Der Teufel von Mailand
der Bruder übernommen. Vor drei Jahren ist er mit seinem Segelflugzeug abgestürzt. Peder hatte in Lausanne als Koch gearbeitet und mußte einspringen.«
»Und weshalb hat er es verkauft?«
»Er hat es überschuldet übernommen und war voller Ideen und Pläne, wie man es sanieren und wieder in Schuß bringen könnte. Weißt du, was er bauen wollte?«
»Einen Wellness-Bereich?«
»Genau.«
»Und woran ist es gescheitert?«
»An der Bank. Zuerst hat sie mitgemacht. Plötzlich hat sie nicht nur den Kredit verweigert, sondern auch die Hypothek gekündigt. Das Hotel wurde zwangsversteigert. Dreimal darfst du raten, wer es ersteigert hat.«
»Die Bank.«
»Und kurz darauf hat sie es für ein Heidengeld verkauft. Peder sagt, mit den Plänen für das Bad als Dreingabe.«
Sonia nickte nachdenklich. »Und jetzt kopiert sie ihm auch noch die Menüs.«
»Aber Peder hat mit der Sache nichts zu tun. Der ist zu anständig.« Christoph fing an zu weinen. Ladina stand auf und kümmerte sich um ihn. Wieder schien sie Sonias Anwesenheit zu vergessen.
»Der Regen hat nachgelassen. Vielen Dank für alles.« Sonia stand auf.
Ohne aufzublicken, sagte Ladina: »Dann noch eher seine Tante.«
»Welche Tante?«
»Frau Felix.«
Bisher hatte sie es vermieden, Bob einzuweihen. Als könnte sie sich damit eine neutrale Zone schaffen, in der das alles keine Bedeutung hatte. Eine andere Wirklichkeit, in die sie sich flüchten konnte. Aber am Ende dieses aufwühlenden Tages sehnte sie sich danach, mit jemandem darüber zu sprechen, der ihr nahestand. Und daß Bob diesen Status inzwischen erreicht hatte, gestand sie sich heute abend ein. Irgendwann in dieser Nacht würde sie es ihm erzählen.
Sie freute sich darauf, in der Bar zu sitzen, ihm zuzuhören und ihn anzuschauen, während er sich immer von neuem von seinem Spiel überraschen ließ.
Doch schon in der Tür sah sie Maman im großen Wandspiegel der Bar. Sie trug ein schwarzes ausgeschnittenes Kleid und ihre dreireihige Perlenkette, deren großkalibrige Perlen sich überdeutlich von der dauerbraunen Haut abhoben. Sie saß damenhaft auf einem Barhocker, hatte ihren obligaten Sherry vor sich und lachte gerade herzlich über etwas, was Barbara Peters gesagt hatte.
Sonia blieb stehen. Sie hatte keine Lust, ihrer Exschwiegermutter hier zu begegnen.
Während sie noch unschlüssig in der Tür stand, entfernte sich Barbara Peters von Maman, durchquerte den Raum, ging hinter Bob vorbei und verschwand aus Sonias Blickwinkel. Im Vorbeigehen hatte sie ihm beiläufig über den Nacken gestrichen.
Sonia ging zurück in ihr Zimmer.
Wenn es den Teufel gäbe und man könnte mit ihm einen Pakt schließen – Barbara Peters würde es tun.
Sonia hatte das Kleid ausgezogen und lag auf dem Bett. Der Fassadenspot warf den Birkenschatten auf die Dachschräge. Der Nachtwind ließ aus den Umrissen Fratzen entstehen und verschwinden. Alle gehörten Barbara Peters.
Als Teenager hatte sie viele Stunden auf dem Bett ihres Mansardenzimmers gelegen und ihre persönlichen Miss-Haß-Wahlen veranstaltet. Kandidatinnen waren ihre zahlreichen immer wieder die Rollen tauschenden Freundinnen und Feindinnen. Sie war die Präsidentin der Jury und ihr einziges Mitglied, unbestechlich und gnadenlos. Sie ließ sie in demütigenden Ausscheidungsrunden gegeneinander antreten, bis sie aus den drei Finalistinnen die Haßkönigin erkor. Dieser ließ sie schreckliche Dinge zustoßen und sah tatenlos zu. Manchmal, wenn sie sich nicht entscheiden konnte, auch allen drei Finalistinnen.
Heute, über zwanzig Jahre später, lieferten sich die beiden Finalistinnen Barbara und Maman ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Sie schenkten sich nichts, beendeten den Wettbewerb ex aequo und mußten sich die Krone teilen. Gerade als Sonia sich für die Form des ersten Preises entscheiden wollte, klopfte es.
Sie verhielt sich ganz still.
Wieder klopfte es. Dann Manuels Stimme: »Komm, mach schon auf, ich bin’s.«
Sie stand auf und öffnete ihm in Slip und BH .
Er war etwas außer Atem: »Wenn du nicht runterkommst, schnappt sie ihn dir weg.«
Sie hob die Schultern. »Wenn er sich schnappen läßt…«
»Quatsch, sie ist eine Ausnahmeschönheit. Da verlangst du zuviel von ihm.«
Sie ließ die Schultern wieder fallen.
»Klar, du siehst natürlich auch gut aus, nur… Ach, Scheiße, komm einfach runter, mach schon.«
»Ich habe schon geschlafen.«
Er musterte sie. »Im Voll-Make-up? Komm runter. Kämpf!«
»Was hast du
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