Der Teufel von Herrenhausen
gegangen?«
Hofholt blickte
sie erstaunt an. »Was glauben Sie? Ich hatte natürlich gedacht, dass das Ganze
ein Ende haben würde, wenn diese Schüler die Schule verlassen, aber …«
»Was, aber?«
»Es geht weiter.
Sie sind auf der Hochzeit aufgetaucht.« Er sah Charlotte an. »Sie glauben ja
wohl nicht, dass ich die eingeladen hätte. Nee, die haben sich selbst
eingeladen, und dann hat dieser Scheißkerl doch tatsächlich Geld von mir
verlangt!«
»Welcher
Scheißkerl? Ziemer oder Sokolow?«
»Ach, die gehören
doch alle zusammen. Aber es war Sokolow. Er ist der Raffinierte. Ziemer ist
eher der Mann fürs Grobe.«
»Wie viel haben
sie verlangt?«
Hofholt gluckste.
»Fünfzigtausend! Stellen Sie sich das vor: fünfzigtausend! Könnte ich sowieso
nicht bezahlen. Alle denken immer, weil mein Großvater reich war, hab ich Geld.
Was keiner weiß, ist, dass mein Großvater alles andere als reich war, als er
starb. Er hatte sich total verschuldet. Na gut, meine Mutter und Tante Monika
hat er gut versorgt, aber davon hab ich nichts. Ich muss für mein Geld
arbeiten.«
Charlotte kniff
die Augen zusammen. »Laufen da noch andere Dinge an Ihrer Schule, von denen wir
wissen sollten?«
»Diese Bande
terrorisiert die jüngeren Schüler schon seit Langem, aber keiner traut sich,
was zu sagen.«
»Was meinen Sie
damit?«
»Na, sie pressen
ihnen Geld ab oder ihre Handys oder sonst was.« Hofholt leerte sein Glas und
sah Charlotte bittend an. »Glauben Sie mir, das Einzige, was ich mir habe
zuschulden kommen lassen, war ein einziger Moment der Schwäche dieser … dieser
Sirene gegenüber.«
»Klar«, sagte
Charlotte und leerte ebenfalls ihr Glas. Ȇbrigens, wissen Sie, mit wem Ihr
Trauzeuge sich auf Ihrer Hochzeit geprügelt hat?«
Hofholt riss
erstaunt die Augen auf. »Bernd hat sich geprügelt? Mit wem?«
»Das frage ich
Sie.«
Hofholt schüttelt
den Kopf. »Davon wusste ich nichts.«
»Er sagte, es war
ein Gast, der nicht eingeladen war.«
»Tatsächlich?«
Hofholt dachte nach.
»Weiß Herr Malinek
von dieser Erpressung?«, fragte Charlotte. »Könnte es sein, dass es bei dem
Streit darum ging?«
Hofholt nickte
bedächtig. »Ja, ich hab ihm davon erzählt. Ich kenne ihn schon, solange ich
denken kann. Er war mein Pate und … weiß irgendwie immer Rat. Ganz anders als …
mein Vater.«
»Und«, fragte
Charlotte, »wusste er Rat?«
»Nein«, sagte
Hofholt.
Charlotte stand
auf und sah ihn an. »Ich werde sehen, was sich machen lässt. Wenn es geht,
werde ich Sie raushalten. Aber versprechen kann ich nichts.«
Damit
verabschiedete sie sich und ging. Im Hinausgehen warf sie dem grinsenden
Schüler noch einen herausfordernden Blick zu. Sie fragte sich, ob dieser
Malinek vielleicht noch andere Gründe hatte, sich mit Sokolow zu prügeln.
Vielleicht wurde er ja selbst erpresst. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass
die Erpressung seines Patenjungen wirklich der einzige Grund für Malinek war,
sich mit Sokolow anzulegen. Da musste noch was anderes sein, sonst fing sie am
Ende noch an, den Kerl zu mögen.
Sie trat auf die
Straße hinaus und sog die Luft ein. Es dämmerte bereits. Die Luft war kühl und
klar. Sie beschloss, noch ein bisschen die Meile entlangzuschlendern. Ihr Auto
würde sie in der Friesenstraße stehen lassen, die Gretchenstraße war ja gleich
um die Ecke. Und wenn sie zu Hause war, würde sie sich Bergheim vorknöpfen.
Männer waren ja solche Schafe! Zwar nicht so harmlos, aber mindestens so
dämlich.
Als Charlotte am
Abend gegen halb elf nach Hause kam, wartete Bergheim auf dem Sofa vor dem
Fernseher auf sie und zappte sich durch die Programme. Er hatte sich Sorgen
gemacht, aber sie hatte ihr Handy ausgeschaltet. Als sie die Tür öffnete, legte
er die Fernbedienung auf den Couchtisch und wartete. Er hörte, wie sie ins Bad
ging und wenig später das Wasser rauschte. Im Fernsehen verdrosch 007 gerade
einen von den Bösen. Am liebsten hätte Bergheim mit ihm getauscht und sich
diesen verdammten Sokolow mitsamt seiner Marlene mal vorgeknöpft, anstatt hier
nutzlos herumzusitzen und darauf zu warten, dass seine Freundin ihm Absolution
erteilte. Nach zehn Minuten betrat Charlotte – in ihrem roten Kimono sah sie aus
wie eine strafende Göttin – das Wohnzimmer und schloss die Tür ab. Eine Weile
musterte sie ihn, und er hatte keine Ahnung, wie er diesen Blick deuten sollte.
Dann kam sie auf ihn zu, setzte sich vor ihn auf den Couchtisch und hielt
seinen Blick fest.
»Ich mag es
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