Der Thron der Welt
beleuchtet, wurde er vor einem Wandteppich von einer Gruppe erwartet. In der Mitte saß ein stämmiger Mann mit rundlichem, geschorenem Schädel, der nun sein Gewicht auf einen Stock stützte und sich von seinem Sitz hochstemmte. Hero zuckte zusammen. Eine grässliche Narbe teilte das Gesicht des Mannes von der Schläfe bis zum Kinn in zwei verzerrte Hälften – der Mund war schief, ein Auge erstarrt, das andere zu einem schläfrigen Spalt zusammengekniffen.
Lady Margaret saß neben ihm und ließ Sir Walters Siegelring von einer Hand in die andere rollen. Ihr Mund war entschlossen zusammengepresst, was ganz im Gegensatz zu ihrer zarten, mädchenhaften Figur stand. Ein Priester mit Hängebacken schlurfte vor. In der einen Hand hielt der die Dokumente, mit der anderen tastete er an einem Kruzifix herum, das er um den Hals trug. Hinter ihnen stand ein weiterer Mann im Schatten.
Dann stürmte Drogo vor. Er zog seinen Helm ab, und ein fleischiges Gesicht mit den Abdrücken des kalten Metalls kam zum Vorschein. Seine Augen, die unter hellen Wimpern glitzerten, drückten sowohl Wut als auch Verwirrung aus, so, als wäre es nicht das erste Mal, dass ihm Ereignisse entglitten. Auch als er vor seinem Vater angekommen war, konnte er nicht stillstehen, sondern klopfte unruhig mit dem Fuß auf den Boden und spielte mit den Fingern am Schwertgriff. «Mylord, ich wollte Euch diese Männer bringen, sobald ich sie befragt hätte.»
Mit einer Geste brachte Olbec ihn zum Schweigen. Dann heftete er seinen Blick auf Vallon. «Ihr sagt, Sir Walter lebt.» Die beiden Seiten seines Mundes bewegten sich merkwürdig unzusammenhängend.
«Er ist am Leben, bekommt gut zu essen, hat warme Kleidung, und ist sehr bequem untergebracht.» Vallon strich über seinen Umhang, der inzwischen mehr nach Ratte als nach Zobel aussah. «Wenn ich die Wahl hätte, würde ich im Moment nur allzu gern mit ihm tauschen.»
Margaret klatschte in die Hände. «Bringt etwas zu essen. Bereitet ihr Quartier vor.»
Hero sackte auf eine Bank, die ihm von hinten in die Kniekehlen geschoben wurde. Olbec ließ sich mit einem angestrengten Grunzen wieder auf seinem Sitz nieder und streckte ein Bein steif aus. Vallon und Drogo blieben stehen. Hero stellte fest, dass das Gesicht des Mannes im Hintergrund nicht wegen der Schatten schwer zu erkennen war, sondern von einem schwärzlichen Geburtsmal entstellt wurde. Das musste Richard sein, der Schwächling.
Diener brachten lauwarme Brühe und Brot aus grob gemahlenem Mehl. Hero stürzte sich wie ein Wolf darauf. Als er in seiner Schale schon keinen einzigen Tropfen Brühe mehr hatte, nippte Vallon immer noch an seiner. Olbec passte diese Verzögerung gar nicht, und sobald Vallon seine Schale weggestellt hatte, konnte er seine Ungeduld nicht mehr bezähmen.
«Jetzt also. Ein vollständiger Bericht.»
Vallon spülte sich die Hände in einer Fingerschale. «Erst wenn Euer Sohn uns unser Eigentum zurückgibt und sich für seine Rüpelhaftigkeit entschuldigt.»
Drogo wollte sich auf Vallon stürzen.
«Halt!»
Olbecs vorgestreckter Kopf erinnerte an eine entstellte Schildkröte. «Ihr habt Euch im Dunkeln auf mein Land geschlichen. Dieses Grenzgebiet hier ist mit schottischen Banditen und englischen Aufständischen verseucht. Ihr solltet Gott danken, dass Drogo Euch nicht auf der Stelle niedergemetzelt hat.»
«Und das solltet auch Ihr tun. Denn wenn er es getan hätte, wäre Sir Walter im Herbst tot.»
«Ihr sollt Euren Besitz wiederbekommen», rief Margaret aus und nahm ihrem Ehemann damit den Wind aus den Segeln. «Wo wird mein Sohn festgehalten?»
«Als ich ihn zuletzt gesehen habe, lebte er in einer höchst zivilisierten Niederlassung etwa einen Wochenritt östlich von Konstantinopel.»
«Zivilisiert?», höhnte Olbec. «Die Türken gehören nicht zu Adams Volk. Sie braten eher ihre eigenen Babys, als eine Mahlzeit auszulassen. Wenn sie eine Stadt erobern, bauen sie die Wälle mit den Schädeln der Getöteten wieder auf.»
«Diese Geschichten verbreiten sie selbst, um ihre Feinde zu schrecken. Es stimmt, dass die einfachen Soldaten für die Zivilisation ebenso wenig Verwendung haben wie ein Wolf für ein Schafsgehege. Aber ihre Herren haben ein Reich erobert und wissen, dass sie es nicht durch Verwüstung, sondern nur durch Führung halten können. Aus diesem Grund beschäftigen sie persische und arabische Verwalter.» Vallon nickte in Richtung des Priesters. «Einer von ihnen war es, der die Bedingungen für die
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