Der Thron der roten Königin
Herbert richtet erst das Wort an mich, als ich mich vom Tisch erhebe, um mich zurückzuziehen. An meinen Gemahl gewandt, kündigt er an: «Ich habe mit Euch beiden über den jungen Henry Tudor zu sprechen. Wollen wir uns nach dem Abendessen im privaten Wohngemach unterhalten?»
«Selbstverständlich», antwortet mein Gemahl und kommt damit einer Weigerung meinerseits zuvor. «Lady Margaret wartet uns gewiss mit einem guten Wein und etwas Obst auf, wenn wir uns dort zu ihr gesellen.»
Ich neige den Kopf und überlasse sie dem Wein und ihrem freundschaftlichem Gespräch. Dann setze ich mich in meinen Sessel am Feuer und warte. Ich muss dort nicht lange meinen Gedanken nachhängen, die beiden folgen mir bald nach. Jetzt sind sie in ein Gespräch über die Jagd vertieft. Mein Gemahl lobt das Wild, das in der Nähe der Burg gejagt werden kann, als wäre der Bestand nicht von Jasper gehegt und überwacht worden, als wäre er nicht das Erbe meines Sohnes und dieser Mann kein Eindringling, kein Wilderer, wenn er hier jagt.
«Ich will mich kurz fassen», beginnt Lord Herbert, tritt an den offenen Kamin und wärmt sich den Rücken, als wären die Scheite, die darin brennen, sein. «Ich werde die Aufsicht über Henry übernehmen, er soll bei mir leben. Der König wird bestätigen, dass ich ab Weihnachten sein Vormund bin.»
Mein Kopf fährt hoch, doch mein Gemahl wirkt nicht im Geringsten überrascht.
«Ihr werdet hier leben?», fragt er, als wäre es das Einzige, was zählt.
«Raglan», sagt Sir William knapp. «Die Burg ist besser, und meine Frau liebt sie. Henry wird mit unseren Kindern zusammen aufwachsen und eine Erziehung bekommen, die seiner Position gebührt. Ihr seid willkommen, ihn jederzeit zu besuchen.»
Da ich immer noch schweige, sagt mein Gemahl: «Das ist sehr gütig von Euch. Ich bin mir sicher, Lady Margaret ist Euch sehr verbunden.» Sein warnender Blick drängt mich, meine Dankbarkeit zu bezeugen, aber das kann ich einfach nicht.
«Er sollte in meiner Obhut bleiben», sage ich rundweg.
Lord Herbert schüttelt den Kopf. «Das erlaubt der König nicht, Mylady. Euer Sohn ist Erbe eines gewaltigen Vermögens und eines großen Namens. Über kurz oder lang musste jemand nach seiner Vormundschaft greifen. Ihr habt in vielerlei Hinsicht Glück, dass ich derjenige bin. Ich erwarte nicht, dass Ihr das jetzt gleich einseht, aber wenn ein Neville ihn als Mündel angenommen hätte, müsste er weit weg unter Fremden leben. Bei mir kann er in Wales bleiben, er darf seine eigene Dienerschaft behalten und in dem Land bleiben, das er kennt. Meine Gemahlin ist eine weichherzige Frau, er wird zusammen mit meinen Kindern aufwachsen. Er hätte es viel schlimmer treffen können.»
«Er ist mein Sohn!», fahre ich auf. «Er ist ein Sohn des Hauses Lancaster, er ist Erbe …»
«Wir sind Euch verpflichtet», sagt mein Gemahl und bringt mich zum Schweigen.
Lord Herbert sieht mich an. «Die familiären Verbindungen Eures Sohnes sind kein reiner Segen, Mylady. Wenn ich Ihr wäre, würde ich nicht übermäßig damit prahlen. Sein Verwandter, der ehemalige König, ist im Exil, wo er eine Verschwörung mit den Feinden unseres Landes anzettelt. Sein Vormund und das Oberhaupt dieses Hauses, Jasper Tudor, hält sich ebenfalls im Exil auf, auf seinen Kopf, den eines notorischen Verräters, ist ein Preis ausgesetzt. Sein Großvater wurde wegen Verrats enthauptet. Ich persönlich habe seinen Vater gefangen gesetzt, und das Ende Eures eigenen Vaters war alles andere als ruhmreich. Ich an Eurer Stelle wäre froh, dass er in einem loyalen yorkistischen Haushalt aufwachsen wird.»
«Sie ist Euch dankbar», wiederholt mein Gemahl. Er kommt zu mir herüber und streckt mir gebieterisch die Hand hin. Ich muss mich erheben und seine Hand nehmen, als wären wir uns einig. «Wir sagen es Henry, wenn er morgen früh wach wird, und sobald Wachen und Pferde bereit sind, reiten wir zurück in unser Haus in England.»
«Bleibt», sagt Sir William freundlich. «Bleibt, bis der Junge sich an die neue Situation gewöhnt hat, bleibt, so lange Ihr wollt. Wir können ein bisschen von dem Wild jagen, das Jasper so sorgfältig gehegt hat.» Er lacht, und mein Gemahl, der Abtrünnige, lacht mit ihm.
***
In eisigem Schweigen reiten wir zurück zu unserem Haus in Lincolnshire, und dort widme ich mich ganz dem Gebet und meinen Studien. Nachdem mein Gemahl einige spöttische Bemerkungen fallengelassen hat, auf die er keine Erwiderung erhielt, und nachdem
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