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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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hereinkamen.
    Sie hatten es anscheinend überhaupt nicht eilig, doch irgendwann hörte ich endlich, dass sie die Maultiere anschirrten. Bevor sie damit fertig waren, kam ein Soldat herein. ‹Ist Yasin bei dem Franken?›, fragte er und bezog sich damit auf meinen Wärter. Ich hörte die Antwort nicht, aber es musste eine gegeben haben, weil der Soldat sagte: ‹Komisch. Ich habe ihn nach dem Morgengebet auf dem Weg hierher gesehen.› Dann hörte ich ihn durch das Lagerhaus gehen. Darauf folgte eine schreckliche Stille, die – da war ich sicher – gleich von Alarmrufen unterbrochen werden würde. Stattdessen aber hörte ich den Soldaten zurückkommen. ‹Wenn er auftaucht, sagt ihm, dass der Hauptmann ihn sprechen will.›
    Darauf folgte die schönste aller Antworten. ‹Wir brechen gerade auf›, sagte einer der Fuhrmänner. ‹Wir wären schon längst weg, wenn unser Begleitschutz pünktlich wäre.› Also überstand ich gezwungenermaßen noch eine Wartezeit, bis dieser Mann auftauchte. Er war beritten. Die Fuhrmänner kletterten auf den Karren und fuhren damit in den Hof. Am Festungstor hielten sie an, und ein Wachmann fragte sie nach ihrem Ziel.
    ‹Wir holen Wein aus Peñaflor›, sagte der berittene Begleitschutz. Ich kannte diesen Ort. Es ist ein Dorf etwa zehn Meilen nördlich von Saragossa.
    Der Karren setzte sich den Festungshügel hinunter in Bewegung. Als wir ein gutes Stück geschafft hatten, hob ich den Deckel meines Fasses an und spähte vorsichtig durch den Spalt. Es war aussichtslos, einfach weglaufen zu wollen. Die Straße war sehr belebt, und ich war so schwach, dass mich der Begleitschutz nach ein paar Schritten eingeholt hätte. Wir fuhren durch Saragossa und wandten uns nordwärts. Ich war sicher, dass die Mauren meine Flucht inzwischen bemerkt haben mussten. Die Wachen würden bald genug darauf kommen, wie ich aus der Festung geflohen war, und Reiter würden die Verfolgung aufnehmen. Jede Meile, die wir so voranzockelten, erhöhte für mich die Gefahr. Doch obwohl es auf der Straße jetzt ruhig zuging, war ich durch das Kauern in dem engen Fass so steif geworden, dass ich es nicht wagte, hinauszuklettern.
    Schließlich hielten wir an. Ich hört die Fuhrmänner etwas rufen und vom Karren steigen. Kurz darauf brachte ein Kind Futter und Wasser für die Maultiere. Dann wurde alles still. Ich drückte den Deckel auf. Es war inzwischen später Nachmittag, und mein erster Anblick war ein Hügel mit Rebterrassen. In der anderen Richtung lag ein Bauernhaus, vor dem das Pferd des Mannes vom Begleitschutz angebunden worden war. Zwei Kinder spielten im Staub. Dann rief eine Frau nach ihnen, und die Kinder rannten ins Haus. Ich stieg unbeholfen aus dem Fass. Meine Beine waren eingeschlafen, und ich polterte wie ein Holzklotz von dem Karren. Dann schleppte ich mich in den Weinberg. Als ich wieder stehen konnte, ohne dass meine Beine jeden Moment unter mir nachgeben wollten, ging ich langsam den Hügel hinauf.»
    Hero sah, wie Vallon der Kopf auf die Brust sank. Er schien eingeschlafen zu sein. Hero berührte ihn am Arm, und Vallon hob den Kopf wieder. Er sah alt aus.
    «Viel gibt es nicht mehr zu erzählen. Ich habe mich am Sonnenstand orientiert und bin, bevorzugt nachts, Richtung Norden gezogen. Ich habe keinerlei Anzeichen für eine Verfolgung entdeckt. Ich hatte keine Schuhe, und spitze Steine schnitten mir die Fußsohlen auf. Ich war kurz vorm Verhungern. Einmal bin ich in einen Hühnerstall eingebrochen und habe ein paar Eier gestohlen. Auch als ich die Grenze nach Aragon überschritten hatte und auf eine spanische Patrouille traf, war ich noch nicht in Sicherheit. Aragon lag mit Kastilien im Krieg, also tat ich so, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf. Ich war in einem so verlausten und heruntergekommenen Zustand, dass die Soldaten nichts mit mir zu tun haben wollten und mich mit einer Brotrinde und ein paar Münzen weiterschickten. Irgendwie gelang es mir, die Pyrenäen zu überqueren.»
    Hero warf Vallon einen Blick zu, sah aber schnell wieder weg. «Ihr seid nach Hause gegangen.»
    Vallon strich sich über den Mund, als hätte eine Spinne ihr Netz darüber gewebt. «Bei jedem einzelnen Schritt dieses Weges habe ich von meiner Ankunft dort geträumt. Die Trauben wären bald reif, die Bienen würden über den Lavendel summen. Ich würde das Tor aufdrücken und den Pfad hinaufgehen, durch die Tür treten und aus der Wohnhalle die Stimmen meiner Frau und meiner Kinder hören. Ich würde

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