Der Thron der roten Königin
Elizabeth, deren Eitelkeit und Wünsche in den Augen Gottes gräulich waren. Und wer weiß, was sie getan hat, um den Regen zu beschwören?
Wie Jeanne hätte ich allein ausreiten und meiner eigenen Vision folgen sollen. Aber ich musste mich mit Sündern zusammentun – und was für Sündern! Einer Frau, der Witwe von Sir John Grey, und einem Jungen, dem Gatten von Katherine Woodville. Nun trifft mich die Strafe für ihre Sünden. Ich habe mich nicht versündigt – und Gott, der Allwissende, weiß das –, aber ich habe mich mit ihnen gemein gemacht, und ich, die Gottesfürchtige, teile die Strafe der Sünder.
Es bereitet mir Höllenqualen, dass ihre Sünden die Gerechtigkeit meiner Sache zunichtegemacht haben, sie, die notorische Hexe und Tochter einer Hexe, und er, der eitle Pfau, seiner Jugend zum Trotz. Ich hätte mich nicht herablassen sollen, mich mit ihnen zu verbünden. Ich hätte meine Absichten für mich behalten und sie ihre eigene Rebellion anzetteln und ihre eigenen Morde begehen lassen sollen. Ich hätte mich ganz heraushalten sollen. Doch wie die Dinge stehen, hat ihr Scheitern mich mit heruntergezogen, hat ihr Regen meine Hoffnungen fortgewaschen, und ihre Sünden werden mir zur Last gelegt. Und hier bin ich und werde grausam für ihre Missetaten bestraft.
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Frühjahr 1484
D en ganzen Winter und das ganze Frühjahr lang meditiere ich über ihre Missetaten. Ich bin froh, dass die Königin noch immer im Kirchenasyl ist. Während ich in meinem eigenen Haus gefangen gehalten werde, denke ich an sie, wie sie in der düsteren Krypta am Fluss in der Falle sitzt und sich in der Dunkelheit ihrer Niederlage stellen muss. Aber im Frühjahr bekomme ich einen Brief von meinem Gemahl.
König Richard und Elizabeth Woodville haben sich geeinigt. Sie hat den Parlamentserlass, dass sie nie mit dem verstorbenen König verheiratet war, akzeptiert, und König Richard hat geschworen, dass sie und ihre Töchter ungefährdet aus dem Asyl kommen können. Sie wird der Obhut von John Nesfield in seinem Haus in Heytesbury in Wiltshire unterstellt, und die Mädchen sollen Königin Anne als Hofdamen dienen, bis sie verheiratet werden können. König Richard ist bekannt, dass Dein Sohn seine Verlobung mit Prinzessin Elizabeth ausgerufen hat, doch Du und Dein Sohn finden keine Beachtung. Elizabeth Woodville scheint ihre Niederlage akzeptiert zu haben, und es sieht danach aus, als habe sie den Tod ihrer beiden Söhne verwunden. Sie spricht nie von ihnen.
In dieser Zeit der Aussöhnung habe ich insgeheim eine Durchsuchung des Towers angeordnet, um die Leichname der Prinzen zu finden und dem Duke of Buckingham die Schuld für ihren Tod zu geben (und von Dir abzulenken). Doch unter der Treppe, unter der sie nach Deinen Informationen verscharrt wurden, befinden sie sich nicht. Nirgends gibt es auch nur den kleinsten Hinweis auf sie. Ich habe in Umlauf gebracht, dass sie erst begraben und später von einem reumütigen Priester an der tiefsten Stelle der Themse bestattet wurden – angemessen für Söhne des Hauses Rivers, wie ich finde. Dies scheint – genau wie jede andere Version – ein passender Abschluss für die Geschichte zu sein, und niemand hat irgendwelche lästigen Einzelheiten dagegengehalten. Deine drei Mörder verhalten sich still – falls sie es wirklich getan haben.
Ich werde Dich in Kürze besuchen kommen – am Hof herrschte bei herrlichem Wetter eine fröhlich triumphierende Stimmung, und die jüngst aus dem Asyl aufgetauchte Prinzessin Elizabeth von York ist die kleine Königin. Sie ist ein äußerst bezauberndes Mädchen, so schön wie einst ihre Mutter; der halbe Hof ist in sie vernarrt. Gewiss wird sie innerhalb des nächsten Jahres eine gute Partie machen. Ein derart vortreffliches Mädchen wird unschwer zu verheiraten sein.
Stanley
Dieser Brief verdrießt mich dermaßen, dass ich für den Rest des Tages nicht einmal beten kann. Ich muss zum Ende des Parks und einmal an seiner Einfriedung entlangreiten – die Grenzen meiner Freiheit –, bevor ich mich wieder im Griff habe. Ich habe keinen Sinn für die wippenden gelben Köpfe der Narzissen oder die Lämmchen auf dem Feld. Die Andeutung, die Prinzen seien vielleicht nicht tot und begraben, was sie doch zweifellos sind, und seine anderen Lügen über eine Exhumierung und eine Wasserbestattung in der Themse – die nur weitere Fragen aufwerfen – hätten ausgereicht, um mich in Rage zu versetzen. Verbunden mit den Nachrichten
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