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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ich den nächsten König gebären werde, zu wachen. Ich stehe auf, trippele zur Tür und öffne sie eigenhändig. Davor steht unsere Magd Gwyneth, ganz blass, mit einem Brief in der Hand. «Wir können ihn nicht lesen», sagt sie. «Es ist ein Brief für irgendwen. Keiner von uns kann lesen.»
    «Meine Gouvernante schläft», erwidere ich. «Gib ihn mir.»
    Dumm, wie sie ist, händigt sie ihn mir aus, obwohl er an meine adelige Gouvernante adressiert und allein für ihre Augen bestimmt ist. Ich erbreche Jasper Tudors Siegel und öffne ihn. Er schreibt von Pembroke Castle:
    Edmund verwundet und von William Herbert gefangen genommen. In Carmarthen als Gefangener gehalten. Bereitet Euch, so gut Ihr könnt, auf einen Angriff vor, ich werde ihn retten. Lasst keine Fremden ein; die Pest geht um.
    Gwyneth sieht mich an. «Was steht darin?», will sie wissen.
    «Nichts», sage ich. Die Lüge kommt mir so leicht über die Lippen, dass Gott sie mir eingegeben haben muss, um mir zu helfen, und deswegen zählt sie nicht als Lüge. «Er schreibt, dass sie noch ein paar Tage auf Pembroke Castle bleiben. Er kommt später zurück.»
    Ich schließe die Tür vor ihrer Nase und gehe wieder ins Bett. Ich lege die Hand auf meinen dicken Bauch, der sich inzwischen unter meinem Gewand wölbt. Ich werde ihnen die Nachricht später am Abend überbringen. Aber zuerst muss ich entscheiden, was getan werden muss.
    Wie immer frage ich mich, was Johanna von Orléans tun würde, wenn sie an meiner Stelle wäre. Das Wichtigste ist jetzt, den zukünftigen König in Sicherheit zu bringen. Edmund und Jasper können sich um sich selbst kümmern. Ich muss jetzt vor allem dafür sorgen, dass mein Sohn hinter starken Mauern in Sicherheit ist, falls Black Herbert zum Brandschatzen in Tudorland einfällt.
    Bei dem Gedanken daran, dass William Herbert mit seiner Armee auf mich zumarschiert kommt, gleite ich zum Beten auf die Knie. «Was soll ich tun?», frage ich Unsere Liebe Frau flüsternd. Noch nie zuvor habe ich so auf eine klare Antwort gehofft. «Wir können uns hier nicht verteidigen; die Mauern umschließen uns nicht vollständig, und es sind nicht genug kampfbereite Männer hier. Ich kann unmöglich in Pembroke Zuflucht suchen, wenn dort die Pest umgeht, außerdem weiß ich nicht einmal, wo es liegt. Wenn Herbert uns hier angreift, wie sollen wir uns in Sicherheit bringen? Was, wenn er mich gegen Lösegeld entführt? Wir könnten versuchen, uns nach Pembroke durchzuschlagen, doch was ist, wenn ich unterwegs krank werde? Vielleicht ist Reisen schlecht für das Ungeborene?»
    Nichts als Stille antwortet mir. «Muttergottes?», frage ich. «Jungfrau Maria?»
    Nichts als eine ziemlich unerfreuliche Stille.
    Ich seufze. «Was würde Johanna tun?», gehe ich in mich, «wenn sie vor so einer gefährlichen Entscheidung stünde? Was würde Johanna tun? Was würde ich tun, wenn ich Johanna wäre und ihren Mut besäße?»
    Erschöpft stehe ich auf und gehe zu meiner adeligen Gouvernante. Es macht mir Spaß, sie wach zu rütteln. «Steh auf», sage ich. «Es gibt Arbeit für dich. Wir fahren nach Pembroke Castle.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Herbst 1456
    E dmund kommt nicht nach Hause. William Herbert verlangt nicht einmal Lösegeld für ihn, den Erben des Hauses Tudor und Vater meines Kindes. In diesen unsicheren Zeiten weiß niemand recht, wie viel Edmund wert ist, außerdem sagen sie mir, er sei krank. Die Herberts halten ihn auf Carmarthen Castle als Gefangenen fest, und er schreibt mir nicht, da er einer Frau, die fast noch ein Kind ist, nichts zu sagen hat. Und ich schreibe ihm nicht, weil ich ihm ebenfalls nichts zu sagen habe.
    Ich warte, allein auf Pembroke Castle, und bereite alles für eine Belagerung vor. Aus Angst, sie könnten die Krankheit mitbringen, lasse ich niemanden aus der Stadt ein. Ich weiß, dass ich diese Burg vielleicht gegen unsere Feinde halten muss, aber ich weiß nicht, wo ich mich nach Hilfe umsehen kann, denn Jasper ist dauernd unterwegs. Wir haben Essen, Waffen und Wasser. Ich schlafe mit dem Schlüssel von Zugbrücke und Fallgatter unter dem Kopfkissen, aber ich kann nicht behaupten, dass ich wüsste, was ich als Nächstes tun soll. Ich warte darauf, dass mein Gemahl es mir sagt, aber ich höre nichts von ihm. Ich warte darauf, dass sein Bruder kommt. Ich wünschte, sein Vater käme vorbeigeritten und würde mich retten. Aber es ist, als hätte ich mich hinter diese Mauern zurückgezogen und wäre vergessen worden. Ich bete zur

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