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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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auf der einen Seite des Gitters sitzt und ich auf der anderen, aber es ist bei weitem nicht so beflügelnd, wie vor der Gemeinde zu beten, wo alle mich sehen können.
    Nach einer Woche fangen sämtliche Knochen im ganzen Körper an, mir schrecklich wehzutun, wenn ich die engen Grenzen meines Gemachs abschreite. Nan, die Hebamme, und das andere alte Weib, das bei ihr ist – dessen Name wie ein Krähen klingt und das kein einziges Wort Englisch spricht –, kommen überein, dass ich lieber im Bett bleiben und nicht mehr herumgehen soll, ja, nicht einmal mehr aufrecht stehen. Die Schmerzen sind so stark, dass ich fast glaube, mir brechen sämtliche Knochen im Leib. Es ist nicht so, wie es sein soll, aber niemand weiß, was los ist. Sie fragen den Arzt, aber da er mich nicht untersuchen darf, sondern nur fragen kann, was meiner Meinung nach los sei, kommen wir keinen Schritt weiter. Ich bin dreizehn Jahre alt und zierlich für mein Alter. Wie soll ich wissen, was mit dem Kind in meinem Leib nicht stimmt? Sie fragen mich immer wieder, ob es sich wirklich so anfühle, als würden die Knochen in meinem Leib brechen. Und wenn ich ja sage, dann sehen sie einander an, als fürchteten sie, es müsse wahr sein. Aber ich kann nicht glauben, dass ich bei der Geburt sterben werde. Gott hat sich nicht so viel Mühe gegeben, mich hierher nach Wales zu bringen, mit einem Kind im Bauch, das König werden könnte, nur damit ich sterbe, noch bevor es geboren wird.
    Sie reden davon, nach meiner Mutter zu schicken, doch sie ist so weit weg, und die Straßen sind jetzt so gefährlich, dass sie nicht kommen kann. Abgesehen davon wäre sie auch nicht klüger. Niemand weiß, was mit mir los ist, doch sagen sie jetzt, ich wäre zu jung und zu schmächtig, um überhaupt ein Kind zu bekommen. Der Rat kommt jedoch zu spät und ist mir so kurz vor der Niederkunft wahrlich kein Trost. Ich habe nicht zu fragen gewagt, wie das Kind aus meinem Bauch kommen soll. Ich fürchte mich davor, aufzubrechen wie die kleine Hülse einer dicken Erbse, denn dann werde ich gewiss verbluten.
    Ich hatte gemeint, die Schmerzen des Wartens seien die schlimmsten, die ich aushalten könnte. Doch nur bis zu jener Nacht, da ich unter Höllenqualen aufwachte, als mein Bauch sich zu heben und einmal in mir umzudrehen schien. Ich schreie vor Schock, die beiden Frauen springen von ihrem Lager auf, meine Gouvernante und meine Zofe eilen herbei, und im nächsten Augenblick ist das Zimmer voller Kerzen und Menschen, die heißes Wasser und Feuerholz holen. In dem ganzen Aufruhr schaut niemand nach mir, obwohl plötzlich eine Flut aus mir herausspült. Bestimmt bin ich am Verbluten.
    Sie stürzen sich auf mich, geben mir ein Stück Holz zum Draufbeißen und binden mir einen geweihten Gürtel um meinen sich hebenden und senkenden Bauch. Vater William hat die Monstranz mit der Hostie aus der Kapelle geschickt, und sie stellen sie auf mein Betpult, damit ich den Blick fest auf den Leib des Herrn richten kann. Ich muss sagen, dass mich die Kreuzigung jetzt, unter der Geburt, längst nicht mehr so beeindruckt. Größere Schmerzen als das hier sind unvorstellbar. Das Leiden unseres Herrn betrübt mich natürlich, doch hätte er eine schwere Niederkunft gehabt, hätte er erfahren, was Schmerz ist.
    Sie drücken mich auf das Bett herunter, erlauben mir aber, mich an einem Seil hochzuziehen, wenn die Schmerzen kommen. Einmal werde ich dabei sogar ohnmächtig, da flößen sie mir ein starkes Getränk ein, von dem mir schwindlig und übel wird, doch nichts kann mich von den Zangen erlösen, die meinen Bauch auseinanderzureißen scheinen. Stunde um Stunde geht das so, von der Morgendämmerung bis zur Abenddämmerung, und schließlich höre ich sie murmeln, das Kind brauche zu lange. Eine der Hebammen kommt zu mir, es tue ihr leid, aber sie müssten mich in einer Decke hin und her werfen, damit das Kind endlich komme.
    «Was?», stöhne ich, benommen vor Schmerz. Ich verstehe nicht, was sie meint. Auch als sie mir vom Bett auf ein Laken am Boden helfen, begreife ich nicht, was sie vorhaben. Vielleicht wollen sie etwas tun, was mir die reißenden Schmerzen erleichtert, unter denen ich schreie, bis ich zu bersten meine. Also gehorche ich den Händen, die an mir zerren. Zu sechst heben sie das Laken hoch, bis ich in der Luft hänge wie ein Sack Kartoffeln, und dann schleudern sie mich alle auf einmal gleichzeitig in die Höhe und lassen mich wieder herunterplumpsen. Ich bin ein zierliches

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