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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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über den verknoteten
Gliedmaßen nach vorn, als wolle er in die Mahagoniplatte beißen. »Sie war sehr
fordernd«, quetschte er heraus.
    »Fordernd in welcher Beziehung?«
    Ströers Gesicht leuchtete in changierenden Rottönen. Es mochte an
seiner Körperhaltung liegen, aber er schien überhaupt nicht mehr zu atmen.
Schwemmer fragte sich, ob er sich Sorgen machen sollte.
    »Sie brauchte sehr viel Zuwendung. Auch …«, endlich japste Ströer
nach Luft, was seine Gesichtsfarbe aber nicht nennenswert gesünder machte, »… auch
… körperlich.«
    Nachdem er das Wort »körperlich« hervorgestoßen hatte, sackte Ströer
in sich zusammen. Er wirkte erleichtert.
    »Sie waren körperlich überfordert von ihr?«, fragte Schwemmer.
    Ströer sprang auf, mit einer Entschlossenheit, die Schwemmer nach
seinem bisherigen Auftritt verblüffte. Mit großen Schritten durchquerte er das
Zimmer und riss einen schmalen Band aus einem Bücherregal, das wahrscheinlich
auch aus Mahagoni bestand. Er blätterte darin herum, wandte sich dann Schwemmer
zu und deklamierte mit erhobener Stimme:
    »Wer bist du
    mir und dem Dunst
der Liebe, die
    uns umfing und
    nun dem Wind
    der Lust ge-
    opfert
    werden wird, wenn
    wenn
    wenn
    nicht dein Name
der Blume
    gleich
    mein Herz
zerrühret
    wiederum
    wenn der Schmerz
des
    Verlangens uns
    uns
    uns
    nicht mehr
vergittert in
    der Höhle der
    Nacht der
    Dunkelheit der
    Finsternis der
    ABGRUNDTIEF
    wogenden NICHTIGKEIT
    des du
    magst nicht
    wagst nicht es
auszu-
    sprechen
    denn
    denn
    denn
    es ist Leere
    Leere, die uns
    umgibt.«
    Sichtlich ergriffen schloss Ströer
das Buch und blickte zur Decke.
    »Das ist von Ihnen, nehme ich an?«, fragte Schwemmer.
    »Ja …« Ströer atmete tief ein. »So war sie. So und nicht anders.« Er
kam zurück und legte das Buch vor Schwemmer auf den Schreibtisch. »Das können
Sie haben«, sagte er. »Das Gedicht heißt ›Wer bist du‹, aber eigentlich dreht
sich das ganze Buch um Susanne.«
    »Wie stand sie denn dazu?«
    Ströer sah ihn durchdringend an, sein Vortrag schien ihn in einen
völlig anderen Zustand gebracht zu haben.
    »Sie fand es scheiße«, sagte er.
    Schwemmer musste sich zusammenreißen, um nicht »natürlich« zu sagen.
»Das mit dem Vergittern hab ich nicht verstanden«, sagte er stattdessen.
    »Verstehen!«, fauchte Ströer. »Was hat Lyrik denn mit Verstehen zu tun? Sie sind keinen Deut besser als –« Gerade
noch rechtzeitig fiel ihm wohl wieder ein, mit wem er da gerade redete.
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte er.
    »Natürlich«, antwortete Schwemmer.
    * * *
    »Des können S’ mir scho glaubn, Herr Kommissar«, sagte Herr
Worgall.
    »Hauptkommissar«, sagte Schafmann.
    »Von mir aus. I steh ned auf Mercedes. I steh auf MAN  …«
    »Und privat fahren Sie Audi.«
    »Genau. I find, an Audi is an Auto, des man brauchn kann,
verstehn S’? Ned oans zum Angebn, moan i. Oans zum Braucha. Aber dass der
Sack mir die Tür zerkratzn tät, weil i mal a hoibe Stund da gstandn hab, wo’s
eam ned passt, des geht fei ned!«
    »Nein, das geht natürlich nicht«, sagte Schafmann. »Aber Sie sagten,
Sie hätten Informationen zu dem Mordfall.«
    »Hab i ja a. Oaner, der so was macht, der daschiaßt auch Weiber. Und
i woaß, wer’s war.«
    Schafmann unterdrückte ein Seufzen. Der kleine Mann, der ihm
gegenübersaß, war ihm hier im Büro noch unangenehmer als bei der Befragung an
seiner Haustür. »Bitte verzeihen Sie, wenn ich Ihre Schlussfolgerung nicht ganz
teile, aber –«
    »Ned teiln? Wieso des?«
    »Bleiben wir mal dabei, dass Sie zu wissen meinen, wer das getan
hat. Wer soll das sein, und woher wissen Sie das?«
    »Der Polz war’s. Der Oide.«
    »Der alte Herr Polz. Aha.«
    »Die wohnen glei über mir. Im gleichn Haus. Er und der Filius, des
is a so oaner.«
    »Und woher wissen Sie das?«, fragte Schafmann.
    »Des hob i ghört. Im Wirtshaus! Da Laubinger Sepp hod gsagd, er
kennt oan, der gsehn hätt –«
    »Nein, nein, Herr …«, Schafmann musste auf seinem Notizblock
nachsehen, »Herr Worgall, so geht das nicht. Sie können niemanden nur wegen
Hörensagen beschuldigen. Das ist üble Nachrede.«
    Worgall war sichtlich verblüfft.
    »Aber mei Audi«, sagte er, doch Schafmann war bereits aufgestanden
und forderte ihn mit eindringlicher Gestik auf, sein Büro zu verlassen. Worgall
gehorchte, wenn auch unter Protest. Ein Uniformierter kam gerade vorbei, und
Schafmann gab ihm den Zeugen an die Hand, sodass er ihn nicht auch noch zur

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