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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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er mich gefragt hat, ob ich ihn nach London begleiten wolle – als würde ich in diese Stadt fahren, die solche Schande über sich gebracht hat! –, wendet er seine Aufmerksamkeit ganz der Führung unserer großen Güter und seiner Londoner Geschäfte zu. Dass der neue König so fest entschlossen ist, den Frieden zu wahren, bedeutet mehr Arbeit für den Landadel. Mein Gemahl muss feststellen, dass er fortan aufgefordert ist, allein auf den eigenen Vorteil bedachte, korrupte ortsansässige Beamte auszurotten, die unter der nachlässigen Amtsführung von König Henry reich geworden sind. Die Gerichtshöfe müssen jetzt allen offen stehen, denn nun wird für alle Recht gesprochen, nicht nur für diejenigen, die die Gerichtsdiener bestechen können. Der neue König Edward beruft das Parlament ein und teilt ihm mit, er sei fest entschlossen, von eigenen Einkünften zu leben und das Land nicht mit hohen Steuern zu belasten. Er ordnet an, dass für die Sicherheit auf den Straßen gesorgt werden soll und private Armeen aufgelöst werden müssen. Banditen und Kriminelle sollen vor Gericht gebracht und die Gewalt in den Bierschenken und auf den Straßen unter Kontrolle gebracht werden. Diese Verbesserungen werden von allen begrüßt, und man sagt eine Zeit größeren Wohlstands und Friedens für England voraus. Dieser glorreiche Sohn des Hauses York wird dem Land Frieden bringen. Alle sind erfreut über die Reformen und Fortschritte. Alle scheinen den gutaussehenden Sohn des Hauses York zu lieben. Alle, außer ich.
    Dieser König Edward ist ein junger Mann von neunzehn Jahren, nur ein Jahr älter als ich. Er hat, genau wie ich, in jungen Jahren seinen Vater verloren und träumt wie ich von Größe und Erhabenheit. Doch er hat sich an die Spitze der Armee seines Hauses gestellt und sie zum Thron von England geführt, während ich nichts getan habe. Er war Englands Johanna von Orléans, nicht ich. Mir ist es nicht einmal gelungen, meinen Sohn in meiner Obhut zu behalten. Dieser Junge, dieser Edward, den sie die süße Rose von England nennen, die weiße Blume, ist der Sage nach gutaussehend, tapfer und stark, während ich nichts bin. Frauen bewundern ihn und singen Loblieder auf sein Aussehen und seinen Charme. Ich kann mich nicht einmal an seinem Hof sehen lassen. Ich bin auch niemandem bekannt. Ja, ich bin wahrlich eine Blume, die ihre Süße in der Wüste verströmt. Er hat mich nie gesehen. Niemand hat je auch nur eine einzige Ballade über mich verfasst, niemand je mein Konterfei gezeichnet. Ich bin die Gemahlin eines Mannes ohne jeden Ehrgeiz, der erst dann in den Krieg zieht, wenn er dazu gezwungen wird, die Mutter eines Sohnes, den ich in der Obhut meiner Feinde zurücklassen musste, und die ferne Liebe eines besiegten Mannes im Exil. Ich verbringe meine Tage – die wieder kürzer werden, wenn der Abend in diesem elendigsten aller Jahre hereinbricht – auf den Knien, und ich bete zu Gott, er möge diese finstere Nacht vorübergehen lassen wie diesen kalten Winter. Er möge das Haus York stürzen, damit das Geschlecht der Lancaster endlich wieder in sein Haus einziehen kann.

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    Herbst 1470
    N icht
ein
dunkler Winter, nein, es müssen fast zehn Winter vergehen, bis Gott mich und mein Haus vom Elend der Niederlage und des Exils in unserem eigenen Land erlöst. Neun lange Jahre lebe ich mit einem Gemahl, mit dem ich nichts teile als unser neues Haus in Woking, auf dem Land. Haus, Land und Bedeutung haben wir gemein, und doch bin ich einsam und sehne mich nach meinem Sohn, der von meinem Feind aufgezogen wird, von dem ich vorgeben muss, er wäre mein Freund. Ich empfange kein Kind von Stafford, woran, wie ich glaube, die Hebammen bei der Geburt meines Sohnes Henry schuld sind, und muss es erdulden, dass mein Gemahl großzügig akzeptiert, von mir keinen Erben geschenkt zu bekommen. Er macht mir keine Vorwürfe, doch fällt es mir schwer, seine Freundlichkeit zu ertragen. Wir leiden beide unter der Machtausübung der Yorks, die sich den Hermelin der Monarchie angelegt haben, als wäre er ihnen bestimmt. Edward, der junge König, heiratet in den ersten Jahren seiner Regentschaft eine vollkommen Unbekannte, ein wahrer Niemand. Es wird weithin angenommen, diese Frau habe ihn mit Hilfe ihrer Hexenmutter Jacquetta verzaubert, der großen Freundin unserer Königin, die die Seiten gewechselt hat und jetzt den yorkistischen Hof regiert. Auch den Neffen meines Gemahls, den kleinen Herzog Henry Stafford,

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