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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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werden in einer norwegischen Tiefebene eingefangen. Die norwegischen Könige halten sie als Geschenk für befreundete Herrscher zurück.»
    «Dann mache ich bei William eine Eingabe, damit er um ein königliches Geschenk nachsucht.» Olbec rieb sich die Hände. «Das wäre geregelt.»
    Margaret, die Hero nicht aus den Augen ließ, zupfte ihren Mann am Ärmel. «Ich lese ein ‹aber› in seinen Augen.»
    Auch Olbec las es nun. Sein Lächeln erstarb. «Wo liegt das Problem? Stehen wir mit Norwegen im Krieg?»
    Vallon schaltete sich ein. «Die Falken werden nicht vor Oktober gefangen. Dann wird es zu spät sein. Der Emir hat mit einem Konkurrenten eine Wette darüber abgeschlossen, wer die edelsten Falken besitzt. Die Prüfung der Falken soll im nächsten Herbst stattfinden.»
    «Und wenn die Tiere nicht rechtzeitig dort sind?»
    «Dann wird Euer Sohn vermutlich als Sklave verkauft. Aber weil ihm der Emir gewogen ist, wird er wohl seine Hoden behalten dürfen.»
    Margaret schwanden die Sinne. Olbec fing sie auf. Sie richtete sich wieder auf und sah ihm ins Gesicht. «Wir müssen unsere eigene Expedition zu diesen Inseln schicken.»
    «Ich weiß doch nicht einmal, wo sie liegen.»
    «Island liegt eine Wochenreise nördlich von Britannien», sagte Hero. «Und Grönland liegt eine weitere Woche entfernt im Nordwesten.»
    «Sie treiben doch bestimmt Handel mit zivilisierten Ländern», drängte Margaret weiter.
    «Ja, Milady. Jeden Sommer legt eine Händlerflotte von Norwegen ab, um nach Island zu segeln, und sie kehren vor den Herbststürmen zurück. Zu dem Handelsgut, das sie dann mitbringen, gehören gewöhnlich auch Gerfalken.»
    «Das ist die Lösung!», rief Margaret aus.
    «Und wie sollen die Falken nach Anatolien kommen?», wollte Drogo wissen.
    Margaret deutete auf Vallon. «Auf demselben Weg, auf dem dieser Mann hierhergekommen ist.»
    «Es hat ihn ein halbes Jahr gekostet, uns dieses Pergament zu bringen. Es wird sicher viel länger dauern, Falkenvögel über Land nach Anatolien zu schaffen.»
    «Es gibt noch eine andere Route», sagte Hero. «Eure Ahnen, die Nordmänner, haben sie entdeckt. Sie wird die Straße zu den Griechen genannt.»
    Mit einer Handbewegung forderte Olbec Hero zum Weitersprechen auf.
    «Von Norwegen aus würden die Falken über das Baltische Meer nach Nowgorod verschifft, ein nördlich gelegenes Handelszentrum im Lande der Rus. Dann, nach mehreren Etappen, bei denen das Schiff in sogenannten Portagen über Land getragen wird, kämen sie Richtung Süden nach Kiew. In dieser Hauptstadt Russlands würden sie an eine der Händlerflotten übergeben, die den Dnjepr hinunter zum Schwarzen Meer fahren. An der Küste angekommen, würden sie auf einem weiteren Schiff nach Konstantinopel gebracht werden.» Hero stellte fest, dass ihm seine Zuhörer nicht mehr folgten. «Und von dort aus», sagte er abschließend, «würden sie ihre Reise nach Anatolien vollenden.»
    Niemand sagte ein Wort. Hero ahnte, dass die anderen ihre Vorstellungskräfte wie Wellen über die Horizonte ihres Weltbildes hinausschickten. Island. Grönland. Russland. Das Schwarze Meer. Geheimnisvolle Stadtstaaten mit fremdartigen Namen irgendwo in entlegenen Weltgegenden. Sogar Drogo hatte es die Sprache verschlagen.
    «Die Fahrt kann in drei Monaten durchgeführt werden», fügte Hero hinzu. «Jedenfalls habe ich das gehört.»
    Lady Margaret deutete auf Vallon. «Kennt Ihr diese Route?»
    «Nur aus zweiter Hand. Ich habe in Kastilien einen alten Wikinger, der die Reise vor fünfzig Jahren gemacht hat, über all die Gefahren sprechen hören, die einen auf dem Weg erwarten. Er ist in Nowgorod mit mehr als vierzig Gefährten aufgebrochen, allesamt hartgesottene Krieger. Sie haben eine Ladung Sklaven verschifft. Innerhalb von Tagen waren sie in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden russischen Fürsten verwickelt. Sie haben ein Schiff samt Mannschaft verloren, noch bevor sie die Hauptstadt erreichten. Südlich von Kiew gibt es mehrere Stromschnellen. Der alte Wikinger hat mir einige ihrer Namen genannt. Eine wurde Die Siedende genannt, eine Die Gellende und eine Die Unersättliche. Die reißenden Ströme forderten das Leben von sechs weiteren Männern. Nachdem die Wikinger in ruhigerem Wasser angekommen waren, fanden sie sich in einer Gegend wieder, die von wilden Nomaden unsicher gemacht wurde. Tag für Tag mussten sie sich mit berittenen Bogenschützen herumschlagen. Von den vierzig Wikingern, die sich in

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