Der Thron der roten Königin
nicht unser bestes Benehmen an den Tag legen müssen.
Wir nehmen ein gutes Abendessen zu uns, und darauf werden wir von Hofnarren, einem Jongleur und einer jungen Sängerin unterhalten. Dann schickt meine Mutter mich mit einem Nicken ins Bett, als wäre ich noch ein Kind, und vor der vornehmen Gesellschaft bleibt mir nichts anderes übrig, als vor ihr niederzuknien, damit sie mich segnet, und mich zurückzuziehen. Beim Hinausgehen werfe ich meinem zukünftigen Gemahl einen Blick zu. Er betrachtet die Sängerin mit zusammengekniffenen Augen, um seine Lippen spielt ein leichtes Lächeln. Nach diesem Blick macht es mir nichts aus zu gehen. Ich habe Männer so satt, alle Männer, mehr, als ich es mir einzugestehen wage.
Am nächsten Tag werden die Pferde in den Stallhof geführt. Man schickt mich zurück nach Pembroke Castle, bis mein Trauerjahr vorüber ist und man mich mit dem lächelnden Fremden verheiraten kann. Meine Mutter kommt, um mir Lebewohl zu sagen, und sieht zu, wie der Diener mich hinter Jaspers Oberstallmeister in den Damensattel hebt. Jasper ist schon mit seiner Leibgarde vorausgeritten. Die Nachhut wartet auf mich.
«Wenn du Sir Henry heiratest, wirst du deinen Sohn in der Obhut von Jasper Tudor lassen», bemerkt meine Mutter, als wäre ihr dies erst in der Minute meiner Abreise in den Sinn gekommen.
«Nein, er kommt mit mir. Ich nehme ihn auf jeden Fall mit», platze ich heraus. «Er muss mit mir kommen. Er ist mein Sohn. Wo sonst sollte er sein, wenn nicht bei mir?»
«Das ist nicht möglich», sagt sie entschieden. «Es ist alles verabredet. Er bleibt bei Jasper. Jasper wird sich um ihn kümmern und für seine Sicherheit sorgen.»
«Aber er ist mein Sohn!»
Meine Mutter lächelt. «Du bist doch selbst kaum mehr als ein Kind. Du kannst dich nicht um den Erben unseres Hauses kümmern und für seine Sicherheit sorgen. Dies sind gefährliche Zeiten, Margaret. Das solltest du inzwischen begriffen haben. Er ist ein kostbarer Junge. Solange die Yorks an der Macht sind, ist es sicherer, wenn er sich in einiger Entfernung von London aufhält. In Pembroke ist er sicherer als anderswo im Land. Wales liebt die Tudors. Jasper wird ihn beschützen, als wäre er sein eigener Sohn.»
«Aber er ist
mein
Sohn! Nicht Jaspers!»
Meine Mutter tritt näher und legt mir eine Hand aufs Knie. «Dir gehört gar nichts, Margaret. Du selbst bist Besitz deines Gemahls. Auch diesmal habe ich einen guten Gemahl für dich ausgewählt, einen, der der Krone nahesteht, einen Verwandten der Nevilles, Sohn des größten Herzogs in England. Sei dankbar, Kind. Man wird sich gut um deinen Sohn kümmern. Du bekommst noch mehr Söhne, dieses Mal für das Geschlecht der Staffords.»
«Beim letzten Mal wäre ich fast gestorben», platze ich heraus, ohne auf den Mann zu achten, der mit hochgezogenen Schultern vor mir auf dem Pferd sitzt und angestrengt vorgibt, nicht zuzuhören.
«Ich weiß», sagt meine Mutter. «Das ist der Preis dafür, eine Frau zu sein. Dein Gemahl hat seine Pflicht getan und ist dabei umgekommen. Du hast deine Pflicht getan und hast überlebt. Diesmal hattest du Glück, er nicht. Wollen wir hoffen, dass das Glück dir hold bleibt.»
«Und was, wenn ich das nächste Mal kein solches Glück habe? Was, wenn ich das Pech der Beauforts geerbt habe und die Hebammen das nächste Mal tun, was du befohlen hast, und mich sterben lassen? Was, wenn sie tun, wie du ihnen befohlen hast, und einen Enkelsohn aus dem leblosen Körper deiner Tochter ziehen?»
Sie blinzelt nicht einmal. «Das Kind sollte immer vor der Mutter gerettet werden. So rät es, wie du sehr wohl weißt, die Heilige Kirche. Ich habe die Frauen bloß an ihre Pflicht gemahnt. Du musst nicht alles persönlich nehmen, Margaret. Du deutest alles zu deiner persönlichen Tragödie um.»
«Ich glaube, es ist sehr wohl meine Tragödie, wenn du meine Hebammen anweist, mich sterben zu lassen!»
Sie zuckt kaum merklich die Achseln und tritt zurück. «Das ist das Schicksal, dem eine Frau sich stellen muss. Männer sterben in der Schlacht, Frauen im Kindbett. Die Schlacht ist gefährlicher. Die Chancen stehen zu deinen Gunsten.»
«Aber was ist, wenn die Chancen gegen mich stehen, wenn ich Pech habe? Was, wenn ich sterbe?»
«Dann hast du immerhin die Befriedigung zu wissen, dass du dem Hause Lancaster einen Sohn geboren hast.»
«Mutter», bringe ich unter Tränen, mit zitternder Stimme, hervor, «ich schwöre bei Gott, dass ich glaube, dass das Leben mir mehr
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