Der Thron der roten Königin
Yorkisten saugen Ehrgeiz und Treulosigkeit mit der Muttermilch auf. Doch kann die Uneinigkeit in ihrem Haus dem meinen nur dienlich sein. Inmitten ihrer Ränke spiele ich meine Karten aus. Mit allem anderen haben die Yorks meinem Sohn auch den Titel des Earl of Richmond gestohlen, den sich George of Clarence angeeignet hat. Ich lasse George über seinen und meinen Beichtvater eine Nachricht zukommen und verspreche ihm meine Freundschaft und meine Loyalität, wenn er meinem Sohn den Titel des Earl of Richmond zurückgibt. Ich weise ihn darauf hin, dass ich mir der Unterstützung meines Hauses sicher bin, und er weiß, auch ohne dass ich damit prahle, wie viele Männer ich aufbieten kann. Wenn er meinem Sohn den Titel zurückgibt, so deute ich an, kann er den Preis dafür bestimmen. Ich werde ihn gegen seinen Bruder, den König, unterstützen.
Vor meinem Gemahl verheimliche ich dies alles und halte es für geschickt im Geheimen eingefädelt, doch dann entkommt Edward seinen falschen Freunden und seinem falschen Bruder und kehrt im Triumph nach London zurück, und es wird klar, dass wir alle aus der Gunst des Hofes von York gefallen sind. Der Titel des Earl of Wiltshire hätte auf meinen Gemahl kommen müssen, doch König Edward übergeht ihn und ehrt stattdessen seinen jüngeren Bruder John wegen seiner großen Treue zu ihm mit dem Titel. Es scheint, als würden wir es unter diesem neuen König nie zu etwas bringen. Wir werden geduldet, aber nicht begünstigt. Es ist ungerecht, aber das darf man nicht laut aussprechen. Mein Gemahl wird bis ans Ende seiner Tage nichts anderes sein als ein «Sir». Er kann mir keinen Titel als «Lady» gewähren. Ich werde niemals Gräfin sein. Er sagt nichts, doch sein Schweigen lässt mich vermuten, dass er weiß, dass ich mich eingemischt und George of Clarence meine Freundschaft angeboten habe. Er wird mich der Untreue gegen ihn und König Edward beschuldigen, und damit hat er in der Tat recht.
Doch dann – wer hätte es vorhersehen können? – ändert sich wieder alles. Unsere geliebte Königin Margaret, der im verzweifelten französischen Exil das Geld ausgeht und die verloren ist ohne Soldaten, erklärt sich einverstanden, sich mit ihrem alten Feind, der Schlange Warwick, zu verbünden, der doch ehemals unser größter Widersacher war. Erstaunlicherweise gestattet sie, dass ihr kostbarer Sohn Edward, Prince of Wales, Warwicks jüngere Tochter Anne heiratet. Die Eltern vereinbaren, zusammen in England einzufallen, um den jungen Leuten zur Hochzeitsreise ein Blutbad zu schenken und den Sohn des Hauses Lancaster und Warwicks Tochter auf den Thron von England zu setzen.
Das Ende für York kommt so rasch wie ein Sonnenuntergang. Warwick und George landen gemeinsam und marschieren nach Norden. William Herbert bietet seine Männer auf, um sich mit dem König zu vereinen, doch noch bevor sie sich mit der Hauptstreitmacht Yorks treffen können, sichtet Herbert die Feinde vor Banbury bei Edgecote Hill. Er hat seine Pflicht getan, als er an jenem Tag meinen Sohn mitnahm, aber ich werde es ihm nie verzeihen. Wie es einem Edelmann ansteht, hat er sein Mündel mit in die Schlacht genommen, um ihm eine Kostprobe der Gewalt und eine Lektion im Nahkampf zu geben. Ganz, wie er es tun sollte. Doch dies ist mein Sohn, mein kostbarer, mein einziger Sohn. Schier unerträglich ist mir der Gedanke – aber es ist wahr –, dass mein Sohn, als er zum ersten Mal seine Rüstung angelegt und eine Lanze in die Hand genommen hat, ausgeritten ist, um für York zu kämpfen, gegen eine lancastrianische Armee. Er hat für unseren Feind gekämpft, auf der Seite unseres Feindes, gegen sein eigenes Haus.
Es war schnell vorüber, wie es manchmal nach Gottes weiser Fügung in der Schlacht geschieht. Die yorkistischen Truppen wurden überwältigt, und Warwick nahm alle gefangen, die er erwischen konnte, darunter auch William Herbert. Warwick, längst mit Blut besudelt, längst ein Renegat, wollte seinen Schandtaten nicht noch Ungewissheit hinzufügen und ließ Herbert an Ort und Stelle enthaupten. An jenem Tag starb der Vormund meines Sohnes, und vielleicht sah mein Sohn dabei zu.
Darüber bin ich froh. Ich hatte nicht einen Augenblick Mitleid mit Herbert. Er hat mir meinen Sohn genommen und ihn so gut erzogen, dass Henry ihn liebte wie einen Vater. Auch das habe ich ihm nie verziehen, und ich war froh, als ich hörte, dass er tot ist.
«Wir müssen Henry holen», sage ich zu meinem Gemahl, Sir Henry, als die
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