefon klingelt und, ach ja, ich habe mir vor einem Publikum, das eigentlich gern Miranda erlebt hätte, ihr aber offenbar nicht interessant genug war, eine komplette Rede aus dem Ärmel geschüttelt, weil ich von der, die ich vorher noch schnell geschrieben hatte, kein Wort mehr wusste. Hab mich vor versammelter Mannschaft
komplett zum Deppen gemacht und bin vor Angst beinahe gestorben, aber sonst ist alles paletti.«
»Andrea! Hör auf mit dem Geblödel! Ich mache mir wirklich ernsthafte Sorgen. Schließlich war nicht viel Zeit, um das Ganze vorzubereiten, und du weißt, wenn irgendwas schiefläuft, gibt sie sowieso mir die Schuld.«
»Emily, nimm’s bitte nicht persönlich, aber ich kann momentan nicht mit dir reden. Ich kann einfach nicht.«
»Wieso? Stimmt irgendwas nicht? Wie ist ihr Meeting gestern gelaufen? Ist sie pünktlich hingekommen? Hast du alles, was du brauchst? Und denkst du daran, dich immer passend anzuziehen? Vergiss nicht, du bist da drüben die Repräsentantin von Runway , und du sollst auch danach aussehen.«
»Emily, ich muss jetzt Schluss machen.«
»Andrea! Da stimmt doch irgendwas nicht. Erzähl, was hast du so getrieben?«
»Also – in meiner üppigen Freizeit habe ich grob gerechnet bisher ein halbes Dutzend Massagen, zwei Kosmetikbehandlungen und ein paar Maniküren absolviert. Miranda und ich lassen uns hier gemeinsam verwöhnen und verstehen uns blendend. Sie gibt sich größte Mühe, mich nicht zu sehr einzuspannen, weil sie meint, ich soll lieber die Chance nützen und diese herrliche Stadt in vollen Zügen genießen. Also, die meiste Zeit sind wir faul und lassen es uns gut gehen, trinken köstlichen Wein, gehen shoppen und so. Das Übliche eben.«
»Andrea! Hör zu, das ist absolut nicht komisch. Jetzt mal im Ernst, was zum Geier geht bei euch ab?« Je aufgebrachter sie klang, desto besser fühlte ich mich.
»Emily, was soll ich schon groß sagen? Was willst du hören? Wie es bisher
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