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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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übertönte. Hatte sie sich den Laut nur eingebildet?, fragte sie sich und schob sich unsicher zurück in die warme Kuhle, die ihr Körper in der Matratze hinterlassen hatte. Hatte sie den Schrei geträumt? Das Rascheln der Daunen wirkte unangemessen laut. Deshalb versuchte sie, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Aber das konnte nicht sein! Hatte sie nicht noch vor wenigen Augenblicken glücklich und aufgeregt mit ihrem Verlobten, Nikolaus Nidhard, vor dem Altar des Ulmer Münsters gestanden, um Gottes Segen zu empfangen?
    Wie passte ein solch grässliches Geräusch dazu? Sie schloss die Augen und zwang sich, die störende Kälte zu ignorieren, die mit einem Mal von ihren Händen und Füßen aus über ihren ganzen Körper kroch. Eine scheinbare Ewigkeit herrschte vollkommene Ruhe. Doch dann schwoll der ohrenzerreißende Ton erneut an. Das Gemurmel gedämpfter Stimmen ließ Zehras Herz erkalten. Flackernder Kerzenschein tanzte an dem Spalt unter ihrer Tür vorbei und das Knarren der Treppen verriet, dass jemand ins Untergeschoss eilte.
    »Hol den Priester!«, hörte sie einen Mann tuscheln. »Beeil dich!« Etwas Bitteres, vollkommen Beängstigendes stieg in Zehras Kehle auf. Etwas, das sie noch niemals zuvor in ihrem Leben gespürt hatte. Und trotz der Kälte, die ihr Blut in Eis zu verwandeln drohte, fühlte sie, wie sich ein Schweißfilm über ihr Gesicht legte. »Er ist tot!«, kreischte eine sich überschlagende Stimme, kaum war das Wimmern wieder abgeklungen.
    »Tot!« Und ehe sie begriff, was sie tat, warf die junge Frau die Decke von sich, sprang aus dem Bett und hastete barfuß, nur mit ihrem Untergewand bekleidet, zur Tür. Mit zitternden Fingern schob sie den Riegel zurück und starrte entgeistert in den Flur hinaus, auf dem sich ein halbes Dutzend Mägde um den Verwalter ihres Vaters drängten. Dieser hob unsicher die Hand, kaum erblickte er die Tochter des Hauses. Das Flüstern der Mägde verstummte. »Zehra«, sagte er tonlos und senkte den Blick – fast als beschäme ihn die unziemliche Blöße der jungen Frau. »Was ist passiert?«, brachte Zehra schließlich heiser hervor. »Martin! Was ist passiert?!«, wiederholte sie schrill, als der Verwalter lediglich ergeben den Kopf schüttelte. »Martin!« Ihre Stimme erstickte. Doch bevor der hochgewachsene Mann antworten konnte, stolperte eine blonde Frau mit wirrem Haar aus der Kammer ihres Vaters, deren Tür seltsamerweise sperrangelweit offen stand. Ihre Augen zuckten von einem zum anderen wie die eines gehetzten Tieres, bis sie schließlich leer und ausdruckslos an Zehra haften blieben. »Er atmet nicht mehr«, stieß sie hervor und schlug sich kraftlos gegen die volle Brust. Dann verzog sich ihr Gesicht zu einer Maske des Schmerzes. Endlich begriff Zehra, wo der grauenvolle Klagelaut seinen Ursprung hatte. Wie an der Stelle festgenagelt, beobachtete sie Martin, der die Frau an der Schulter packte und sanft schüttelte. Aber erst, als diese in blinder Wut mit den Fäusten auf den Verwalter einschlug und schließlich schluchzend an seiner Brust zusammenbrach, gewann sie die Gewalt über ihre Glieder zurück.
    Auf wackeligen Beinen bahnte sie sich einen Weg durch die Mägde, während sich ihr Herzschlag mehr und mehr beschleunigte. Als sie die Schwelle zum Schlafraum ihres Vaters übertrat, verstärkte sich das Dröhnen in ihrer Brust. Einen Augenblick lang fürchtete sie, ihr Herz würde zerspringen. Doch kaum erblickte sie die Gestalt, die leblos in dem ausladenden Himmelbett lag, wich das Rasen ihres Pulses einem heftigen Schwindelgefühl. Ihre Sinne drohten zu schwinden. Halt suchend tastete sie nach dem Schrank neben der Tür, dessen Schnitzereien im Kerzenschein unnatürlich lebendig wirkten.
    Ganz anders als der zusammengekrümmte Hausherr, dessen Augen starr geradeaus blickten. Sein Mund war leicht geöffnet, die Zunge eingeklemmt zwischen den Zahnreihen. Die ehemals wasserblauen Augen waren trübe und weit geöffnet – als habe er im Augenblick seines Todes versucht, etwas ganz genau zu erkennen. Obgleich Zehra die Abwesenheit des Lebens mit schrecklicher Deutlichkeit spüren konnte, taumelte sie auf das Bett zu, stolperte das Treppchen des Gestells hinauf und legte eine bebende Hand auf die Stirn ihres Vaters.
    Diese – eiskalt und wächsern – fühlte sich falsch und unecht an. Am ganzen Körper zitternd, führte die junge Frau die Rechte weiter zu seinen Augen und versuchte, diese zu schließen. Als ihr das nicht gelingen wollte, fuhr

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