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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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anzulegen, sondern auch den kostbaren Araberschimmel zu riskieren, der sein Augapfel war. Die vernünftigste Lösung wäre gewesen, seinen Gewinn einzusammeln und sich mit einer fadenscheinigen Ausrede vor dem Gestech zu drücken.
    Aber daran war nicht zu denken, wollte er doch nicht nur den Preis einstreichen, sondern auch eine der bildschönen Edeltöchter für sich gewinnen! Er stülpte sich die wattierte lederne Harnischkappe über und ging ein wenig in die Knie, um es seinen Knappen zu ermöglichen, den schweren Stechhelm am Brust-und Rückenteil seines Panzers zu verschrauben. Dann grunzte er etwas Unverständliches, woraufhin die Jungen die Tartsche – den abgerundeten Schild – auf Höhe seiner Schulter befestigten. Bei einem Treffer würde der Sprengmechanismus darunter ausgelöst, wodurch die Tartsche in hohem Bogen durch die Luft geschleudert wurde. Anders als manche der draufgängerischen Ritter hatte Ulrich davon abgesehen, seine Lanze anzusägen. Auch wenn diese beim Auftreffen auf dem gegnerischen Schild dann nicht spektakulär und publikumswirksam zersplittern würde. Das Risiko eines Fehlstoßes war einfach zu hoch. Immerhin ging es um viel Geld! Und was würde die Damen wohl mehr beeindrucken? Eine kunstvoll zersplitterte Lanze oder ein reicher Ehemann? Bevor er Armzeug und Hentze – seinen gepanzerten Fausthandschuh – anlegte, versicherte er sich noch einmal, dass die mit Rotwein gefüllte Schweinsblase unter seinem Harnisch an der richtigen Stelle saß. Ganz wollte auch er nicht auf Effekte verzichten. Sollte ihn die Lanze eines Gegners nicht an der Tartsche treffen, dann würde diese Blase platzen. Für die Zuschauer würde es aussehen, als sei er mit Blut übergossen. So wurde weithin sichtbar, dass der Gegner sein einzig zählendes Ziel, die Tartsche, verfehlt hatte. Er seufzte ergeben. Was tat man nicht alles, um die erwünschte Wirkung zu erlangen!
    Sobald alles verschraubt und befestigt war, ließ er sich von den beiden Knappen in den Sattel hieven, nahm seine Lanze entgegen und überprüfte ein letztes Mal die Stabilität des Rasthakens, der das Gewicht der Lanze trug. Nur noch zwei Kämpfer, dann war er an der Reihe. Das Vollblut unter ihm schien seine Angespanntheit zu spüren, da es mit den Ohren spielte und in der Hinterhand ausbrechen wollte. »Ruhig«, raunte Ulrich dem Hengst ins Ohr und tätschelte ihm den Hals. Das fehlte ihm noch, dass sein Prunkross der Grund für eine Niederlage war! Als ein weiterer Fanfarenstoß durch die Luft scholl, warf der Apfelschimmel den Kopf und stieß ein tiefes Wiehern aus. Es war so weit. Mit einer geschickten Bewegung hob Ulrich die Lanze, bugsierte sie in den Haken und drückte seinem Reittier vorsichtig die Hacken in die Seite. Als dieses tänzelnd und schnaubend an die Planke herantrabte, erhob sich ein bewunderndes Murmeln. Ulrich spürte, wie ihm vor Stolz die Brust schwoll. Sein Wappentier – ein silberner Elefant auf rotem Grund – funkelte auf der Cuvertiure des Hengstes. Das Glück war ihm hold, da er die Sonne im Rücken hatte und, anders als sein Gegner, nicht geblendet wurde.
    Dessen Brust zierte ein hässlicher buckelnder Kater, den Ulrich nach einigen Augenblicken als das Wappentier der Katzensteiner erkannte. Wenn das kein Zufall ist!, dachte er und fragte sich, ob das Bürschchen, von dem er den Hengst erstanden hatte, auch anwesend war. Sicherlich würde der kleine Angeber an dem bürgerlichen Gesellenstechen im Anschluss an das Turnier teilnehmen. Ärger stieg in ihm auf. Hoffentlich erteilte einer seiner Standesgenossen dem überheblichen Bengel eine Lehre, die er nicht so schnell vergaß!
    Ehe er sich in seinen Unwillen hineinsteigern konnte, hob einer der Grieswärtel die Fahne, deren Senken das Zeichen zum Anreiten war. Kaum hatte der Mann den Arm wieder fallen lassen, gab Ulrich seinem Hengst die Sporen und jagte auf seinen Gegner zu. Das Donnern der Hufe schien den Boden erzittern zu lassen. Obschon Ulrich durch den schmalen Sehschlitz kaum etwas erkennen konnte, bildete er sich ein, die bewundernden Blicke der Damen auf sich zu spüren. Sein Herzschlag schien sich zu verlangsamen, je näher er dem Gegner kam, der plump und ungelenk wirkte auf dem Rücken eines stämmigen Schlachtrosses. Ein Kinderspiel!, dachte Ulrich, da der Katzensteiner die Lanze viel zu tief hielt. So würde er ganz gewiss nichts treffen! Mit einem leisen Lachen verstärkte er den Schenkeldruck, riss die eigene Waffe nach links und konzentrierte

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