Der Thron der roten Königin
aus sehr großer Höhe gestürzt und mit viel Glück auf den Füßen gelandet.
«Ihr seid allein?»
«Ja», lügt Henry.
Stanley nickt. «Ich überbringe Euch Grüße von Eurer Frau Mutter. Von dem Tag, da sie mir die Ehre erwies, mich zu heiraten, hat sie Eure Sache mit großer Leidenschaft und Entschlossenheit vertreten.»
Henry lächelt. «Das bezweifle ich nicht. Sie war vom Tag meiner Geburt an von meiner Bestimmung überzeugt.»
Die Stanleys erheben sich, und ein namenloser Diener schenkt zunächst Henry und danach seinem Herrn Wein ein. Henry nimmt das Glas, das am weitesten von dem entfernt steht, das man ihm angeboten hat, und setzt sich auf eine Bank am Feuer.
«Wie viele Männer befehligt Ihr?», fragt er Stanley geradeheraus.
Der Ältere nippt an seinem Wein. «Rund dreitausend stehen unter meinem Befehl und weitere tausend unter dem meines Bruders.»
Henry verzieht keine Miene ob der Nachricht, dass die Armee doppelt so groß ist wie seine eigene. «Und wann stoßt Ihr zu mir?»
«Wann trefft Ihr mit dem König zusammen?»
«Marschiert er nach Süden?», beantwortet Henry die Frage seinerseits mit einer Gegenfrage.
«Er hat heute Nottingham verlassen. Er hat mich aufgefordert, zu ihm zu stoßen. Mein Sohn schreibt mir, er werde mit seinem Leben bezahlen müssen, wenn ich dieser Aufforderung nicht nachkomme.»
Henry nickt. «Dann wird er innerhalb von … wann? … einer Woche bei uns sein?»
Die Stanleys lassen sich Henrys mangelnde Kenntnisse seines eigenen Landes nicht anmerken. «Eher in zwei Tagen», sagt Sir William.
«Dann bringt Ihr besser Eure Truppen zu meinen, damit wir uns ein Schlachtfeld aussuchen können.»
«Das würden wir gewiss tun», sagt Lord Stanley, «ginge es da nicht auch um die Sicherheit meines Sohnes.»
Henry wartet.
«Richard hält ihn als Unterpfand für unsere Unterstützung als Geisel», sagt Stanley. «Natürlich habe ich ihm befohlen zu fliehen, und sobald er in Sicherheit ist, werden wir mit unseren Streitkräften zu den Euren vordringen.»
«Aber wenn er entkommt, ohne dass Ihr davon erfahrt? Die Verzögerung könnte entscheidend sein …»
«Das tut er nicht. Er weiß, worum es geht. Er wird mich benachrichtigen.»
«Und wenn ihm die Flucht nicht gelingt?»
«Dann werden wir Euch zur Seite stehen, und ich werde meinen Sohn als mutigen Mann betrauern müssen und als den Ersten in unserer Familie, der in Euren Diensten den Tod gefunden hat», verspricht Stanley mit ernster Miene.
«Ich sorge dafür, dass er geehrt wird. Ich sorge dafür, dass Ihr belohnt werdet», sagt Henry hastig.
Stanley verbeugt sich. «Er ist mein Sohn und Erbe», sagt er leise.
In dem kleinen Schankraum breitet sich Schweigen aus. Ein Scheit bewegt sich im Kamin, und in dem Aufflackern der Flamme sieht Henry seinem Stiefvater ins Gesicht. «Eure Armee verdreifacht die Größe der meinen», sagt er ernst. «Mit Eurer Unterstützung könnte ich zweifellos siegen. Vereint sind unsere Streitkräfte stärker als Richards. Ihr haltet den Schlüssel zu England für mich in Händen.»
«Ich weiß», sagt Stanley bedächtig.
«Ihr könntet Euch meiner Dankbarkeit gewiss sein.»
Stanley nickt.
«Ihr müsst mir Euer Wort geben: Wenn ich Richard auf dem Schlachtfeld gegenüberstehe, muss ich auf Eure Truppen zählen können.»
«Selbstverständlich», sagt Stanley ruhig. «Ich habe Eurer Mutter mein Wort gegeben, und jetzt gebe ich es Euch: Ihr könnt Euch auf dem Schlachtfeld sicher sein, dass meine Armee unter Eurem Befehl steht.»
«Und Ihr werdet mit mir auf das Schlachtfeld marschieren?»
Bedauernd schüttelt Stanley den Kopf. «Sobald mein Sohn frei ist», sagt er. «Ihr habt mein Wort. Und wenn die Schlacht beginnt, bevor George fliehen kann, dann werde ich an Eure Seite eilen und das größte Opfer bringen, das ein Mann für seinen rechtmäßigen König bringen kann.»
Und damit muss Henry sich zufriedengeben.
***
«Gute Nachrichten?», fragt Jasper, als Henry aus dem Gasthaus kommt und sein Pferd aus dem armseligen Verschlag holt, um auf der Straße aufzusitzen.
Henry verzieht das Gesicht. «Er sagt, er wird bei der Schlacht für mich da sein, aber er kann nicht zu uns stoßen, solange sein Sohn von Richard als Geisel gehalten wird. Er sagt, in dem Augenblick, da Lord Strange frei ist, wird er an unsere Seite eilen.»
Jasper nickt, als hätte er dies erwartet, und die beiden reiten schweigend los. Der Himmel wird heller, der Morgen dämmert früh an diesem
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