Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Türmen Flaggen in unterschiedlichen Farben aufgezogen worden waren. Durch ein ausgeklügeltes System, das die Osmanen bisher noch nicht begriffen hatten, verständigten sich die albanischen Burgherren untereinander. Vlad war sich daher sicher, dass der heutige Angriff schon bald eine Gegenattacke nach sich ziehen würde.
    Denn eines konnten sich die Anhänger Georg Kastriotas nicht leisten: Dass die Türken ihren Gefangenen durch Folter Informationen abrangen, welche die Stellungen der einheimischen Kämpfer verrieten. Niedergedrückt ritt Vlad mit seinen Begleitern durch die gut gesicherte Pforte des Lagers und sprang erschöpft aus dem Sattel. Mit müden Gliedern band er seinen Rappen vor einem der Stallverschläge an und schickte einen Knaben nach seinem Çokadar. Als dieser herbeigeeilt kam, befahl er ihm, das Fell des erschöpften Tieres, das stumpf und struppig wirkte, zu bürsten und das Blut aus Mähne und Schweif zu waschen. Er wollte sich gerade auf den Weg zu seiner Unterkunft machen, als ihn einer der Befehlshaber zu sich winkte. »Du da«, schnarrte der Mann und wischte sich eine Hand an der Hose ab. »Der Ağa hat Befehl vom Großwesir erhalten, dich im Foltern zu unterrichten«, sagte er, und Vlad spürte, wie ein Gefühl der Kälte über seinen Rücken kroch.
    »Es ist an der Zeit, dass du lernst, wie man einen Gefangenen befragt.« Das hatte also auch in dem Brief gestanden, den Halil Pascha ihm für den Anführer der Akıncı mitgegeben hatte, dachte Vlad, während er versuchte, sich sein Unbehagen nicht anmerken zu lassen.
    »Komm mit.« Zögernd folgte Vlad dem Älteren, der ihn durch mehrere enge Zeltgassen zu einem kleinen Platz in der Mitte des Lagers führte, wo sich ihm ein Grauen erregender Anblick bot: Durch die Brust auf angespitzten Holzpfählen aufgespießt, hingen bereits mehrere der gefangenen Albaner über einem Feuer, das sie mitsamt der Folterinstrumente verbrannte. Diese Männer waren jedoch bereits tot – eine Erlösung, für welche die noch Lebenden leise wimmernd beteten.
    »Herr«, begrüßte Vlad den Ağa mit belegter Stimme. »Ihr habt nach mir geschickt.« Der Anführer der Akıncı wandte sich ihm mit ausdrucksloser Miene zu. Die Stumpfheit in seinen Augen erschreckte Vlad mehr, als lodernder Hass es je hätte tun können. Nachdem er Vlad einige Lidschläge lang kühl gemustert hatte, lenkte er seine Aufmerksamkeit zurück zu dem vor ihm knienden Mann. Sein Kopf wurde von einem Handlanger des Anführers in den Schmutz gedrückt. Die Oberschenkel des Unglücklichen waren gekreuzt und von seinen nackten Hinterbacken lief Öl hinab. Neben ihm lag ein Pfahl, nach dem der Ağa sich wortlos bückte. »Das Pfählen ist eine Kunst«, stellte er sachlich fest – nicht wissend, dass Vlad bereits seit dem Albtraum auf der Festung Egrigöz mit dieser Form der Folter vertraut war. Damals hatte der Scherge, der sich immer und immer wieder an ihm vergangen hatte, damit gedroht, ihn zu pfählen, wenn er ihm nicht zu Willen war. Er verdrängte die Erinnerungen und rang die erneut in ihm aufsteigende Übelkeit nieder. »Sieh genau zu«, mahnte der Ağa.
    »Werden die Organe nicht sorgfältig zur Seite geschoben, stirbt der Gefangene schneller, als gewünscht.« Er führte den Pfahl in den Anus des Albaners ein und schob ihn vorsichtig tiefer – das Gebrüll des Gemarterten ignorierend. »Nach etwa einer Handbreit musst du die Richtung ändern«, unterwies er Vlad, dem der kalte Schweiß auf die Stirn trat. »Merke dir genau, wie ich es mache. Der nächste gehört dir.« Blut vermischte sich mit dem Öl und färbte den Sand dunkel. Als der Pfahl etwa zwanzig Zoll tief in den Gefangenen eingedrungen war, befahl der Ağa zwei Burschen, ihn mitsamt dem Albaner aufzurichten – was zur Folge hatte, dass der Unglückliche in ohrenbetäubendes Gebrüll ausbrach.
    »Leider muss er seine Zunge behalten«, sagte der Befehlshaber mit einem bedauernden Heben der Brauen. Während Vlad darum rang, den Inhalt seines Magens bei sich zu behalten, musste er tatenlos dabei zusehen, wie der Mann langsam immer tiefer rutschte. Nach scheinbar endlosen, entsetzlichen Minuten erschöpfte sich die Kraft des Gefangenen, und das Gebrüll verebbte zu einem leisen Wimmern. »Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an«, belehrte der Ağa seinen neuen Schüler. »Fragst du zu früh, bekommst du nichts als Lügen zu hören.« Er trat näher an den Gefangenen, dessen Augen wild in ihren Höhlen hin und her rollten.

Weitere Kostenlose Bücher