Der Teufelsfürst
Wie hatte er nur so lange ohne den beglückenden Schoß einer Frau auskommen können, dachte er und legte besitzergreifend die Hand auf den leicht gerundeten Bauch seiner Gespielin. Diese schmiegte die Wange an seine Schulter und murmelte etwas, das er wegen des Tosens in seinen Ohren nur halb verstand. Zufrieden und erfüllt, schloss Johann die Augen und schalt sich einen Narren, dass er sich das Leben mit Problemen vergällte, die ihm egal sein konnten. Wie auch immer Helwig den Bader dazu gebracht hatte, gegen das Mädchen auszusagen, er würde einfach stillschweigend die Früchte genießen und sich um Wichtigeres kümmern. Er atmete den zarten Lavendelduft ein, der von dem Haar der Magd ausströmte, und ließ sich von der Woge des Glücksgefühls davontragen. Eine Zeit lang lag er einfach nur da, schwelgte in Träumen und wartete darauf, dass der Schweiß auf seiner Haut trocknete. Als sich die Magd an seiner Seite irgendwann vorsichtig von ihm lösen wollte, protestierte er brummend. Sogleich ließ er seine Hand von ihrem Bauch nach unten gleiten. Als er die Zartheit zwischen ihren Beinen ertastete, spürte er, wie seine Erregung mit überwältigender Macht zurückkehrte.
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»Hör endlich auf damit!«, fuhr Helwig ihre Enkelin an. »Was ist nur in dich gefahren, dass du es plötzlich nicht mehr erwarten kannst, die Stadt zu verlassen? Warst du nicht heilfroh, den Frühling nicht auf Burg Katzenstein verbringen zu müssen?« Sophia zog den Kopf ein und murmelte eine Entschuldigung. »Ich dachte nur, Ihr wolltet auch aufs Land zurück«, stammelte sie und errötete unter dem tadelnden Blick ihrer Großmutter. »Was ich will oder nicht will, ist nun wirklich nicht deine Sache!«, grollte Helwig. »Meine Güte, warum hat dein Vater dir nur diesen Widerspruchsgeist nicht ausgetrieben?« Ihre Miene verhärtete sich. »Es wird höchste Zeit, einen Mann für dich zu suchen!« Auch wenn diese Vorstellung Sophia noch vor wenigen Wochen ein Jubeln entlockt hätte, war sie auf einmal alles andere als berückend. Aus Helwigs Mund klangen die Worte wie eine Drohung. »Bummel doch nicht so!«, schimpfte ihre Großmutter weiter, während sie einem der Reisigen ein ungeduldiges Zeichen gab. Sogleich sprang dieser vor, um Sophia die Kiste mit dem venezianischen Glas abzunehmen und sie auf dem Lastengestell des Packpferdes zu befestigen. Neben Helwigs Glaseinkäufen befanden sich bereits etliche kunstvoll gedrechselte Maserholzgefäße, mehrere Säcke mit Salz und Gewürzen, teure Bienenwachskerzen und zwei Ballen Wolle auf dem Gestell. Auch Sophias bescheidene Schätze – ein neuer Rosenkranz aus Holzperlen sowie etwas violettes Tuch für ihren kleinen Hausaltar – baumelten bereits an einem der Haken. In einem Sack daneben zappelte ein halbes Dutzend trächtiger Kaninchen, die Helwig bei den Beginen erstanden hatte. Obgleich in der Fastenzeit der Verzehr von Fleisch aufs Strengste untersagt war, schien die Kirche bei ungeborenen Kaninchen ein Auge zuzudrücken. Diese – in Mandelmilch zubereitet – ergänzten den Speiseplan in so manchem Haushalt, der sonst von frischem und getrocknetem Fisch bestimmt wurde.
Während Sophia gescholten zur Seite trat, damit der Mann ihres Vaters die Riemen festzurren konnte, fragte sie sich zum Dutzendsten Mal, warum Helwig darauf bestanden hatte, die Einkäufe selbst zu tätigen. Warum hatte sie nicht – wie sonst auch immer – Sophia oder eine der Mägde ausgeschickt? Sie warf ihrer Großmutter einen furchtsamen Blick zu und zuckte zusammen, als sich die kalten, grünen Augen in die ihren bohrten. In ihrer schwarzen Tracht, hoch auf dem Rücken eines lohfarbenen Zelters, wirkte Helwig erhaben wie eine Königin. Instinktiv zog Sophia den Kopf noch weiter ein und umklammerte die Münze mit dem Bild der Heiligen Jungfrau in ihrer Tasche. »Können wir jetzt endlich weiter?«, fragte Helwig ungehalten und gab ihrem Reittier die Sporen. Dadurch zwang sie ihre Begleiter – die, anders als sie, zu Fuß unterwegs waren – dazu, ihr hinterherzuhasten. Als sie wenig später in eine Straße einbog, die von Kaufmannshäusern gesäumt war, wurde Sophias Frage beantwortet. Vor einem dreistöckigen Kontor mit einer silberbeschlagenen Tür ließ Helwig sich von einem ihrer Begleiter aus dem Sattel helfen und blaffte: »Wartet hier.« Mit diesen Worten nickte sie einem Knecht zu, der aus dem Hof herbeigeeilt war, und folgte ihm ins Innere des Gebäudes. »Linhart Ungelter. Advocatus und
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