Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
Vom Netzwerk:
dazu gebracht, dem Hund zu folgen», keuchte Glum. «Wenn ich es nicht getan hätte, wäre sie selbst losgegangen.» Ein Feuer brannte vor dem Zelt. Glum streckte seine Hände danach aus. «Verrückt», sagte er. «Einfach verrückt!»
    Waylands Kinn bebte. Er versuchte, sich zum Feuer umzudrehen. Syth ergriff seine Hände und riss erschrocken die Augen auf.
    «Das sind die reinsten Eiszapfen.»
    Sie zog ihn ins Zelt, drückte ihn auf ihr Lager, legte sich vor ihn, führte seine Hände unter ihre Wollsachen auf ihren Bauch und schmiegte sich mit dem Rücken eng an seinen Körper. Wayland drückte sich dicht an sie, doch vor seinem inneren Auge tobte noch immer der Schneesturm. Dann legten sich Glum und Raul an seine andere Seite, und sie drängten sich zusammen wie ein Wurf Tiere, während der Wind mit dem Zorn eines Monsters, das um seine Beute betrogen wurde, um sie heulte.
     
    Schließlich ebbte der Sturm ab. Als Wayland aufwachte, herrschte eine unheimliche Stille. Unter seiner rechten Hand fühlte er etwas weiches und irgendwie Behagliches, und da wurde ihm klar, dass er eine von Syths Brüsten umfasste. Er schob Glums Arm von seinem Rücken, setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Warmes Licht drang durch den grobgewebten Zeltstoff herein. Wayland stand auf und trat in eine goldüberglänzte Mitternacht hinaus. Am Strand lag der Schnee mehr als einen Fuß hoch. Und drüben, auf der anderen Seite des Gletschers, saß wie ein Schnitzbild der Falke auf seinem Ansitz.
    Glum kroch hinter ihm aus dem Zelt und trat neben Wayland. «Wird Zeit, dass wir hier wegkommen.»
    «Du gehst mit Raul», sagte Wayland. «In drei Tagen kommt ihr zurück. Dann habe ich den Falken gefangen.»
    Glum hatte Bedenken, Wayland zurückzulassen, doch Raul war froh, wieder in die raue Gesellschaft der Grönländer zu kommen. Wayland und Syth sahen den beiden nach, als sie zwischen den Eisschollen davonruderten. Sie legte ihm den Arm um die Hüfte und lächelte zu ihm empor. Zum ersten Mal, seit sie sich kennengelernt hatten, waren sie allein. Als sich Wayland umdrehte, saß das Falkenweibchen immer noch auf seinem Sitz, und Wayland ging auf, dass es nach der Fastenzeit, die ihm der Sturm aufgezwungen hatte, sehr hungrig sein musste.
    «Komm mit mir zu dem Versteck», sagte er zu Syth. «Wenn der Falke mich allein dort hineinkriechen sieht, weiß er, dass es eine Falle ist.»
    Auf dem Weg zum Unterschlupf sah Wayland vier oder fünf Füchse. Sie waren die reinste Plage.
    Er schob sich in die Felsenhöhle und sah zu Syth auf. «Geh nicht zu weit weg», sagte er und kraulte den Hund unter dem Kinn. «Pass gut auf sie auf.»
    Syth wanderte davon. Der Falke saß mit eingezogenem Kopf da. Wayland bewegte die linke Hand, um die Taube zum Flattern zu bringen. Der Falke reagierte nicht. Ein Fuchs mit einem erbeuteten Lemming zwischen den Kiefern trottete vorbei und blieb dann stehen, um die Taube anzustarren. Wayland zischte, und der Fuchs floh. Trotz der zusätzlichen Decken, die er mitgebracht hatte, ließ die Kälte Wayland lethargisch werden. Und das Sonnenlicht, das vom Gletscher reflektiert wurde, versachte ihm bohrende Kopfschmerzen.
    Seine Aufmerksamkeit ließ nach. Er träumte von Syths Brüsten und von ihrer zarten Taille, als ein Fleck durch sein Gesichtsfeld zog. Er blinzelte, um den Fleck loszuwerden. Doch stattdessen wurde der Fleck größer, und da wurde Wayland klar, dass der Falke mit halb angezogenen Flügeln auf ihn zusegelte. Seine Geschwindigkeit war irreführend. Als er noch fünfzig Schritt entfernt war, hörte Wayland die Luft durch die Schwungfedern des Vogels sirren. Fünfzehn Schritt von dem Unterschlupf entfernt breitete er die Flügel aus, ruderte damit zurück, und landete im Schnee. Das Tier war unruhig. Immer wieder nahm es die Taube in den Blick und sah dann weg. Der Falke hatte noch nie zuvor eine Taube gesehen und verstand nicht, warum sie nicht aufflatterte. Schließlich entschied er, dass es sich um ein Beutetier handelte, und lief krummbeinig darauf zu. Dann blieb er erneut stehen, doch inzwischen war er so nahe, dass Wayland die Schuppen seiner krokusgelben Krallenfüße erkennen konnte. Wayland zog sich mit den Zähnen den rechten Handschuh von der Hand, als der Falke seinen Blick mit einem Kopfrucken auf etwas richtete, das sich hinter dem Unterschlupf befand. Dann zuckte er noch einmal mit dem Kopf und schwang sich mit einem rauen Schrei in die Luft. Seine Flügelspitzen wischten über den

Weitere Kostenlose Bücher