Der Thron der roten Königin
Es tut mir so leid, Henry.»
«Sie haben ihn auf einem morastigen Feld niedergemetzelt, als er versuchte, zu seinem Pferd zu gelangen», fährt er fort und erspart mir nichts. «Ihn und den Earl of Shrewsbury, Lord Beaumont, Lord Egremont – lieber Gott, die Liste ist endlos. Wir haben eine ganze Generation von Edelleuten verloren. Wie es scheint, haben die Regeln des Krieges sich geändert, und es gibt in England keine Gefangenschaft und kein Lösegeld mehr. Keine Möglichkeit, sich zu ergeben. Der Schwertarm hat die Herrschaft übernommen, und jede Schlacht wird bis auf den Tod geschlagen. Eine Herrschaft der Grausamkeit.»
«Und der König?», frage ich leise. «Sie haben es doch nicht gewagt, ihm etwas anzutun?»
«Der König wurde ergriffen, sie haben ihn als ihren Gefangenen nach London gebracht.»
«Als Gefangenen?» Ich traue meinen Ohren nicht.
«So gut wie.»
«Und die Königin?»
«Wird vermisst, mit ihrem Sohn.»
«Vermisst?»
«Nicht tot. Wahrscheinlich entkommen. Versteckt sich irgendwo. Was wird nur aus diesem Land? Mein Vater …»
Er schluckt schwer und wendet sich zum Fenster. Die Bäume stehen im schönsten sattgrünen Laub, und die Felder hinter ihnen färben sich schon golden. Es fällt schwer, sich meinen Schwiegervater, den eitlen Aristokraten, in einem aufgewühlten Matschfeld vorzustellen, wie er auf der Flucht niedergemetzelt wird.
«Ich werde heute nicht in der Halle zu Abend speisen», sagt mein Gemahl gepresst. «Du kannst dort oder in deinen Gemächern essen, ganz wie es dir beliebt. Ich muss seinen Leichnam von Northampton nach Hause überführen. Ich reite in der Morgendämmerung los.»
«Es tut mir leid», wiederhole ich kläglich.
«Viele hundert Söhne werden dieselbe Reise unternehmen», sagt er. «Wir reiten alle mit gebrochenem Herzen, wir alle denken an Rache. Genau das habe ich befürchtet, genau davor hatte ich Angst. Es leuchtet nicht so hell und ist nicht so ehrenhaft, wie du immer gedacht hast, es ist keine Ballade. Es ist Durcheinander und Unordnung, sündige Verschwendung. Gute Männer sind gestorben, und weitere werden ihnen folgen.»
***
Ich verberge vor meinem Gemahl meine Angst, bis er sich dann verabschiedet und den Weg nach Süden eingeschlagen hat, aber ich stehe Todesängste um Jaspers Sicherheit aus. Er wird dort gewesen sein, wo der Kampf am heftigsten tobte; ich zweifle nicht daran, dass jeder, der zum Zelt des Königs vordringen wollte, an Jasper vorbeimusste. Wenn der König gefangen genommen wurde, kann Jasper nicht mehr leben. Wie könnte er noch leben, wenn so viele tot sind?
Ich bekomme die Antwort, noch bevor mein Gemahl nach Hause zurückkehrt.
Schwester,
ich habe eine sehr große Lady mit ihrem Sohn in Sicherheit gebracht. Wir verstecken uns. Ich sage Dir nicht, wo, falls dieser Brief in die Hände eines Verräters gerät. Ich bin in Sicherheit, und Dein Sohn ist dort, wo ich ihn verlassen habe, in Sicherheit. Ich passe auf die Lady auf, bis sie fliehen kann. Es ist ein Rückschlag, aber es ist noch nicht vorbei. Sie ist unerschrocken und kampfbereit.
– J.
Es dauert einen Moment, bis mir aufgeht, dass er die Königin in sicherem Gewahrsam hat, dass er sie kühn aus der Schlacht errettet und in ein Versteck in Wales gebracht hat. Mag der König auch in Gefangenschaft sein, solange sie frei ist, haben wir eine Gebieterin, und solange ihr Sohn frei ist, haben wir einen Thronerben. Jasper hat unserer Sache treu gedient. Er schützt das Herz unserer Sache, und ich zweifele nicht daran, dass sie bei ihm sicher ist. Er hält sie auf Pembroke Castle oder Denbigh Castle versteckt und wird sie in seiner Nähe behalten. Und sie wird ihm dankbar sein für den Schutz. Er wird ihr wie ein Ritter zu Gebote stehen; er wird ihr mit gebeugtem Knie dienen, und sie wird hinter ihm aufsitzen, die schlanken Hände an seinem Gürtel. Nun muss ich in die Kapelle gehen und dem Priester beichten, dass mich die Sünde der Eifersucht heimgesucht hat, aber ich lasse ihn keine Einzelheiten wissen.
***
Finsteren Gemüts kehrt mein Gemahl nach Hause zurück, nachdem er den Vater begraben und seinen Neffen einem neuen Vormund übergeben hat. Der kleine Henry Stafford, der neue Duke of Buckingham, ist erst fünf Jahre alt, das arme Kind. Sein Vater starb im Kampf für Lancaster, als er noch ein Säugling war, und nun hat er auch noch den Großvater verloren. Mein Gemahl ist wie benommen von diesem Schlag gegen sein Haus, doch ich habe kein Mitgefühl mit ihm.
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