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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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war, dem mächtigen osmanischen Sultan zu entkommen. Aber je öfter sie deren Los mit ihrem eigenen verglich, desto mehr musste sie sich eingestehen, dass sie nicht Sapphiras Stärke besaß. Denn anders als im Leben ihrer Großmutter gab es in ihrem eigenen nicht die Liebe eines Mannes, für den sie bis ans Ende der Welt gehen würde.
    Sie seufzte und vergrub die Hände in den Falten ihrer Röcke.
    Vielleicht war es das Beste, ihr altes Leben einfach zu vergessen und sich in das zu fügen, was Gott für sie vorgesehen hatte!
    Vielleicht war alles, was geschehen war, nur Teil eines göttlichen Planes, den sie in ihrer Unvollkommenheit nicht verstand.

Kapitel 41
Ulm, die Turnierwiese vor der Stadt, Juli 1447
    Sophia konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich dabei sein durfte. Aufgeregt beobachtete sie das bunte Treiben auf der Turnierwiese vor den Mauern der Stadt. Zwar hatte ihre Großmutter bei der Durchsuchung ihrer Kammer nichts gefunden, aber das Misstrauen der alten Frau war seitdem so ausgeprägt, dass sie ihrer Enkelin kaum mehr gestattete, das Haus zu verlassen. Mehr als einmal hatte Sophia dem Himmel für den Einfall gedankt, das in Helwigs Truhe gefundene Pulver zu einem Apotheker zu bringen. Doch bisher war es ihr nicht gelungen, sich heimlich davonzustehlen und nach dem Ergebnis der Untersuchung zu fragen. Ob der Mann überhaupt etwas hatte herausfinden können? Immerhin waren es nur ein paar Körnchen gewesen, die sie ihm ausgehändigt hatte. Sie wickelte sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger und drehte diesen nervös hin und her – eine Angewohnheit, die sich in letzter Zeit verstärkt hatte. Mehr als einmal hatte sie sich bereits gefragt, ob sie eine überreizte Närrin war und Dinge sah, die nicht da waren. Etliche Male hatte sie versucht sich vorzugaukeln, dass es für alles eine ganz harmlose Erklärung gab.
    Doch diese Versuche der Verharmlosung der Tatsachen waren bisher alle kläglich gescheitert. Zu greifbar und bedrohlich war Helwigs Feindseligkeit. Sie schielte verstohlen nach links, um zu sehen, ob ihre Großmutter immer noch die Menge nach möglichen Heiratsopfern absuchte. Wie die übrigen adeligen und reichen Damen saß auch Sophia auf einer Tribüne mit gepolsterten Bänken – froh darüber, von dem Turnierkönig nicht zur Verleihung des Turnierdankes, des begehrten Preises, auserkoren worden zu sein. Helwig thronte hocherhobenen Hauptes neben ihr, die Augen starr geradeaus gerichtet, wie ein Habicht kurz vor dem Schlagen der Beute. »Es wäre doch gelacht, wenn sich an diesem Tag nicht ein Recke finden ließe, der um deine Hand anhält«, hatte sie am Morgen abfällig ausgespuckt und ihrer Enkelin befohlen, ihr bestes Kleid anzulegen. Dieses war so eng geschnitten, dass Sophia kaum wagte, tief Luft zu holen. Sie zog die Wangen zwischen die Zähne und tastete nach der Marienmünze in ihrer Tasche, während die allzu bekannte Beklemmung in ihr aufstieg. Es gab Tage, da wusste sie nicht, vor wem sie sich mehr fürchten sollte: Vor Gott, dessen Zorn sie am heiligen Osterfest auf sich gezogen hatte oder vor ihrer Großmutter, deren dunkle Künste selbst ihrem Vater so viel Angst einjagten, dass er tatenlos zugesehen hatte, wie seine Gespielin aus dem Haus gejagt worden war. Was sollte sie nur tun? Noch immer hatte sie nicht die geringste Ahnung, was sie mit dem gefährlichen Wissen anfangen sollte, zu dem sich ihre Vermutungen langsam, aber sicher erhärteten. Ein verkniffener Blick ihrer Großmutter sorgte dafür, dass sie hastig die Hände in den Schoß sinken ließ. Was würde geschehen, wenn ihr Vater irgendwann nicht mehr auf ihrer Seite stand? Und was, wenn Helwig durchsetzen konnte, dass Sophia einen der entsetzlich langweiligen, pompösen oder uralten Ulmer Händler ehelichen musste? Sie straffte die Schultern, um besser atmen zu können. Oder einen der ungehobelten Haudegen, die in Kürze versuchen würden, sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen?
    Der plötzlich einsetzende Jubel der Menge riss sie aus den Gedanken. Sie zwang sich, wenigstens den Anschein zu erwecken, dem bunten Treiben zu folgen. Seit Wochen hatte ihr Vater nichts anderes mehr im Kopf als dieses Turnier. Als sie seine Helmzier am anderen Ende des Platzes auftauchen sah, stahlen sich ihre Mundwinkel für einen winzigen Moment nach oben. Sollte er gewinnen, würde er sicherlich in Hochstimmung sein. Vielleicht gelang es Sophia dann, ihn zur Rückkehr nach Katzenstein zu bewegen. Wenn sie die Stadt erst mal

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