Der Teufel von Garmisch
Sekunden
später verstarb. Sie fiel dabei auf die Stirn. Und nun …«, von Pollscheidt sah
sie triumphierend an, »… nun kommt – woher auch immer – ein barmherziger
Samariter, dreht sie auf den Rücken und versucht, ihr Leben zu retten. Leider
komplett erfolglos.«
»Wie bitte?« Schwemmer versuchte zu verstehen, was von Pollscheidt
da gesagt hatte. »Ein Samariter? Woher auch immer?«
»Das ›Woher‹ müssen Sie und der Kollege Dräger klären. Ich kann nur
hieraus meine Schlüsse ziehen.« Seine behandschuhten Finger hoben die
aufgeschnittene Bluse an und klappten den ebenfalls aufgeschnittenen
Büstenhalter beiseite.
»Sehen Sie hier die Hämatome in der Herzgegend? Wenn ich mich nicht
sehr irre, sind das die Spuren einer erfolglosen Herzmassage.«
»Moment«, sagte Schwemmer. »Der Täter schießt der Berghofer drei
Kugeln in den Kopf, einen Tag später ist er immer noch hier, wird von der
Wagmüller überrascht, sie kriegt ’nen Herzinfarkt, und er versucht, ihr das
Leben zu retten?«
»Klingt gut«, sagte Isenwald. Ihr Humor lief wohl langsam wieder an.
Von Pollscheidt grinste fröhlich. »Manchmal bin ich froh, dass ich
meinen Job habe und Sie den Ihren. Abtransport!«, brüllte er dann ins
Stiegenhaus.
Schwemmer und Isenwald verzogen sich wieder nach draußen.
Überflüssiges Publikum beim Einsargen war für niemanden hilfreich. Auch nicht
für das Publikum.
Dräger kam auf sie zu. »Die Spuren zu interpretieren wird spannend«,
sagte er.
»Sieht so aus«, sagte Schwemmer. »Was haben Sie gefunden?«
»Im Schlafzimmer gibt es Abdrücke und Fremdmaterial ohne Ende. Im
Bettzeug zum Beispiel Haare, die offensichtlich nicht vom Opfer stammen. Die
Fingerabdrücke müssen natürlich abgeglichen werden, aber ich denke, sie stammen
von mehr als einer Person. Interessanterweise sind aber im Treppenhaus und an
manchen Stellen im Wohnzimmer Spuren entfernt worden.«
»Im Treppenhaus? Wieso nicht im Schlafzimmer? Warum hat er nicht
zuerst am Tatort angefangen, die Spuren zu beseitigen?«, fragte Schwemmer.
Einen Moment herrschte nachdenkliches Schweigen.
»Vielleicht hat ja die Frau Wagmüller geputzt«, sagte Isenwald.
»Kann das sein? Dass Sie als Zugehfrau für die Berghofer arbeitete und dabei
auf das Opfer stieß?«
»Dann war sie nicht sehr ordentlich«, sagte Dräger. »Im Wohnzimmer
wurden nur ganz bestimmte Stellen gewischt. Der Tisch, das Schnapsglas, aber
nicht die Flasche. Ein paar Fotos im Regal, aber nicht alle. Im Treppenhaus war
es nur der Handlauf an der Stiege und der Lichtschalter. Das Bad oben fast
komplett. Unten in der Küche gar nicht.«
»Aber wir werden das trotzdem überprüfen … Frau Zettel!«, rief
Schwemmer über die Schulter. »Haben wir die Zeugin noch hier? Die Bekannte von
der Frau Wagmüller?«
»Ja«, erhielt er zur Antwort.
»Bringen Sie die bitte mal her.«
Die alte Dame in Zettels Begleitung schien sehr wach. Offenbar tat
ihr die Aufregung gut.
»Ob die Lina bei der Berghoferin geputzt hat? Aber nein. So was würd
die Lina nicht machen – für andere putzen.« Sie verzog abfällig den Mund.
»Schon gar nicht für diese …« Sie ließ den Satz in der Schwebe.
Diese was?, wollte Schwemmer fragen, aber Isenwald kam ihm zuvor.
»Der Ruf der Frau Berghofer war nicht der beste, gell?«, sagte sie
mit wissendem Unterton.
Schwemmer sah sie von der Seite an. Isenwald warf Frau Mitteregger
einen verschwörerischen Blick zu, man sprach von Frau zu Frau sozusagen, da
sollte es doch keine Geheimnisse geben.
Sie ist gut, dachte Schwemmer. Sie geht mir auf die Nerven, aber sie
ist gut.
Frau Mitteregger sprang dankbar auf Isenwalds Trick an.
»›Nicht der beste‹ ist gut. Die hatte doch ständig Herrenbesuch. Und
jede Woch ein anderer, hat die Lina gesagt. Ich mein, es ist ja heutz’tag was
anderes, aber wir hätten uns das nicht getraut, so in
aller Öffentlichkeit. Und jetzt sieht man ja, was dabei rauskommt.
Hinterhergelaufen sind ihr die Mannsbilder, als wär’s eine läufige Hündin. Gehn S’
mir weg! Einer hat stundenlang nächtens vor dem Haus gestanden. Die Lina wollt
schon die Polizei rufen, aber ich hab ihr gesagt, Lina, lass es sein. Was
werden die schon machen?« Erschrocken sah sie auf.
»Sprechen Sie weiter«, sagte Schwemmer so freundlich wie möglich,
aber der Redefluss der Frau war fürs Erste versiegt.
»Wer stand denn da vor der Tür? Hat Frau Wagmüller das erkennen
können?«, fragte Isenwald.
Frau Mitteregger hob unbehaglich
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