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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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hinter sich hatten, würden sich all ihre dunklen Befürchtungen gewiss in Luft auflösen, als hätte es sie niemals gegeben. Begleitet von Fanfaren und Trommeln ritten die Kämpfer einzeln auf den Platz, der von hölzernen Schranken zweigeteilt wurde. Vor der Tribüne, auf welcher der Turnierkönig, der Ältestenrat und die Herolde Platz genommen hatten, zügelten die Reiter ihre Tiere und die Krogierer, oder Turnierrufer, begrüßten und rühmten jeden Einzelnen lauthals. »Der ehrenwerte Johann von Katzenstein, Sieger im Zweikampf mit dem Schwert beim Turnier vor drei Jahren!«, wurde Sophias Vater schließlich vorgestellt. »Zweiter im welschen Gestech über die Planke im vergangenen Jahr.« Genau wie bei den anderen Teilnehmern verkündete daraufhin ein Fanfarenstoß, dass die Vorstellung dieses Reiters abgeschlossen war. Sophia sah, wie ihr Vater den hölzernen Schlegel, den er zum Gruß erhoben hatte, senkte, die Zügel wieder aufnahm und in Richtung der aufgereihten Grieswärtel ritt. Diese angesehenen Ritter würden während des Turniers darauf achten, dass die Ordnung eingehalten wurde und – falls es zu Zwischenfällen kam – die Kämpfer mit langen Stangen trennen.
    ****
    Du hast vergessen, dass ich Sieger im Kolbenturnier vor fünf Jahren war, du dämlicher Maulesel, dachte Johann von Katzenstein säuerlich, als der Krogierer seine Aufmerksamkeit dem nächsten Ritter zuwandte. Konnten sich diese Kerle denn gar nichts merken? Er zog eine Grimasse, die dank des Visiers jedoch niemand sehen konnte. Mit diesem Schnitzer hatte sich der Rufer um die Spende gebracht, mit der sich die Ritter im Normalfall im Anschluss an das Turnier erkenntlich zeigten.
    Er tat es seinen Mitkämpfern gleich, reihte sich am Ende der Tribüne in die Schlange ein und harrte darauf, dass die Spiele endlich beginnen konnten. Zwar war der Augenblick des Einreitens jedes Mal ein ganz besonderer. Doch sobald die Aufmerksamkeit des Publikums auf einen seiner viel zu jungen Widersacher gelenkt wurde, wünschte er sich, der Turnierrufer würde sich beeilen. Als schließlich alle Ritter vorgestellt waren, erhob sich der ranghöchste Herold, um die Regeln zu verkünden. Da Helmschau und Helmteilung am Tag zuvor stattgefunden hatten, waren die gegnerischen Lager bereits bestimmt. Der Herold forderte die Kämpfer auf, sich entsprechend aufzuteilen. »Wir beginnen mit dem Kolbenturnier mit je vier Teilnehmern«, verkündete er. »Wem es gelingt, seinem Gegner das cleinot – die Helmzier – abzuschlagen, dem steht ein Lösegeld von mindestens 300 Gulden zu. Die genaue Ablöse für Pferd und Rüstung, die vom Verlierer zu bezahlen ist, richtet sich nach dieser Liste.« Er hob die Rolle empor, in welche der Turniervogt das Reittier eines jeden Ritters mit einer geschätzten Summe eingetragen hatte. »Kann ein Teilnehmer nicht bezahlen, fallen Pferd und Harnisch an den Sieger.« Ein Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer, da viele der Streiter ihre kostbarsten Rösser ritten. Auch Johann rutschte bei der Erwähnung der möglichen Kosten unruhig im Sattel hin und her – auch wenn er nicht davon ausging, bezwungen zu werden. Es wäre doch gelacht, wenn einer dieser Weichlinge, die sich in ihrer Adelsgesellschaft versteckten wie ein Kind im Schoß der Amme, ihn niederringen sollte! Etwa zwei Drittel der Fechter waren durch ihre blau-goldene Kleidung als Angehörige der Gesellschaft mit Sankt Wilhelm zu erkennen, welche das diesjährige Turnier ausrichtete.
    »Es darf nur oberhalb des Sattels attackiert werden«, warnte der Herold. Johann war froh, bei der Anfertigung des neuen Plattenpanzer nicht gespart zu haben. Dieser gewährte ihm nämlich wesentlich mehr Bewegungsfreiheit als sein alter Panzer, da das Armzeug mit den Ellenbogenkacheln selbst Schläge hoch über dem Kopf zuließ. »Im Anschluss an das Kolbenturnier folgt das Stechen«, dröhnte der Rufer. »Dem Gewinner winken als Preis ein Vollblutpferd und Geschmeide.« Damit war alles gesagt, und sobald sich die rund vierzig Ritter formiert hatten, wurde das Zeichen zum Angriff gegeben. Mit einer Mischung aus Verachtung und Angespanntheit verfolgte Johann, wie sich zwei Paar Jungritter die hölzernen, mit einer kurzen Kette verbundenen Stangen um die Ohren hieben. Jedes Mal, wenn die Kolben auf einer der Rüstungen auftrafen, erklang ein hohles Scheppern, das an das Geräusch aneinanderschlagender Töpfe erinnerte. Kaum standen die beiden Sieger dieses ersten Durchganges fest, trabte

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