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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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ein Fenster und einen Kleiderschrank und sogar eine schicke Backsteinwand. Für 800 Dollar im Monat. Es gab Küche und Bad, aber natürlich weder einen Geschirrspüler noch eine Wanne oder gar einen Lift. Na ja, wenn man das erste Mal allein wohnt, kann man natürlich kein Luxusapartment erwarten. Shanti und Kendra waren zwei liebe,
stille Inderinnen, die gerade ihr Studium beendet hatten, bei einer Investmentbank arbeiteten und sich so ähnlich sahen wie ein Ei dem anderen. Jedenfalls konnte ich sie vom ersten bis zum letzten Tag nicht auseinander halten. Egal. Ich hatte ein Zuhause.

4
    Auch nach drei Tagen in meiner neuen Bleibe kam ich mir noch immer wie eine Fremde in der Fremde vor. Das Zimmer war wirklich wahnsinnig winzig. Vielleicht eine Spur größer als der Geräteschuppen meiner Eltern, aber nicht viel. Darüberhinaus schrumpfte es noch einmal um die Hälfte, nachdem ich es eingerichtet hatte. Denn unerfahren wie ich war, hatte ich es bei der Besichtigung für einigermaßen normalgroß gehalten und beschlossen, mir ein Doppelbett, eine Kommode und vielleicht auch noch ein, zwei Nachtschränkchen zu kaufen. Lily und ich waren mit Alex’ Wagen zu Ikea gedüst und hatten wunderschöne, helle Massivholzmöbel erstanden und einen Webteppich in den unterschiedlichsten Schattierungen von Hellblau, Dunkelblau, Königsblau und Indigo. Genau wie Mode zählte auch Innenausstattung nicht gerade zu meinen besonderen Stärken: Ich glaube, Ikea war gerade in seiner »Blauen Phase«. Wir kauften einen Bettbezug mit einem blauen Tupfenmuster und den kuscheligsten Überwurf, den wir kriegen konnten. Dann überredete Lily mich noch zu einem chinesisch angehauchten Nachttischlämpchen, und ich suchte mir ein paar gerahmte Schwarzweißbilder aus, die mir zu dem schlichten, dunklen Rot meiner so hoch gepriesenen Backsteinwand zu passen schienen. Elegant und leger, mit einer Prise Zen. Perfekt für mein erstes eigenes Zimmer in der Großstadt.
    Perfekt zumindest so lange, bis die Sachen geliefert wurden. Ein Zimmer besichtigen ist anscheinend nicht ganz das Gleiche wie ein Zimmer ausmessen. Nichts passte. Nachdem Alex das
Bett zusammengebaut und an die nackte Backsteinwand geschoben hatte, war der Raum voll. Ich musste die Möbelpacker mit der Kommode, den süßen Nachttischchen und sogar mit dem großen Spiegel wieder zurückschicken. Immerhin gelang es Alex und den Packern, das Bett anzuheben, so dass ich den Teppich darunterlegen konnte. Unter dem hölzernen Monstrum lugte auf jeder Seite tatsächlich noch eine Handbreit Blau hervor. Da das chinesische Lämpchen nun weder auf einem Nachttisch noch auf der Kommode stehen konnte, parkte ich es einfach auf dem Fußboden, wo es zwischen dem Bettgestell und der Schiebetür des Wandschranks sage und schreibe fünfzehn Zentimeter Platz fand. Beim Aufhängen der Schwarzweißbilder versagte ich kläglich. Obwohl ich es mit Hammer und Nagel probierte, mit Isolierband, Schrauben, Drähten, Leim und doppelseitigem Klebeband, bekam ich sie nicht an die Wand. Nachdem ich mich drei Stunden lang damit herumgequält und mir die Fingerknöchel blutig geschürft hatte, kapitulierte ich und stellte sie auf die Fensterbank. Eigentlich die ideale Lösung. So konnte ich der Frau von gegenüber, die circa zwei Meter von mir entfernt auf der anderen Seite des Lichtschachts wohnte, ein bisschen die Sicht auf mein kleines Reich versperren.
    Aber eigentlich spielte sowieso alles keine Rolle. Es war mir egal, dass ich nur in einen Lichtschacht gucken konnte, statt die Aussicht auf die New Yorker Skyline zu genießen, dass ich keine Kommode und damit auch keine Schubladen besaß oder dass in den winzigen Wandschrank gerade mit Ach und Krach ein Wintermantel hineinpasste. Es war mein Zimmer, und ich hatte es ganz allein nach meinem Geschmack eingerichtet, ohne dass mir meine Eltern oder irgendwelche Mitbewohner dreinreden konnten. Kurz gesagt: Ich war vernarrt in eine Besenkammer.
    Am Abend vor meinem ersten Arbeitstag beschäftigte mich nur ein einziger Gedanke: Was sollte ich am nächsten Morgen bloß anziehen? Kendra schaute ab und zu herein und fragte
freundlich, ob sie mir vielleicht helfen könnte. Da sie und ihre Freundin jeden Tag im ultrakonservativen Kostümchen in die Bank stöckelten, verzichtete ich lieber dankend auf ihre modischen Ratschläge. Ich tigerte im Wohnzimmer auf und ab – falls von »tigern« überhaupt die Rede sein kann, wenn man höchstens vier Schritte Platz hat – und

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