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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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schon recht tief, als Wayland berichtete, dass sich das Wikingerschiff wieder in Bewegung gesetzt hatte.
    «Es ist so weit», sagte Vallon. «Geh längsseits.»
    Die
Shearwater
fuhr bis auf zwanzig Fuß an die Knarr heran. Ein mutiger Isländer war bis zu der halb unter Wasser liegenden Rah gekrochen und schnitt die übrigen Taue vom Segel.
    «Das ist eure letzte Gelegenheit», rief Vallon. «Entweder ihr lasst euch ins Schlepptau nehmen, oder wir fahren ohne euch.»
    Seine Worte verstanden die Isländer nicht, was er meinte, war jedoch offensichtlich. Sie ließen ihre Arbeit sinken und sahen sich erschrocken an. Helgi brüllte, sie sollten sich wieder ans Werk machen.
    «Erklär du es ihnen», sagte Vallon zu Raul.
    «Hauptmann, auf diesem Schiff sind mindestens fünf Männer, die Euren Tod wollen.»
    Vallon packte den Deutschen am Kittel. «Ich will Drogo und Helgi genauso wenig retten wie du. Aber da sind noch zwei Dutzend unschuldige Seelen an Bord, die den Wikingern in die Hände fallen, wenn du es nicht schaffst, diese Hohlköpfe zur Vernunft zu bringen.»
    Raul trat an die Reling und deutete auf das Langschiff. «Seht ihr das? Da kommt der Tod. Der Tod für alle, die zu alt oder zu schwach sind, um auf dem Sklavenmarkt Gewinn zu erzielen. Für die Übrigen von euch ist es das Ende von allem, was euch lieb und teuer ist. Die Frauen werden euch weggerissen, ihr verliert eure Kinder. Sie werden an den Meistbietenden verkauft. Dieser aufgeblasene Herr wird die Hochzeit seiner Schwester nicht erleben, aber er wird mit ansehen, wie sie ihre Jungfräulichkeit verliert und ein Dutzend Mal Gewalt erfährt.» Raul hielt inne. «Lasst euch ins Schlepptau nehmen oder fahrt zur Hölle.»
    Rufe wurden laut, und die Leute scharten sich um Helgi. Es kam zum Streit. Ein Handgemenge folgte. Dann tauchte Drogo aus der Gruppe auf und breitete die Arme aus. «Wir nehmen euren Vorschlag an.»
     
    Raul warf dem Schiffsmeister ein Tau zu. Der schlang es um den Vordersteven, und es spannte sich, als die
Shearwater
Fahrt aufnahm. Das Langschiff war etwas über eine Meile entfernt und hielt unter seinem zerrissenen Segel auf sie zu.
    Raul schüttelte den Kopf. «Das funktioniert nicht. Wir schleppen zu viel Totlast mit.»
    «Wir werden schon noch schneller», sagte Vallon.
    «Aber nicht schnell genug. Hauptmann, dieses Mal müsst Ihr auf mich hören. Wir werden ihnen nicht entkommen. Ihr müsst sofort handeln.»
    Vallon sah zu dem Langschiff. Auch mit einem halben Segel holte es auf. Die Knarr dagegen lief schneller mit Wasser voll, als es die Besatzung es hinausschöpfen konnte.
    «Du hast es zu lange hinausgezögert!», rief Vallon. «Jetzt musst du das Schiff aufgeben.»
    Helgi schüttelte die Faust. «Niemals!»
    «Bleib und kämpf mit uns!», rief Drogo.
    «Ihr habt eure Gelegenheit gehabt. Wenn ihr auf eurem Schiff bleibt, müsst ihr es mit den Wikingern allein aufnehmen.»
    Darauf folgte Schweigen. Vallon nickte Raul zu. «Kapp das Tau.»
    Raul hob sein Schwert. «Ich mache ernst, Hauptmann.»
    «Hack es durch.»
    Drogo schwenkte die Arme über dem Kopf. «Lasst mich mit Helgi reden.»
    «Aber nur, wenn es schnell geht.»
    Drogo rannte zu Helgi und riss ihn an den Schultern herum. Andere unterstützten ihn bei seinen Überredungsversuchen. Schließlich hastete er in den Bug zurück. «Ich habe ihn überzeugt.»
    «Schick ein Boot mit euren kräftigsten Männern, dann ziehen wir die Schiffe dichter zusammen.» Vallon wandte sich an Raul: «Erklär den Isländern, sie sollen nur das Lebenswichtigste mitnehmen – Nahrung, Kleidung, Decken, Waffen. Keine Handelswaren. Und sag ihnen, sie sollen das Ersatzsegel nicht den Wikingern überlassen.»
    Sechs Isländer ruderten zur
Shearwater
. Mit ihrer Hilfe wurde die Knarr an die Backbordseite gezogen. Noch bevor die Schiffe vertäut waren, regnete es schon Gepäckstücke aufs Deck. Ein junger Isländer brachte sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit. Raul verpasste ihm eine Backpfeife. «Die Alten und Schwachen zuerst, du selbstsüchtiger Scheißer.»
    Die Seitenplanken der Schiffe rieben aneinander, und es wurden Seile durch die Ruderpforten geführt, um die Knarr und die
Shearwater
miteinander zu vertäuen. Dann kletterten die Passagiere auf die
Shearwater
herüber. Die Wikinger hatten immer noch nicht angefangen zu rudern. Sie schonten ihre Kräfte vor dem Angriff.
    «He! Bist du taub?», brüllte Raul einem Mann entgegen, der unter zwei Ballen Wolltuch aufs Dollbord schwankte.

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