Der Thron der roten Königin
Gottes lehren und ihn auf den Thron geleiten. Dies ist meine Bestimmung: Meinen Sohn auf den Thron von England zu setzen, und diejenigen, die über meine Vision gelacht und an meiner Berufung gezweifelt haben, werden mich Mylady, Königinmutter nennen. Ich werde mit Margaret Regina unterzeichnen: Königin Margaret.
Ich lege die Hand auf den Bauch, der noch flach ist wie der eines Kindes. «König», sage ich leise. «Du wirst König von England.» Das Kind hat mich gehört, es kennt jetzt seine Bestimmung. Gott hat mir das Schicksal von ganz England anvertraut.
***
Die Gewissheit, dass das Kind unter meinem Herzen König wird und dass jeder vor mir knicksen muss, bringt mich über die ersten Monate, auch wenn mir jeden Morgen übel ist und ich mich sterbenselend fühle. Es ist heiß, und Edmund muss unsere Feinde kreuz und quer über die Felder jagen, auf denen die Männer das Heu einholen. William Herbert, ein feuriger yorkistischer Partisan, will sich Wales untertan machen, solange der König schläft und es niemanden gibt, der ihn zur Rechenschaft ziehen kann. Er lässt seine Männer durch unser Land marschieren und zieht unter dem Vorwand, er gebiete für die Regentschaft von York über Wales, unsere Steuern ein. Wohl wahr, sein guter Freund, der Earl of Warwick, hat ihn tatsächlich zum Herrscher über Wales ernannt. Doch wir Tudors wurden schon vor langer Zeit vom König hier eingesetzt, und wir bleiben hier und erfüllen unsere Pflicht, ob unser König nun wach ist oder nicht. So halten Herbert und wir Tudors uns jeweils für die rechtmäßig ernannten Herrscher von Wales; der Unterschied besteht nur darin, dass wir im Recht sind und er nicht. Und natürlich darin, dass Gott auf mich herablächelt.
Edmund und Jasper sind stumm vor Wut über die Einfälle von Herbert und seinen Yorkisten, und sie schreiben an ihren Vater Owen, der im Gegenzug mit seinen Männern ausreitet, die yorkistischen Ländereien verwüstet und mit seinen Söhnen einen gemeinsamen Feldzug plant. Es ist, wie meine Mutter vorhergesagt hat: Der König stammt aus dem Hause Lancaster, aber er schläft tief und fest. Der Regent stammt aus dem Hause York, und er ist nur allzu lebendig. Jasper ist meistens unterwegs, er brütet über dem schlafenden König wie eine irregeleitete Henne auf faulen Eiern. Er sagt, dass die Königin ihren Gemahl in London schon so gut wie verlassen hat. Sie habe Zuflucht in der Stadt Coventry gefunden, die sie mit ihren Stadtmauern für sicherer hält, weil sie sie gegen eine Armee verteidigen kann. Sie scheint zu glauben, dass sie England von dort aus regieren muss, weit fort von dem Verrat, der in der Stadt London an jeder Ecke lauert. Jasper berichtet, dass die Londoner Kaufleute und die Hälfte der südlichen Grafschaften für York sind. Sie hoffen auf friedliche Zeiten, um Geld zu verdienen, und der wahre König und der Wille Gottes sind ihnen gleich.
In der Zwischenzeit rüsten die Lords ihre Männer aus und entscheiden sich für eine Seite. Jasper und Edmund warten nur das Ende der Heuernte ab, dann mustern sie die Männer mit ihren Sensen und Sicheln an und marschieren los, um William Herbert aufzuspüren und ihm beizubringen, wer der wirkliche Herrscher über Wales ist. Ich gehe hinunter zum Burgtor, um ihnen zum Abschied zu winken und eine gute Reise zu wünschen. Jasper versichert mir, dass sie Herbert in zwei Tagen besiegt und Carmarthen Castle eingenommen haben. Und dass ich rechtzeitig zur Ernte nach ihnen Ausschau halten kann. Aber zwei Tage gehen vorüber, ohne dass wir Nachricht von ihnen haben.
Ich soll mich jeden Nachmittag ausruhen. Meine Mutter hat meine adlige Gouvernante angewiesen, sich um meine Gesundheit zu kümmern, nun da ich ein Kind unter dem Herzen trage, das ein königlicher Erbe ist. Sie setzt sich zu mir in die abgedunkelten Räume, um zu gewährleisten, dass ich nicht beim Licht einer eingeschmuggelten Kerze lese oder auf die Knie sinke, um zu beten. Ich muss auf dem Bett liegen und an fröhliche Dinge denken, damit das Kind stark wird und heiteren Gemütes. Weil ich weiß, dass ich den nächsten König austrage, gehorche ich ihr und versuche, an kräftige Pferde und schöne Kleider zu denken, an die Magie des Tjostens und an den Hof des Königs mit der rubinrot gewandeten Königin. Doch eines Tages entsteht vor meiner Tür ein Tumult. Ich setze mich auf und werfe meiner Gouvernante einen Blick zu. Doch die ist tief und fest auf ihrem Stuhl eingeschlafen, statt über mich, die
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